František Vanicek spielte in Neuhausen. Foto: Rainer Kellmayer - Rainer Kellmayer

Der tschechische Orgelprofessor František Vanicek hat am Sonntag in Neuhausen auf zwei Orgeln Werke aus Moderne, Renaissance und Barock gespielt.

NeuhausenMit der vom Ludwigsburger Meister Eberhard Friedrich Walcker 1854 erbauten großen Orgel und dem Hieronymus-Spiegel-Positiv aus dem Jahr 1762 findet man in der Neuhauser Pfarrkirche St. Petrus und Paulus gleich zwei historische Kleinodien der Orgelbaukunst. Mit František Vanicek war bei der Orgelmatinée am Sonntag ein Interpret am Werk, der die Register zu vollem Glanz erweckte.

In Neuhausen war der weltweit konzertierende Orgelprofessor aus dem tschechischen Hradec Králové (Königgrätz) erstmals zu Gast. „Ich liebe es, auf diesen Instrumenten zu spielen“, sagte der Musiker begeistert. Das spürte man bei seinen Interpretationen aus Renaissance, Barock und Moderne. Was er bei Werken von Andrea Gabrieli, Carl von der Hoven und Girolamo Frescobaldi aus den sechs Registern des im Altarraum stehenden Positivs an Klangfülle herausholte, war mehr als beachtlich. Dabei erwies sich der Organist als feinsinniger Musiker, der die Stimmverläufe in Frescobaldis Canzona IV kunstvoll verwob. Machtvoll schallte Nicolaus Bruhns’ Präludium e-Moll von der Empore herab: Präzise saßen die chromatischen Fugenthemen, die freien Teile erklangen in klarer Disposition, und bei aller Dichte des Klangs blieben die einzelnen Stränge hörbar. Hier setzte Vanicek seine technische Meisterschaft ebenso souverän ein wie in Dietrich Buxtehudes Toccata C-Dur, die neben einem vehementen Pedalsolo, brillanten Skalen und verspielten Melodieketten ein volltönendes Finale brachte. Buxtehudes barocke Klangpracht wurde kontrastiert von zwei Choralvorspielen aus der Feder Johann Sebastian Bachs, der in schlichtem Gewand Beispiele satztechnischer Meisterschaft lieferte. Dass der barocke Großmeister auch anders konnte, hörte man in Präludium und Fuge C-Dur BWV 545, bei der Vanisek alle Möglichkeiten der Walcker-Orgel ausschöpfte. Es entstand ein Tongemälde mit dialogischen Melodieführungen über gewaltigen Orgelpunkten und stetiger Verdichtung der Spannung zum Schluss hin. In eine andere Klangwelt entführten zwei eher unbekannte Orgelwerke von Johannes Brahms. „O wie selig seid ihr doch“ und „Herzliebster Jesu“ brachten geschmeidige Melodiewendungen ohne virtuosen Anspruch.

Abschließend spielte Vanicek Kompositionen seiner Landsleute Bohuslav Martinu und Jiri Strejc. Martinus „Vigilie“ war geprägt von einer Tonsprache, die sich gelegentlich den Grenzen der Tonalität näherte. Von Vanicek gekonnt umgesetzt, erklang der erste Satz klangvoll und aufrüttelnd, mit fast apokalyptischer Brisanz. Die „Aria“ kam etwas ruhiger daher, doch trotz flächiger Anlage und linearer Linienführung schimmerte stets ein aggressiver Grundton durch, der sich in der virtuosen Toccata vollends Bahn brach – sicherlich keine Musik zum Entspannen, beeindruckend jedoch in ihrer Geradlinigkeit und kompromisslosen Emotionalität.