Am Sonntag so voll wie sonst nur an Weihnachten: die Kirche St. Michael in Reichenbach. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Mit einem Gottesdienst feierten die Gemeinden St. Konrad, St. Michael und Zum Heiligen Kreuz in Reichenbach ihre Vereinigung.

ReichenbachDas neue Logo zeigt ein symbolisches Schiff: Das stilisierte Christuskreuz bildet den Mast, die Segel sind vom Heiligen Geist aufgeblasen. In diesem Wind wollen die bisherigen drei katholischen Kirchengemeinden St. Konrad, St. Michael und Zum Heiligen Kreuz gemeinsam segeln. Erhalten bleibt nur der Name ersterer. Die Vereinigung, bereits zum Jahresanfang vollzogen, wurde gestern mit einem Gottesdienst und einem großen Gemeindefest gefeiert.

Der Prozess hin zur einen, gemeinsamen Gemeinde hat sich mehr als fünf Jahre hingezogen. Dieser Weg sei „durchaus auch steinig“ gewesen, sagte Pfarrer Bernhard Ascher beim Festgottesdienst in der Kirche St. Michael in Reichenbach, die mit gut 300 Menschen so voll war wie sonst wahrscheinlich nur an Weihnachten. Denn natürlich gab es auch Widerstände gegen den Zusammenschluss, in den einzelnen Gemeinden ebenso wie bei der Diözese. Der Bischof sei nicht begeistert gewesen, war von Gemeindemitgliedern zu hören. Genehmigt hat er das Projekt schließlich trotzdem; überzeugt habe ihn wohl, „dass es aus der Basis kam“, sagt Marcell Amann, der stellvertretende Vorsitzende des neuen Gesamt-Kirchengemeinderates. Als Deizisauer gehörte er bisher zur Gemeinde Zum Heiligen Kreuz, die 2013 die Idee aufbrachte, sich zusammenzutun. Hauptgrund dafür war nicht etwa der bestehende Pfarrermangel, sondern die sinkende Zahl von Ehrenamtlichen. So hatte die Altbach-Deizisauer-Gemeinde schon lange größte Schwierigkeiten, ausreichend Kandidaten für den Kirchengemeinderat zusammenzubekommen und war am Ende nur noch ein „Rumpfgremium“, wie Amann sagt. Bei den anderen beiden Gemeinden sei die Lage vielleicht nicht so gravierend, aber grundsätzlich ähnlich gewesen.

Vernetzung ist gewachsen

Die Vereinigungsidee überraschte zunächst auch Pfarrer Ascher. Er griff sie dennoch auf, denn ihr „Ausgangspunkt war das Gespür: Es fehlt etwas, gemeinsam können wir mehr schaffen“. Eine gemeinsame Seelsorgeeinheit Neckar-Fils gab es damals schon längst, sie sei aber mit ihren komplizierten Strukturen „von vielen als eine Art Verlustverwaltung erlebt“ worden, ergänzte Pfarrer Thomas Vogel.

So machten sich die drei Gemeinden auf den Weg, „Wasser zu Wein werden zu lassen“, wie es in Anlehnung an das Predigtthema des Tages hieß. Die Vernetzung, in vielen Bereichen schon vorher begonnen, wurde immer vielfältiger: Firmvorbereitung, Frauenfrühstück, Kinderkirche, Fronleichnamsfest, Gemeindebrief und mehr stellte man nach und nach auf gemeinsame Beine. Die Ministranten hatten ihr Wir-Erlebnis schon lange zuvor, bei einer Wallfahrt 2006, so Pfarrer Vogel. Und Kirchengemeinden seien auch kein Selbstzweck oder für sich selber da, sondern, um Gottes Wort hinauszutragen, betonten beide Geistliche. Dass manche Themen miteinander leichter zu bewältigen seien, spüre man schon jetzt.

Dekan Paul Magino, der die Gemeinden unterstützt hat, verglich den Prozess mit dem Bahnbetrieb, bei dem es manchmal Störungen gibt und die Ansagen der Fahrdienstleitung nicht immer verständlich sind. Aber schließlich rollt der Zug doch. Er wünschte allen viel Vertrauen auf dem neuen Weg, der „in dieser Größenordnung und dieser Konstellation in unserer Diözese einmalig ist“.

„Mindestens 95 Prozent sind dafür“

Pfarrerin Karin Keck freute sich als Plochinger Vertreterin der evangelischen Schwestergemeinden, dass auch die Ökumene weiter hochgehalten wird. Sie soll vor allem auf der lokalen Ebene gepflegt werden. Reichenbachs Bürgermeister Bernhard Richter gratulierte im Namen der sechs betroffenen bürgerlichen Gemeinden. Aus seiner Sicht sei der Zusammenschluss „eigentlich logisch“, eine Reaktion auf die Zeichen unserer Zeit. Den Ablauf, bei dem zwar intern gestritten, aber nicht öffentlich mit dem Finger gezeigt worden sei, empfinde er als vorbildlich: Das würde er sich für manchen anderen Prozess auch wünschen.

Der Gottesdienst und das Essen und Feiern in der Brühlhalle verströmten eine große Harmonie, auch der EZ gegenüber bestätigten mehrere Gemeindemitglieder, dass der Rückhalt aus den Gemeinden groß sei. „Mindestens 95 Prozent befürworten das“, so der Reichenbacher Walter Röhrle. „Ich sehe es absolut als Chance“, sagte Ulrike Ferrari, die in der Kinderkirche aktiv ist und in den vergangenen Jahren bereits die „Verstärkung“ als positiv erlebt hat. Nötig sei der Prozess allemal gewesen, man könne bei Ehren- wie bei Hauptamtlichen nicht mehr „aus dem Vollen schöpfen“, sagte der Plochinger Klaus Schäfer. Wenn Leute sich gemeinsam auf einen Weg machen, könne etwas Großes, Tragfähiges entstehen, glaubt Ursula Auwärter. Einzig Manfred Schmierer, selbst zwar evangelisch, aber der katholischen Gemeinde eng verbunden, machte eine kritische Anmerkung: Einen gemeinsamen, neuen Namen zu wählen, hätte er glücklicher gefunden. Der frühere Pfarrer Reinhold Rampf genoss die Feier sichtlich – für ihn zögen 25 Jahre vorbei, sagte er, der zu seiner Amtszeit nur selten all jene, mit denen er zu tun hatte, zusammen erlebte.