Der Tobelbach überflutet die Hochdorfer Straßen und füllt Keller und Tiefgaragen. Foto: SDMG - SDMG

Die Leitstelle Esslingen registrierte in Kirchheim 200 Einsätze, in Hochdorf 43, in Wernau 15, in Notzingen 12, in Wendlingen 10, in Reichenbach und Plochingen je 6 und in Oberboihingen 5 Einsätze.

Kreis EsslingenVoll gelaufene Tiefgaragen und Keller, überflutete Straßen und schwimmende Autos produzierte ein Unwetter, das am Montagabend ab 18 Uhr im Bereich Kirchheim, Reichenbach und Nürtingen niederging. Die Leitstelle Esslingen registrierte in Kirchheim 200 Einsätze, in Hochdorf 43, in Wernau 15, in Notzingen 12, in Wendlingen 10, in Reichenbach und Plochingen je 6 und in Oberboihingen 5 Einsätze. In Spitzenzeiten waren im Stadtgebiet Kirchheim rund 220 Einsatzkräfte aus 7 Feuerwehren, Kräfte der THW-Ortsverbände sowie das DLRG im Einsatz. Personen kamen nicht zu Schaden, es gab jedoch mehrere bedrohliche Situationen in Kirchheim und Hochdorf.

In Kirchheim haben Polizisten einen 81-jährigen Mann vor dem Ertrinken gerettet. Zwei Autos waren gegen 19.45 Uhr in einer Unterführung in der Hegelstraße im Hochwasser steckengeblieben. Während sich der Fahrer eines VW selbst in Sicherheit brachte, schaffte dies ein 81-jähriger BMW-Fahrer nicht mehr ohne fremde Hilfe. Tatenlos musste er zusehen, wie das Wasser in seinem Auto anstieg, bis es kurz unter dem Fahrzeugdach stand. Schließlich nahten mehrere Polizisten, schlugen mit dem Nothammer eine Scheibe ein und zogen den Mann aus dem Fahrzeug. Augenblicke später verschwand das Auto unter der Wasseroberfläche. Der 81-Jährige kam mit einem Schrecken davon, ein Beamter wurde mit Schnittverletzungen in die Klinik gebracht.

In Hochdorf kam es in einer Tiefgarage in der Bachstraße zu brenzligen Situationen. Autobesitzer versuchten, ihr Gefährt noch herauszufahren, doch die Räder drehten durch und das steigende Wasser drückte immer stärker gegen die Türen. Mitbewohner mussten von außen die Türen aufreißen. „Als die einstiegen, stand das Wasser knöcheltief, aber bald darauf ging es schon bis zu den Knien“, beschreibt Frank Veil die Situation. Das Fluttor zur Tiefgarage habe man nicht schnell genug schließen können, außerdem seien ja noch Leute unten gewesen, erzählt Mario Domini, der sein Auto noch retten konnte, aber jetzt vor seiner verschlammten Harley steht. Am Gestänge des Garagentors hat sich ein schwimmender Kleinwagen verfangen, er hängt jetzt halb in der Luft.

Zwischen Hochdorf und Notzingen haben die Gewitterwolken das Einzugsgebiet des Tobelbachs bedient. Ein kleiner Bach, der im Ort verdolt ist, berichtet Kommandant Jochen Schmid. Der Einlauf sei eine der Kontrollstellen bei Unwetter, aber der Rechen sei so schnell verstopft gewesen, dass seine Leute nichts mehr ausrichten konnten. Der Bach suchte sich seinen Weg zur Bachstraße, der Durchgangsstraße nach Roßwälden. Unterwegs riss er eine Hofeinfahrt mit und verteilte die Pflastersteine im Ort. Kurz vor dem Feuerwehrhaus ergoss sich der Tobel- in den Talbach. In der Tiefgarage der Bachstraße 3-7 versanken 15 Autos und fünf Motorräder. In den Wohnungen im Erdgeschoss stand das Wasser 30 Zentimeter hoch. 120 Kräfte der Feuerwehren Hochdorf, Plochingen, Reichenbach und Notzingen sowie des THWs waren im Einsatz. Das Technische Hilfswerk aus Böblingen pumpte von Mitternacht bis um 8 Uhr Keller und Tiefgaragen leer.

Am Dienstagmorgen haben die Bewohner der Bachstraße ihre Keller geleert und etliche Anhänger Schlamm weggefahren. Vollgesogene Regale, Kinderfahrzeuge, Campingstühle und Autoreifen liegen in den Hofeinfahrten links und rechts der Straße. An einer Einfahrt versuchen ein paar Männer, ein provisorisches Garagentor zu montieren. Zum Reden habe sie keine Zeit: „Am Abend soll das nächste Gewitter kommen.“ Das größte Problem ist jedoch der fehlende Strom in mehreren Häusern. Die Verteilerkästen sind nach Kurzschlüssen verschmort. Annette Absenger hat das Gefriergut aus der Truhe bei Bekannten untergebracht. Ihr Mann schimpft: Man hat ihm gesagt hat, der Strom fehle noch eine Woche. „Wie sollen wir uns waschen? Das Warmwasser kommt auch aus dem Boiler.“ Immerhin ist das Mittagessen für diesen Tag geregelt. Die Evangelische Kirchengemeinde hat die Bachstraßen-Leute eingeladen.

In der Kirchheimer Medius-Klinik drang das Wasser in die Tiefgarage und in Technikräume ein. Die Feuerwehr pumpte schnel ab, der Klinikbetrieb sei normal weiter gelaufen, so Sprecher Jan Schnack.

Der VfB Reichenbach gab gestern das Resultat eines ungleichen Duells durch: Dauerregen und Wasser aus dem Schlatsee haben einige Räume des Vereinsheim überflutet. Feuerwehr und Vorstandsmitglieder versuchten, die Schäden am Haus – es wird gerade renoviert – so gering wie möglich zu halten. Keine Chance hatte das Hermann-Traub-Stadion: Gegen 21 Uhr war das Rasenspielfeld mit braunem Schlammwasser bedeckt, zum Teil über einen halben Meter hoch. Die Fischreiher, so berichtet Lothar Mahling, hätten sich sehr wohl gefühlt: Vom Schlatsee seien viele Fische ins Stadion gespült worden.

In Wernau stand das Wasser in der Neckartalsporthalle. Außerdem musste die Feuerwehr den Bodenbach mit Sandsäcken bändigen, weil er in der Borsigstraße über die Ufer getreten war.