Die Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Kartoffeln lassen sich im Netz verkaufen – Eis eher nicht. 16 Landfrauen haben bei einem Coaching in Reichenbach geprüft, wie sie regionale Erzeugnisse online vermarkten können.

ReichenbachDer Online-Handel wächst und wächst; regionale Produkte liegen ebenfalls im Trend. Beides zusammengenommen heißt: Das Internet bietet Chancen für lokale Erzeuger. 16 Landfrauen aus der Region möchten diese ergreifen und haben ein sechstägiges Coaching absolviert. Bei der Schlussveranstaltung in Reichenbach zogen sie Bilanz.

„Wir haben seit Samstag einen Online-Shop“, berichtete eine Teilnehmerin über ihr persönliches Ergebnis des Coachings. Andere überarbeiten ihre Webseiten, haben sich bei der „Mein-Hofladen“-App des Landwirtschaftsministeriums angemeldet oder erweitern ihre Aktivitäten auf Facebook. Manche feilen am Lieferservice, beschäftigen sich mit Instagram. Eine Teilnehmerin hat ein Verkaufsmobil angeschafft. Das Coaching, das an sechs Tagen, über ein halbes Jahr verteilt, stattfand, ist gerade erst zu Ende gegangen und daher vieles noch in Arbeit.

Mehr als ein Nebeneffekt war dabei, „dass Kooperationen zwischen den Teilnehmerinnen entstanden sind“, wie Marie-Luise Linckh, die Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Baden, feststellte. Sie kam zur Abschlussveranstaltung in Reichenbach und überreichte zwischen Apfelsaft, Gemüse und Trockenfrüchten die Zertifikate. Denn man traf sich zwischen Regalen und Auslagen im Bauernladen Obst und Gemüse Berger. Dieser hat im Zuge des Coachings sein Sortiment erweitert, wie Susann Berger berichtete: Die Dosenwurst von freilaufenden Schweinen in Hattenhofen, Alpakaprodukte aus Nürtingen, Rapsöl von der Alb oder Wein aus Hedelfingen haben durch die persönlichen Kontakte den Weg in die Regale gefunden.

Vor gut einem Jahr kamen die Teilnehmerinnen erstmals zusammen. Bei einer Diskussionsveranstaltung in Esslingen ging es um die „internetgestützte Vermarktung regionaler Produkte“. Dass diese Potenziale für landwirtschaftliche Direktvermarkter birgt, bezweifelte niemand, dennoch war die Unsicherheit groß: Welche Möglichkeiten gibt es und was macht für mich Sinn? Anknüpfend an dieser Frage entwickelte das Netzwerk Einkommen schaffende Dienstleistungen (Nesd), das von den Landfrauen und weiteren landwirtschaftlichen Verbänden getragen wird, zusammen mit dem Landwirtschaftsamt Göppingen ein Schulungsprogramm mit verschiedenen Experten und Expertinnen. Dabei sei es um die Optimierung des Internet-Angebots im eigenen Hofladen ebenso gegangen wie um rechtliche Rahmenbedingungen, Kennzeichnungspflichten und Social Media, berichtete Christine Binder, die Koordinatorin von Nesd.

Online-Shop nicht immer sinnvoll

Man könne mit dem Internet neue Zielgruppen erreichen, den räumlichen Radius vergrößern und Öffentlichkeitsarbeit betreiben – aber man müsse herausfinden, was für die eigenen Zwecke sinnvoll ist. Das ist nicht immer der Online-Shop: Er bringt der Teilnehmerin, die Eis herstellt, gar nichts – sie möchte einfach präsenter sein. Auch einige andere hätten sich für ein Online-Portal entschlossen, auf dem sie sich präsentieren, ohne auf diesem Weg Ware zu vertreiben. Und Gerlinde Renner, die von einem großen Milchviehbetrieb kommt, geht es in erster Linie um „Akzeptanz in der Öffentlichkeit und Kontakt zu den Kunden“.

„Wir haben jetzt alle die Anfänge gemacht“, sagte Susann Berger, erschöpft sei das Thema aber noch lange nicht, zumal sich ständig Neues ergebe – wie aktuell die neue Datenschutzverordnung. Sie hofft, dass weitere thematische Veranstaltungen stattfinden und weitere Kooperationen wachsen.