Die neue Fluggesellschaft Laudamotion bietet ab 2019 weitere Europa-Direktflüge ab Stuttgart an. Foto: Richter/FSG - Richter/FSG

Mit 17 neuen Flugzielen will der österreichische Billigflieger Laudamotion ab dem Sommer 2019 sein Engagement in Stuttgart deutlich ausbauen.

Leinfelden-EchterdingenDrei Flugzeuge stationiert der österreichische Billigflieger Laudamotion ab dem Sommerflugplan 2019 in Stuttgart. 18 Ziele in acht Ländern will die neue Gesellschaft dann vom Landesflughafen aus anfliegen. Das entspricht einer Platzkapazität von 900 000 pro Jahr. Diesen Sommer startete die Gesellschaft mit dem Urlaubsziel Mallorca und verkaufte in Stuttgart 200 000 Tickets. „Es ist für den Flughafen Stuttgart ein großer Gewinn, dass wir das Streckennetz in Europa weiter ausbauen können“, ist Flughafendirektorin Arina Freitag vom Erfolg überzeugt.

Andreas Gruber, einer der drei Geschäftsführer der neuen Fluggesellschaft, die zu 75 Prozent dem irischen Billigflieger Ryanair gehört, hob die Bekenntnis der Fluggesellschaft zum Standort Stuttgart hervor. Mit der neuen Basis werde man 100 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Auswahlverfahren für Piloten und Kabinenpersonal sind bereits angelaufen. Italien ist ein Schwerpunkt bei den neuen Zielen – Sardinien (zwei Mal wöchentlich), Bologna und Neapel (sechs Mal pro Woche), Verona (drei Flüge pro Woche) und Treviso bei Venedig (vier Flüge/Woche) werden angeflogen. Mailand wird bis zu zwei Mal täglich angeboten. Aber auch die Metropolen Göteborg, Krakau, Budapest und Kopenhagen wird angeboten. Weitere Direktflüge wird es nach Nizza, Marseille, Podgorica in Montenegro Málaga und Kroatien (Split, Pula und Zadar) geben. Den Flug nach Palma de Mallorca, der in Stuttgart bereits 2018 erfolgreich angelaudfen ist, wird es ab 2019 sogar drei Mal täglich geben. Laudamotion wirbt mit billigen Ticketpreisen ab 19,99 Euro nicht nur auf die Ferieninsel.

Neben Geschäftsführer Gruber ist der ehemalige Formel-1-Pilot Nicki Lauda in der Unternehmensspitze vertreten, der 25 Prozent der Firmenanteile hält. Inzwischen ist auch der bisherige Flugplandirektor Colin Casey im Führungstrio vertreten. Das unterstreicht die Nähe zu dem irischen Billigflieger, der zurzeit auch noch etliche Flüge für die österreischische Gesellschaft abwickelt. Bis 2020 wolle man eine eigene Flotte haben und dann insgesamt 6,2 Millionen Passagiere befördern, nennt Gruber das ehrgeizige Ziel der Airline, die in ihrer jetzigen Form erst am 1. Juni 2018 den Flugbetrieb aufnahm. Neben Wien, Berlin und Düsseldorf zählt Stuttgart nun zu den Schwerpunkten des Engagements. Derzeit fliegt Laudamotion mit Maschinen der insolvent gegangenen Fluggesellschaft AirBerlin, die teilweise noch die alte Lackierung tragen. Gruber kündigte beim Pressegespräch in Stuttgart an, dass sich das in den nächsten Monaten ändern werde. Buchbar sind die Flüge bereits jetzt.

Zum Winterflugplan werde Laudamotion in Stuttgart erst mal pausieren, kündigte Gruber an. Mit dem Sommerflugplan am 31. März 2019 geht es dann richtig los. „Für den Ausbau unserer Kapazitäten in Stuttgart brauchen wir einen langen Vorlauf“, sagt Gruber. Ab dem Sommer 2019 werde man dann aber ganzjährig ab Stuttgart fliegen. Denn für einen Saisonbetrieb würde sich das „hohe Engagement von Laudamotion in Stuttgart nicht lohnen“, stellt der Geschäftsführer klar. Nun gehe es darum, am Flughafen Stuttgart eine Infrastruktur aufzubauen, die den Passagieren das Reisen möglichst angenehm macht. Da sei man gemeinsam mit den Flughafenbetreibern in Stuttgart auf der Suche nach einer guten Lösung.

