Fahrgäste mit Smartphones haben heute vor einem Jahr zum ersten Mal die Möglichkeit gehabt, in zwei Zügen des Stuttgarter S-Bahn-Netzes kostenlos im Internet zu surfen. Zusätzlich zum WLAN-Zugang bieten der Betreiber Deutsche Bahn und der Aufgabenträger Verband Region Stuttgart (VRS) nun auch ein Informationsportal in den Testfahrzeugen, das auch offline abrufbar ist. Noch im laufenden Jahr wollen die Partner außerdem die Weichen dafür stellen, dass mittelfristig alle S-Bahnen über WLAN verfügen.

Von Greta Gramberg

Wer gestern in der WLAN-S-Bahn mit seinem Smartphone kostenfrei ins Internet gegangen ist und auf seinem Display auf das dort erscheinende Feld „Aktuelles“ geklickt hat, konnte schon die aktuelle EZ-Meldung „Zeuge zum Brand an Heilige Drei Könige gesucht“ sowie andere Berichte aus dem Landkreis lesen. Das neue Einstiegsportal der S-Bahn Stuttgart, das nun aufploppt, wenn sich ein Gast in den zwei Test-Zügen ins WLAN einloggt, verfügt über einen Newsfeed, den unter anderen die Eßlinger Zeitung füttert. Außerdem gibt es Infos zu Ticketpreisen, dem S-Bahn-Liniennetz, Baustellen auf der Strecke sowie den beiden Unternehmenspartnern der S-Bahn Stuttgart. Dieses Portal ist auch dann verfügbar, wenn die Internetverbindung der S-Bahn unterbrochen werden sollte.

Diese, die Deutsche Bahn und der VRS, stellten gestern in der S-Bahn-Werkstatt im Plochinger Hafen ihr neuestes Projekt vor. Nach einem Jahr Pilotphase, die sehr erfolgreich verlaufen sei, hätten sie entschieden, die zweite Stufe anlaufen zu lassen, erklärte der Vorsitzende der Geschäftsleitung S-Bahn Stuttgart, Dirk Rothenstein, den Pressevertretern in einem der Pilot-Züge. „Ich hoffe, dass es unsere Fahrgäste interessiert“, sagte er über das Angebot des neuen Infoportals. Über eine Feedback-Funktion können die Passagiere jederzeit ihre Meinung abgeben. In der Testphase der kommenden sechs Monate wollen S-Bahn und Portalentwickler Siemens die Stabilität der Seite prüfen und sie inhaltlich verbessern.

Allerdings ist das Angebot nicht in den Zügen der Linien S 1, S 2 und S 3, die in den Kreis Esslingen fahren, abrufbar. Denn die zwei Probefahrzeuge der Baureihe 423, die man an einem entsprechenden WLAN-Hinweis auf den Scheiben erkennt, verkehren abwechselnd auf den Linien S 4, S 5 und S 6 die alle von der Haltestelle Schwabstraße in Richtung Norden der Region führen.

Das soll sich in den kommenden Monaten ändern. Man sei in Gesprächen mit einem Schienenfahrzeughersteller über die Ausstattung eines Zuges der Baureihe 430, sagte Rothenstein. Dieses Fahrzeug soll dann testweise auf den Linien 1 bis 3 eingesetzt werden. „Wir sind zuversichtlich, dass wir das in den nächsten Monaten hinbekommen.“ Ein genauer Termin steht aber noch nicht fest, ebenso wenig wie für den flächendeckenden Ausbau. Im Idealfall könne Ende 2017 damit begonnen werden, sagte der Geschäftsleitungsvorsitzende, die Aufrüstung wird seiner Schätzung nach etwa ein Jahr dauern. Insgesamt hat das Unternehmen 157 S-Bahnen.

Die weitere Ausstattung hängt auch vom VRS ab. „Die Regionalversammlung ist an dem Thema hochinteressiert und auch bereit in Zukunft Geld zu investieren“, sagte Regionaldirektorin Nicola Schelling gestern in Plochingen. In diesem Jahr werde der Verkehrsausschuss über das Gesamtpaket mit den Rahmenbedingungen für die technische Ausstattung und den Betrieb entscheiden. Die Kosten für den VRS stünden noch nicht fest. Laut Schelling wurden 3,5 Millionen Euro Rückstellungen gebildet. Die Digitalisierung sei stark in der heutigen Generation präsent, 90 Prozent der Bahnfahrer hätten ein Smartphone. Das WLAN-Angebot sei ein Wettbewerbsvorteil für den Öffentlichen Nahverkehr und stehe Stuttgart als Innovationsregion gut zu Gesicht.

Nach Angaben Rothensteins haben im vergangenen Jahr 180 000 Nutzer sich im kostenlosen WLAN eingeloggt. Auf 79 Prozent des Liniennetzes haben die Router guten Funkempfang. Er wies auf die Vorreiterrolle Projekts hin: Es sei die erste S-Bahn in Deutschland, die in einem Ballungsgebiet kostenloses WLAN in den Fahrzeugen anbiete.