Ein spannender Dialog für Günther Titz, Hans-Joachim Hochradl, Detlef de la Chaux und Armin Steudle (von links). Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Farbenfrohe Bilder hängen in den leeren Räumen des ehemaligen Elektrogeschäfts Häfner in der Unterboihinger Straße, das bald abgerissen werden soll. Blaue Plastikgefäße stehen im Raum, weil das Regenwasser schon durch die Decke tropft. Steve Reichs minimalistische Komposition „Music für 18 Musicians“ verhallt in dem weiten Raum, der einmal ein belebtes Geschäft war. Auf kahlen, grauen Betonwänden zeigt Detlef de la Chaux seine bunte Kunst, die aus dem Computer kommt. An den Wänden hängt noch ein vergilbtes Blatt Papier - die Telefonliste der ehemaligen Mitarbeiter.

„Positionen“ heißt die ungewöhnliche Kunstausstellung, die morgen von 10 bis 15 Uhr noch einmal zu sehen ist. „Das ist die letzte Veranstaltung, die es hier gibt“, sagt der Wendlinger Maler Hans-Joachim Hochradl, der die Idee zu dem ungewöhnlichen Projekt hatte. Der Maler hat auch seine Kollegen Günther Titz und Armin Steudle für das spannende Projekt ins Boot geholt. Alle Künstler sind morgen dabei, um mit den Besucherinnen und Besuchern über ihre Werke zu reden.

Spiel mit Sehweisen

Im oberen Stockwerk des Ladengeschäfts stellt das Quartett seine höchst unterschiedliche Kunst aus. Beim Eintreten fallen dem Betrachter Günther Titz’ waagrechte Zahlenreihen auf weiß gestrichenen Platten ins Auge. Ein Sinn ergibt sich daraus nicht, so sehr man auch versucht, in den Nummern eine Bedeutung zu entdecken. So spielt der Reichenbacher Künstler mit Sehweisen. Denn in der heutigen, schnelllebigen Zeit verschwimmen aus seiner Sicht die Eindrücke. „Ich wünsche mir einfach, dass sich die Betrachter auf den Moment konzentrieren“, bringt er seine Philosophie auf den Punkt.

Verwirrend ist Detlef de la Chaux’ Computerkunst nur auf den ersten Blick. Die minimalistischen Klänge des amerikanischen Komponisten Reich generieren mitreißende Farbschnipsel-Projektionen, die er auf die Betonwand wirft. Mit der Musik verändert sich auch das Muster. Der Künstler aus Kohlberg hat jahrzehntelang als Maschinenbauer gearbeitet. Erst mit Mitte 50 erfüllte er sich den Traum vom Kunststudium in Nürtingen. Bei der Gemeinschaftsausstellung in Wendlingen gefällt dem grauhaarigen Mann, dessen Leidenschaft ansteckt, vor allem der Kontakt zu den Besuchern.

Das geht auch dem ehemaligen Kunstlehrer Steudle so. Seine großflächigen Gemälde, alle 1,70 Meter groß, sind an die Mauern des Raumes gelehnt. „Ich habe Formate ausgewählt, die genau passen.“ In seinen Werken ist zu spüren, dass Steudle ein politisch denkender Mensch ist. Eurostücke fliegen vor dem Gebäude der Zentralbank durch die Luft. Bilder aus der Gegenwart kontrastiert Steudle mit historischen Motiven, etwa aus der Französischen Revolution. Das alles hat er mit Zeichnungen und Kritzeleien seiner ehemaligen Schüler überschrieben.

Seine abstrakten Bildflächen, die starke Gefühle spiegeln, hat Hans-Joachim Hochradl in die Mitte des Raumes gehängt. Aus den scheinbar wilden Kompositionen kristallisieren sich beim genauen Hinsehen aber immer öfter figurative Ankerpunkte heraus. Die Kraft des Malers, der Prozesse seiner Arbeit klug und sehr klar reflektiert, regen die Betrachter zu eigenen Assoziationen an. Das macht seine Kunst so spannend.

Nicht nur der Kontakt zu seinen Künstlerkollegen hat die Ausstellung im ehemaligen Elektrogeschäft für den Initiator so spannend gemacht. „Ich erinnere mich gut daran, als das ein belebter Laden war“, sagt Hochradl. Jetzt mit der Leere umzugehen, falle ihm da manchmal schwer. Für den Maler ist es ein besonderes Erlebnis, ein Gebäude zu erobern, das so rasant im Wandel begriffen ist. An der Außenfassade hängen schon Werbeplakate der Baufirma für ein neues Wohnquartier, das auf dem Gelände mitten in der Stadt nach dem Abriss entstehen soll. Diese Transformation zu begleiten und für eine kurze Zeit den maroden Raum mit Kunstwerken zu beleben, hat Hochradl, den ehemaligen Stipendiaten des Landkreises Esslingen, an dem Projekt gereizt.

Morgen von 10 bis 15 Uhr ist die Ausstellung „Positionen“ noch einmal in der Unterboihinger Straße 15 im ehemaligen Elektrogeschäft Häfner zu sehen. Kurzfristige weitere Termine unter Tel. 0 70 24/522 98.