Fahrer Panajotis Papadopulos hilft Elise Lisicki beim Aussteigen. Sie hat sich mit dem Busle zum Rathaus fahren lassen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Mobilitätsserie: Das Wernauer „Busle“ ist ein Baustein zur Mobilität der Wernauer Senioren. Es bringt die alten Menschen zum Einkauf oder zum Arzt.

Wernau Bürgerbusse sind ein Erfolgsmodell geworden, auch in Wernau. Seit Juli vergangenen Jahres ist dort „s’Busle“ der katholischen Sozialstation unterwegs, um Senioren ohne eigenes Auto wieder mobil zu machen. Dienstags und donnerstags bringt der von Ehrenamtlichen gefahrene Kleinbus die älteren Bürger von der Haustür zum Einkaufsmarkt oder zur Physiotherapie.

Etwa 15 Senioren nutzen den begleiteten Fahrdienst regelmäßig, berichtete Andrea Albig, die neue Koordinatorin des Seniorennetzwerks Vera. Man denke daran, den Dienst auszuweiten und Individualfahrten anzubieten, beispielsweise zum Arzt. Der Start sei richtig gut gelaufen, findet Manfred Kurz, der Geschäftsführer der Sozialstation. Von anderen Einrichtungen wisse er, dass es fünf Jahre dauere, bis so ein Angebot angenommen werde. Fünf ehrenamtliche Fahrer zwischen 30 und Ende 70 haben sich zur Verfügung gestellt. Sie haben alle ein Sicherheitstraining mit einem Fahrlehrer gemacht, einen Erste-Hilfe-Kurs und einen betriebsärztlichen Check.

Heute sitzt Panajotis Papadopulos am Steuer. Zwei bis drei Stunden komme sein Pensionsbetrieb auch ohne ihn aus, sagt der gebürtige Grieche. In der Sozialstation hat er sich die Liste mit den Anmeldungen abgeholt. Sieben Senioren stehen heute drauf, so viele sind es selten. Papadopulos stellt das Radio auf SWR4 ein. Das macht er nicht nur für seine Fahrgäste. „Mir gefallen die deutschen Schlager, das ist Gute-Laune-Musik“, erklärt er in breitem Schwäbisch. Der erste Fahrgast wird seine Frau sein, die nach einem Schlaganfall in die Physiotherapie muss. Das war auch ein Grund, weshalb sich der Selbstständige als Fahrer gemeldet hat. „Ich muss ja sowieso zwei Mal in der Woche fahren.“ Nicht weit von der Physiotherapiepraxis hält s’Busle an einem Mehrfamilienhaus. Normalerweise wartet das Ehepaar B. vor der Haustüre. Heute nicht. Papadopulos klingelt und erfährt, dass Frau B. im Krankenhaus liegt. Der Fahrer überlegt sich, wie er nun die Route geschickt legen kann. Zuerst mal den Berg rauf zu Rudolf Brixel. „Der alte Herr hat mir schon viel aus seinem Leben erzählt“, sagt Papadopulos.

Heute steckt der Wurm im Fahrplan. Auch Rudolf Brixel hat das Busle nicht bestellt – aber wenn es schon mal da ist, dann kann er ja den Einkauf vorziehen. Der Rentner hängt sich die Tasche um den Hals und schnappt seine zwei Krücken. Das Einsteigen mit Stöcken ist umständlich, obwohl der Kleinbus eine ausfahrbare Stufe hat. Sein Auto habe er zu Schrott gefahren, erzählt Brixel, deshalb sei er froh, dass es nun den Fahrdienst gebe. Bei Edeka lässt sich der Rentner absetzen.

Beim nächsten Halt muss der Redakteur den Beifahrersitz räumen. „Frau Lisicki ist gewohnt, vorne zu sitzen“, erklärt Panajotis Papadopulos, „sie ist früher Lkw gefahren“. Elise Lisicki ist flott angezogen, aber langsam zu Fuß. „Das Bein will nicht mehr so richtig“, sagt sie. Deshalb geht sie wenig aus dem Haus und freut sich, wenn s’Busle kommt. „Für mich ist das ein schöner Tag. Die Fahrer sind alle sehr nett und hilfsbereit. Da war noch nie einer missmutig.“ Am Rathaus steigt die Seniorin aus, um ein Antragsformular zu holen. Solange kann Fahrer Papadopulos warten. Nach einer Viertelstunde geht es weiter. Elise Lisicki steigt beim Supermarkt aus, Rudolf Brixel steigt wieder zu. Das Kartoffelpüree war günstig, aber nun will er doch noch zum Discounter, um dort nach Sonderangeboten zu schauen.

Für die Fahrt im Busle müssen die Nutzer nichts bezahlen, in der Regel legen sie aber zwei bis drei Euro ins Kässle. „Das ist nicht kostendeckend“, sagt Manfred Kurz. Weil aber Stadt, Baugenossenschaft, die Kirchen und der Bund der Selbstständigen den Bus als Werbeträger nutzen, ist das Projekt für die ersten fünf Jahre finanziert. Auch beim Wernauer Wespenlauf kamen viele Spenden herein. Manfred Kurz bringt es auf einen Nenner: „Ganz Wernau hat s’Busle auf die Beine gestellt.“