Marktführer in Stuttgart bleibt mit derzeit mehr als 40 Prozent Marktanteilen die Eurowings. 2017 hatte die Lufthansa-Tochter einen Marktanteil von 36,1 Prozent, die TUIfly lag damals bei 6,6 Prozent, der britische Billigflieger Easyjet bei 3 Prozent und Ryanair bei einem Prozent. Die AirBerlin hatte in Stuttgart vor der Insolvenz im November aufs gesamte Jahr gesehen noch einen Anteil von 7,2 Prozent. 2018 hat nicht nur Marktführer Eurowings zugelegt; die Easyjet ist auf rund sechs Prozent gewachsen und erweitert auch mit dem Winterflugplan (siehe Kasten) das Angebot. „Damit ist die AirBerlin-Lücke ist wieder gefüllt“, sagt Beate Schleicher, Pressesprecherin dses Flughafens Stuttgart.

„Diese Konkurrenz der Fluggesellschaften macht einen Wettbewerb möglich, der ganz im Sinne unserer Kundinnen und Kunden ist“, sagt Flughafendirektorin Arina Freitag. Die promovierte Volkswirtin setzt auf einen Ausbau des Streckennetzes vor allem in Deutschland und in Europa. Dass sich die neue Fluggesellschaft Laudamotion für Stuttgart als eine von vier Stationen entschieden hat, ist für sie ein großer Gewinn. Laudamotion werde dann ab dem Sommer 2019 ungefähr gleichauf mit Easyjet liegen.

Kommentar: Frischer Wind mit Billigflieger

Mit 17 neuen Flugzielen ab Sommer 2019 gewinnt die neue Fluggesellschaft Laudamotion in Stuttgart Bedeutung. Neben Wien, Düsseldorf und Palma de Mallorca soll der baden-württembergische Landesflughafen eine von vier Stationen der Airline werden, die zu 75 Prozent dem irischen Billigflieger Ryanair gehört, zu 25 Prozent Niki Lauda. Der ehemalige Formel-1-Pilot wagt damit einen Neustart. Das ist gut, weil Konkurrenz das Geschäft belebt. „Wir wollen uns hier in Stuttgart nachhaltig engagieren, deshalb investieren wir viel“, versichert Geschäftsführer Andreas Gruber. Sein Unternehmen will nicht nur einen Versuchsballon steigen lassen. Mit frischem Wind wolle man die Passagiere „begeistern“.

Für den Stuttgarter Flughafen bietet Laudamotion nun die Chance, das europaweite Streckennetz noch dichter zu knüpfen. Direktorin Arina Freitag verspricht sich viel von der Zusammenarbeit mit der Gesellschaft, die das Profil der Stuttgarter als Kontinentalflughafen weiter schärft. Die Zeiten, in denen die Betreiber von Direktflügen in die Vereinigten Arabischen Emirate, nach China oder Indien träumten, sind vorbei. Verbindungen nach Katar und Newark schliefen nach kurzer Zeit ein. Auf Freitags Wunschliste stehen nun Destinationen wie Sevilla, Madrid oder St. Petersburg. Das ist realistisch, weil die Unternehmen der Region diese Ziele nachfragen.

Nun auf eine neue Airline zu bauen, birgt auch Risiken. Die Insolvenz der AirBerlin zeigte, wie schnelllebig das Luftfahrtgeschäft ist. Unternehmensgründer Lauda selbst hat Erfahrung mit Insolvenzverfahren. Dass mit dem irischen Billigflieger Ryanair ein europäischer Marktführer hinter dem Projekt steht, beruhigt manche nur bedingt. Wegen Verspätungen, technischer Probleme und dürftiger Kommunikation geriet Laudamotion schon zum Start im Frühsommer in die Kritik. Aufgabe des Flughafens muss es sein, allen Gesellschaften eine gute Infrastruktur zu bieten. Entscheidend ist dann die Strategie für den Stuttgarter Markt mit seinen vielen Geschäftsreisenden. Dass der Schwerpunkt von Laudamotion auf Urlaubszielen und Städtereisen liegt, fällt da auf. Abzuwarten bleibt auch, ob Flüge nach Marseille, nach Alghero auf Sardinien, nach Podgorica in Montenegro, nach Göteborg, nach Málaga und nach Budapest, die nur zwei Mal die Woche verkehren, genügend nachgefragt werden.