Ermittler sichern nach der Tat Beweise. Foto: Archivfoto:SDMG / Kohls - Archivfoto:SDMG / Kohls

Der 30-Jährige, der bisher alles bestritten hatte, gab zu, am 3. September vergangenen Jahres eine 84-jährige, pflegebedürftige Seniorin in ihrer Wohnung in Neuhausen mit einem Hammer erschlagen zu haben.

Neuhausen/StuttgartIch bereue die Tat zutiefst“, verlas am zweiten Verhandlungstag des Mordprozesses am Stuttgarter Landgericht der Strafverteidiger Sebastian Dzuba eine Erklärung des Angeklagten. Der 30-jährige Familienvater, der bisher alles bestritten hatte, gab zu, am 3. September vergangenen Jahres eine 84-jährige, pflegebedürftige Seniorin in ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Lindenstraße in Neuhausen mit einem Hammer erschlagen zu haben. Der Grund: Der selbstständige Fliesenleger war nach eigenen Worten drogenabhängig und spielsüchtig und hatte daher erhebliche Schulden. In der Wohnung fand der Angeklagte jedoch nur eine EC-Karte, mit der er nach der Bluttat vergeblich versuchte, in Filderstadt Geld abzuheben.

Zehnmal zugeschlagen

Der äußerst brutale Mord hatte nicht nur in Neuhausen für Entsetzen gesorgt. Die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes hatte am Morgen nach der Tat die schlimm zugerichtete Leiche gefunden. Der Täter muss laut rechtsmedizinischem Gutachten mindestens zehnmal mit einem Maurerhammer zugeschlagen und anschließend mit einem Küchenmesser sowie einem Taschenmesser mehrfach zugestochen haben. Das Haus, in dem das Opfer wohnte, gehört übrigens dem Schwager des Angeklagten.

Die Mutter, zwei ältere Schwestern und die Ehefrau des 30-Jährigen saßen auch am zweiten Verhandlungstag der 1. Schwurgerichtskammer im Sitzungssaal. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Ute Baisch versicherten die Angehörigen, im Prozess von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Der Angeklagte hatte seinerseits bei der Polizei die Vorwürfe zunächst bestritten. Nun verlas der Strafverteidiger ein in Ich-Form abgefasstes Geständnis mit folgendem sinngemäßen Inhalt: Der Vater eines zweieinhalbjährigen Sohnes hatte sich vor sieben Jahren als Fliesenleger selbstständig gemacht. Die Geschäfte liefen gut. Nach außen hin schien alles normal, aber der fast tägliche Kokainkonsum sowie Wettspiele im Internet führten zu immer größeren Schulden. Der Angeklagte lieh sich Geld von mehreren Personen und erhielt Drogen, die er auf Kommission verkaufte. Einem Bekannten habe er rund 2700 Euro geschuldet, die dieser etwa eine Woche vor der Tat zurückforderte. Der Bekannte habe ihm auch vorgeschlagen, das spätere Opfer zu überfallen. Die 84-Jährige sei eine wohlhabende Frau und, wie man von älteren Menschen wisse, versteckten sie ihre Wertsachen auch mal unter dem Kopfkissen.

Der Angeklagte hatte laut seiner Erklärung auch mindestens 5000 Euro Schulden bei Drogenhändlern aus Stuttgart, bei denen es sich angeblich um eine rockerähnliche Gruppierung handeln soll. Eines Morgens kurz vor der Tat sei er von drei Männern in ein Auto gezerrt worden. Man fuhr zu einem Grillplatz in Neuhausen. Dort warteten weitere Männern, die nun den 30-Jährigen zum einen mit einem Messer gedroht haben sollen, aber auch damit, dass sie seiner Familie etwas antun würden, wenn er nicht bezahlt. „Ich stand damals unter extremem Druck und wusste nicht mehr, wo mir der Kopf steht“, las der Anwalt aus der Erklärung vor.

Kokain und Alkohol

Am Tattag sei es noch zu einem Streit mit seiner Frau wegen des Geldes gekommen. Er habe sich ungefähr eineinhalb Gramm Kokain reingezogen, anschließend noch Alkohol getrunken und sei dann spontan zum Haus des späteren Opfers gefahren. Mit dem Hammer wollte der Angeklagte nach eigenen Worten die Wohnungstür aufhebeln: „Ich hatte nicht vor, die 84-Jährige umzubringen und gehofft, dass sie nicht Zuhause ist“. Doch diese öffnete plötzlich und überraschend die Tür, der Drogenabhängige will sich erschrocken und reflexartig zugeschlagen haben. „Ich war nicht bei mir und habe nur noch bruchstückhafte Erinnerungen“, heißt es in der Aussage weiter. Von einem Messer wisse er nichts, er habe auch keins dabei gehabt.

Die Polizei hatte jedoch in der Wohnung ein blutverschmiertes Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 20 Zentimetern sowie ein Taschenmesser gefunden. Außerdem konnte man anhand der zurückgelassenen Spuren feststellen, dass der Angeklagte Einweghandschuhe getragen hatte. Nachdem der 30-Jährige die Wohnung vergeblich nach Geld oder Wertsachen durchsucht hatte, nahm er die EC-Karte mit und versuchte vergeblich Geld abzuheben, denn es fehlte die PIN.

Der Prozess wird am 18. Juli fortgesetzt.