Udo Gabriel, Birgit von Kortzfleisch und Reinhard Mauz von der Bürgerinitiative in Nellingen. Foto: Weller - Weller

Viel Groll bei den Anliegern der Otto-Schuster- und der Ludwig-Jahn-Straße in Nellingen. Sie wehren sich gegen den Umbau der Hindenburgstraße.

OstfildernBei uns gibt es heute schon viele gefährliche Verkehrssituationen. Jetzt setzt man da so mir nichts dir nichts einfach noch was drauf, nur damit die Hindenburgstraße schöner gestaltet werden kann.“ Birgit von Kortzfleisch artikuliert den Groll vieler Anlieger der Otto-Schuster- und der Ludwig-Jahn-Straße in Nellingen. Mit dem Vorhaben, der Haupteinkaufsmeile des Stadtteils eine schönere Optik zu verpassen, verlagere die Stadt Ostfildern die Probleme nur, statt sie verantwortsvoll zu lösen. „Aber das akzeptieren wir nicht“, kündigt Reinhard Mauz den Widerstand der Bürgerinitiative (BI) an. Verwaltung und Gemeinderat müssten sofort reagieren und in den beiden Nebenstraßen zeitgleich zur Hindenburgstraße den Verkehr bremsen und mehr tun für den Schutz der Fußgänger.

2019 soll es los gehen

Die Umgestaltung der Hindenburgstraße wurde immer wieder verschoben. 2019 soll es nun endlich los gehen. Voraussichtlich im zweiten Quartal werde man mit den Arbeiten beginnen, heißt es aus der Stadtverwaltung. Im Augenblick ist man dabei, den Auftrag auszuschreiben. Mit der Umgestaltung will die Stadt zweierlei erreichen: Die Hindenburgstraße, die heute noch daher kommt wie in den 1980er-Jahren, soll mehr Aufenthaltsqualität bekommen und mehr zum Flanieren einladen. Zweites Ziel: Man will den oft stockenden Verkehr flüssiger machen, unter anderem durch den Verzicht auf Ampeln. Die vom Internationalen Stadtatelier (Stuttgart) erarbeiteten Pläne hat der Gemeinderat erst jüngst beschlossen.

In der Otto-Schuster- und in der Ludwig-Jahn-Straße fürchten viele Anleger gravierende Verschlechterungen, wenn die Pläne so umgesetzt werden. Das eigentliche Problem, der starke Verkehrsfluss vom und in den Scharnhauser Park, werde nicht grundsätzlich gelöst, sondern lediglich umversteilt, schreibt die Bürgerinitiative in einem Brief an die Fraktionschefs des Gemeinderats. Die Verkehrsprognose bestätige die Ängste der Anlieger. Das heute schon hohe Verkehrsaufkommen werde laut Gutachten des Büros Koehler & Leutwein nochmals um etwa 50 Prozent zunehmen. Dann komme man auf knapp 8000 Fahrzeuge pro Tag. „Das ist völlig unzumutbar“, sagt Udo Gabriel von der BI. Zur Minderung der heute schon absehbaren Folgen müsse unverzüglich auch in den Nebenstraßen gehandelt werden.

OB Bolay warnt vor Schnellschüssen

Im Rathaus sieht man keinen Anlass, vorschnell auch in anderen Straßen tätig zu werden. Das besagte Gutachten weise auf mögliche Veränderungen der Verkehrsströme hin, bestätigt OB Christof Bolay. „Aber das sind nur Rechenbeispiele. Es kann durch die Umgestaltung der Hindenburgstraße negative Auswirkungen auf Nebenstraßen geben, muss aber nicht.“ Der Rathauschef warnt deshalb vor Schnellschüssen. Man werde danach prüfen, ob und wie sich die Verkehrsströme tatsächlich verlagern. Und dann bei Bedarf Gegenmaßnahmen ergreifen. Das Gutachten habe man erstellen lassen, um schnell umsetzbare Handlungsoptionen zu haben, so Bolay. „Es liefert uns verschiedenen Vorschläge.“ Deshalb sein Appell: „Schauen wir doch erst mal, wie sich das alles einspielt.“

Mit solchen Aussagen wollen sich die Anlieger jedoch nicht vertrösten lassen. Birgit von Kortzfleisch, die mit ihrer Familie in der Ludwig-Jahn-Straße wohnt, hält so ein Vorgehen für unverantwortlich. „Hier gibt es zwei Kindertagesstätten, viele Busse kommen hier als Zubringer für die Stadtbahn an und es gibt mehrfach am Tag starke Schülerströme.“ Schon heute sei das Überqueren der Straße höchst gefährlich. Unter anderem liege das daran, dass es am Zugang zur Stadtbahn-Endhaltestelle keinen Fußgängerüberweg gibt.

„Mit fast 8000 Fahrzeugen pro Tag kommen wir in die Nähe der Auslösewerte für eine Lärmaktionsplanung“, sagt Reinhard Mauz, der die Arbeit der BI koordiniert. Deshalb fordert er die Stadt auf, unverzüglich zu handeln. Konkret will die BI einen Umbau beziehungsweise die Verlegung der Bushaltestellen, einen Zebrastreifen mit einer Verschmälerung der Fahrbahn, weitere Verengungen in der Ludwig-Jahn-Straße, Tempo 20 für den gesamten Durchgangsverkehr, ein Durchfahrtsverbot für Lkw ab 7,5 Tonnen sowie regelmäßige Radarmessungen. „Bauliche Veränderungen wären sowieso nötig“, sagt Mauz. „Sie kosten sicher nicht die Welt. Auf jeden Fall darf dieser Bereich nicht ausgeklammert werden. Denn wir wollen, dass auch die Nebensstraßen lebenswert bleiben.“