Ein Mitarbeiter der Hochschule Esslingen erklärt Foto: Riedl - Riedl

Die Max-Eyth-Schule, das gewerbliche Bildungszentrum mit der Dampflok vor der Tür, hat seine „Lernstraße Industrie 4.0“ eröffnet – ein wichtiger Schritt in die digitale Zukunft.

Kreis EsslingenWas Max Eyth dazu gesagt hätte, darüber lässt sich nur spekulieren. Der Mann „hinter Pflug und Schraubstock“ gilt als Pionier der industriellen Revolution, und er war Kirchheimer. Insofern wirkt schlüssig, dass auch die digitale Revolution im Arbeitsleben dort und unter seinem Namen Fahrt aufnimmt. Die Kirchheimer Max-Eyth-Schule, das gewerbliche Bildungszentrum mit der Dampflok vor der Tür, hat seine „Lernstraße Industrie 4.0“ eröffnet. Für den Landkreis als Träger ein weiterer wichtiger Schritt in die digitale Zukunft an seinen acht Berufsschulen.

Worum es geht? Zunächst um ein Symbol des analogen Alltags: einen Flaschenöffner. Dessen Weg von der Entwicklung über die Fertigung bis zur Vermarktung begleiten Lehrer und Schüler in digital vernetzten Produktionsprozessen. Vom Spritzguss bis zur Endgravur, unterstützt von hochsensiblen Industrie-Robotern, die auf Namen wie „Robotino“ hören. „Wir bilden die gesamte Wertschöpfungskette ab“, erklärt Schulleiter Jochen Schade – in realen Arbeitsschritten und im virtuellen Raum. Augmented Reality – erweiterte Realität – nennt sich das, was mittels Spezialbrille dreidimensional erfahrbar wird. Wo Maschinen-Arbeitsplätze zu teuer sind, hilft die Simulation. Nur der Name trifft die Sache nicht im Kern: „Wir arbeiten nicht an einer Straße, sondern in einem sehr komplexen Netz“, sagt Schade. Dazu gehört, dass eine selbst gefertigte Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Schule einen Teil des Stroms liefert.

Das geht nur Hand in Hand mit Partnern aus Wissenschaft und Forschung. Mit im Boot sind unter anderen die Hochschule in Esslingen und die Automatisierungs-Experten von Festo, die auch als Weltmarktführer im Bereich technische Bildung gelten. Den wesentlichen Teil des 350 000 Euro teuren Projekts finanziert das Wirtschaftsministerium des Landes zusammen mit der Bildungsstiftung der Kreissparkasse. Ihr Anteil: 60 000 Euro. Landrat Heinz Eininger verbirgt beim Thema Digitalisierung nicht seinen Stolz. Die Offensive, die die Verwaltung mit politischer Rückendeckung des Kreistags angestoßen hat, ermöglicht einen branchenübergreifenden Austausch in der Arbeitswelt der Zukunft – von der Pflege bis zur E-Mobilität. Die Schulen arbeiten an gemeinsamen Projekten, jeder in seinem Fachgebiet, digital vernetzt in der Cloud. Milliardenpakete an Fördergeldern zu schnüren sei das eine, sagte Eininger. „Wir warten nicht ab, wir ergreifen selbst die Initiative.“

Die Lernstraße Industrie 4.0 der Max-Eyth-Schule ist der dritte Baustein des Landkreises auf dem Weg zur digitalisierten Ausbildung an den Berufsschulen. Zuvor gingen die Hochvolt-Werkstatt an der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule in Nürtingen und das Multilabor Handwerk der Esslinger Friedrich-Ebert-Schule in Betrieb. Weitere Stationen sollen in naher Zukunft folgen. Der Förderantrag für eine digital vernetzte Kfz-Werkstatt an der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule, die in der Ausbildung die Brücke ins Zeitalter der Elektromobilität schlagen soll, liegt bereits beim Wirtschaftsministerium.

Ab Frühjahr sollen dann auch überall die notwendigen Voraussetzungen für den Einstieg in digitale Ausbildungswelten an den acht Berufsschulen im Kreis vorhanden sein: flächendeckendes WLAN und Glasfasertechnik.