Trauernde legten Blumen vor dem Haus in Reichenbach nieder, in dem der Mord geschah.Archiv Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Stuttgart/Reichenbach - Ein Familienvater ist heute vom Landgericht Stuttgart wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der 34-Jährige hatte im Februar vergangenen Jahres nach Überzeugung der 1. Schwurgerichtskammer seine zwei Jahre jüngere Ehefrau aus Eifersucht und übersteigertem Besitzdenken im gemeinsamen Einfamilienhaus in Reichenbach erwürgt.

Von Sabine Försterling

Der Verteidiger, der auf einen minderschweren Fall des Totschlags plädiert hatte, kündigte nach der Urteilsverkündung sofort an, in Revision zu gehen. Der Angeklagte hatte seinerseits den Ausspruch einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne ersichtliche Regung hingenommen. Der 34-Jährige habe seine Frau als Eigentum betrachtet sowie ihr jegliches Lebensrecht abgesprochen und daher aus niedrigen Beweggründen gehandelt, betonte die Vorsitzende Richterin Ute Baisch in der Begründung.

Eifersucht und übermäßiger Alkoholgenuss des Familienvaters hätten nämlich von Anfang an in der Ehe zu Streitigkeiten geführt. Und auch Schläge hätten entgegen den Behauptungen des Angeklagten zur Tagesordnung gehört. Die Beziehung sei nach außen hin jedoch unauffällig gewesen, meinte Richterin Baisch.

Das Paar war 2004 von Sibirien nach Deutschland gekommen, seit 2008 arbeitete der Angeklagte bei Coca-Cola in Deizisau, und 2014 bauten die beiden ein eigenes Haus in Reichenbach. Es habe aber wenig soziale Kontakte gegeben: Der 34-Jährige soll der zwei Jahre jüngeren Mutter seiner beiden Kinder den Umgang mit Freundinnen oder Bekannten verwehrt haben.

Als diese anfing, ab Mai 2014 in der Küche der Sportschule in Ruit zu arbeiten, missfiel dies dem Ehemann, wie Baisch sagte. Ab Ende Sommer 2016 begann das spätere Opfer eine Liebesbeziehung zu einem ebenfalls verheirateten Arbeitskollegen. „Die beiden hatten starke Gefühle füreinander und waren aufgrund eines schlechten Gewissens gegenüber den jeweiligen Partnern hin und her gerissen“, sagte die Richterin.

Die 32-Jährige war bei den Arbeitskolleginnen sehr beliebt. Diese stellten zunächst eine positive Veränderung fest: Die Mutter wurde selbstbewusster, kleidete sich modischer. Doch Ende November tauchte beim Angeklagten der erste Verdacht auf, dass seine Frau ein Verhältnis haben könnte. Von da an nahmen die Streitigkeiten und die Gewalt laut Urteilsbegründung zu.

Opfer verzweifelte zunehmend

Die Arbeitskolleginnen hatten im Prozess erzählt, dass aus der fröhlichen 32-Jährigen allmählich eine verzweifelte, immer schmaler werdende Frau wurde, die oftmals weinte und auch massive Prellungen aufwies. Das spätere Opfer habe sich zunehmend vor ihrem Mann gefürchtet, habe ihn auch um Verzeihung gebeten und die vom 34-Jährigen eingeleitete Scheidung akzeptiert, wie die Vorsitzende Richterin sagte.

Doch die Frage „Wer ist der Liebhaber?“ habe den Angeklagten nicht losgelassen, und in den frühen Morgenstunden des 26. Februars 2017 kam es dann zu der tragischen Tat: Der Familienvater, der zuvor viel Wodka getrunken hatte, schlug seine Frau, die von einem Treffen mit dem Liebhaber zurückgekehrt war, mit voller Wucht mehrmals ins Gesicht und würgte sie zum ersten Mal. Mit einen Trick konnte das Opfer den 34-Jährigen ablenken, flüchtete zum Nachbarhaus, in dem ein Polizeibeamter wohnte. Sie klingelte, aber niemand machte auf, Der Angeklagte schlug und würgte seine Frau nun erneut – bis zur Bewusstlosigkeit. Danach trug er sie zurück in das gemeinsame Haus.

Dort soll der Familienvater laut Urteilsbegründung seiner Frau mit beiden Händen und voller Kraft den Hals zugedrückt haben, sodass diese dann starb. Dieser Tathergang beruhe vor allem auf der Einschätzung der Rechtsmedizinerin, die die Verletzungen des Opfers begutachtet hatte, wies Richterin Baisch hin. Der Angeklagte sei trotz mehr als zwei Promille Alkohol im Blut darüber hinaus auch nicht vermindert schuldfähig gewesen: „Der 34-Jährige hat gezielt und gesteuert gehandelt.“

Die beiden Kinder, die laut Urteil bereits die gewalttätigen Auseinandersetzungen im Voraus mitbekommen hatten, wachsen nun bei der Schwester des Angeklagten auf.