Der Neubau der Sporthalle Esslingen-Zell ist eines der Projekte, die der Kreis finanzieren muss. Foto: Archivfoto:Bulgrin - Archivfoto:Bulgrin

Die Schulden des Landkreises werden in den 2020er-Jahren enorm steigen. Diese Entwicklung prägte die Debatte des Esslinger Kreistags über den Haushalt 2019. Ursache ist der Neubau des Landratsamts.

Kreis EsslingenNoch ist bei den Kreisfinanzen alles im grünen Bereich, aber die Schulden werden in den nächsten Jahren enorm steigen, weil der Landkreis Esslingen große Projekte stemmen will, allen voran der Bau zweier Verwaltungsgebäude in Esslingen und Plochingen. Die Sorgen um die Schuldenlast in den 2020er-Jahren prägte die Haushaltsdebatte des Kreistags, der am Donnerstag in der Sporthalle in Wolfschlugen tagte.

An der Kreisumlage, die auf dem Satz von 30,7 Prozentpunkten bleiben soll, rüttelte keine der sieben Fraktionen, obwohl dadurch zehn Millionen Euro mehr von den 44 Kommunen geholt werden. Diese Steigerung verdankt der Kreis der gestiegenen Steuerkraft der Gemeinden. Das Geld wird ihm angesichts der Großprojekte gegönnt. Bereits im Bau befinden sich die kaufmännische Schule Nürtingen und die Sporthalle in Esslingen-Zell. Und 2020 soll mit dem Neubau eines Landratsamtsgebäudes in Plochingen begonnen werden, zwei Jahre später mit dem neuen Behördenbau in Esslingen. 170 Millionen Euro sollen die beiden Häuser kosten. Die Schulden werden deshalb von aktuell 160 Millionen Euro auf voraussichtlich mehr als 230 Millionen im Jahr 2025 steigen.

Es werde spannend, sagte Bernhard Richter, Vorsitzender der Freien Wähler, wie das Regierungspräsidium reagiere, wenn der Landkreis beim Schuldenstand die 170-Millionen Euro-Marke reiße. Um Zinssteigerungen nicht ausgeliefert zu sein, denkt Richter den Bausparverträge, in die der Kreis seine Überschüsse einzahle.

Auch CDU und Grüne wollen die Jahresüberschüsse, die 2018 und künftig erwirtschaftet werden, ansammeln. Sie sollen vollständig in die Rücklage übertragen werden. Dabei hatte der Kreistag erst vor einem Jahr beschlossen, dass bis zu 40 Prozent der Überschüsse eingesetzt werden können, um die Kreisumlage niedrig zu halten. Freie Wähler, SPD und FDP hatten dies vorgeschlagen. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. In guten Zeiten, so sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Martin Fritz, müsse die finanzielle Grundlage für die Großprojekte geschaffen werden.

Fritz widmete einen Schwerpunkt seiner Rede den Angeboten für behinderte Kinder. Die Betreuungszeiten der Schulkindergärten müssten verbessert werden und die stationären Kurzzeitpflegeplätze ausgeweitet werden. Mit Blick auf den Breitband-Ausbau kritisierte der Großbettlinger Bürgermeister, wie die Telekom mit den Kommunen zusammenarbeite: „Sie ist ein Meister des Abtauchens, wenn es vor Ort zu Problemen kommt.“

An der Kreisumlage hatte die SPD ausnahmsweise nichts auszusetzen, die Investitionen seien eine Herausforderung, sagte Fraktionsvorsitzende Sonja Spohn. Die steigenden Sozialausgaben interpretierte sie als Zeichen für Armut in einem reichen Landkreis. Die Tafelläden sollten vom Kreis finanziell jährlich mit 10 000 Euro gefördert werden.

In ungewöhnlich deutlicher Form nahm die SPD die Sozialdezernentin aufs Korn: Betroffene im Sozial- und Jugendhilfebereich sprächen von „mangelnder Vertrauensbasis und anhaltenden atmosphärischen Störungen“. Krisengespräche hätten keine Verbesserung gebracht, sagte Spohn. Für diesen Angriff erhielt sie einen Rüffel des Landrats: Die Haushaltsdebatte sei der falsche Platz für die Kritik an einer Führungskraft, weil sich diese Person hier nicht wehren könne.

Die Grünen im Kreistag sind bei der Finanzplanung seit jeher konservativ. Die Rücklage aufzubauen, sei jetzt wichtiger als die Umlage niedrig zu halten, sagte Marianne Erdrich-Sommer. Ihr macht auch Sorgen, dass für die neuen Gebäude eine Abschreibung über 50 Jahre angesetzt ist. So ein Alter hätten weder Landratsamt, noch das Plochinger Krankenhaus, noch die Albert-Schäffle-Schule geschafft.

Die sprudelnden Steuerquellen haben ihren Zenit erreicht, glaubt FDP-Vorsitzender Ulrich Fehrlen. Anträge seien kein Thema, sondern es gehe darum Einnahmeausfälle auszugleichen, etwa die geringeren Zuweisungen vom Bund. Peter Rauscher (Linke) lobte das neue Tarifsystem des VVS, will es aber um ein Sozialticket ergänzen. Ulrich Deuschle (REP) nannte den Bau der Verwaltungsgebäude in Zeiten der Hochkonjunktur eine Verschwendung von Steuergeldern. Am 13. Dezember wird der Kreistag über den Etat 2019 abstimmen.