Foto: Symbolbild: dpa - Symbolbild: dpa

Ab- und ummelden kann man Autos bereits online. Jetzt will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auch Neuzulassungen online möglich machen.

Kreis EsslingenBehördengänge sind in der Regel lästig. Man denkt an eine Menge Papierkram und vor allem: an langes Warten. Da scheint verlockend, was Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) diese Woche in Aussicht gestellt hat. Nach dem Ab- und Ummelden von Kraftfahrzeugen, das jetzt schon möglich ist, sollen sich noch in diesem Jahr auch Neuzulassungen von Autos oder Motorrädern bequem von zu Hause oder von unterwegs aus erledigen lassen: einfach auf dem Online-Weg.

Doch ganz so einfach ist das in der Praxis denn doch nicht. Der Gang zur Zulassungsstelle, Nummernziehen und geduldiges Warten – das alles fiele weg. Klingt gut, ist aus Sicht von Experten aber weit davon entfernt, als digitale Revolution den Ämteralltag auf den Kopf zu stellen. Derzeit ist selbst die Online-Ab- und Ummeldung noch viel zu kompliziert und auch ziemlich zeitaufwendig, lautet der Tenor. Weniger als ein Prozent der Kraftfahrzeughalter melden nach Schätzungen von Stefan Bayer, dem Leiter der Zulassungsbehörde im Esslinger Landratsamt, ihre Fahrzeuge online ab oder um – etwa nach einer vorübergehenden Stilllegung über den Winter.

Flut an Daten

Dass die am Mittwoch vom Bundesverkehrsministerium vorgestellte Verordnung, die erst noch durch den Bundesrat muss, in den Zulassungsstellen den Durchbruch ins digitale Zeitalter bedeuten könnte, quittiert Bayer mit einem Lächeln. Einfach klicken und losfahren – so einfach ist die Sache nicht. Nutzer brauchen eine Zugangsberechtigung, ein Kartenlesegerät und einen onlinefähigen elektronischen Personalausweis. Die nötige Vernetzung mit Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra und mit dem Kraftfahrt-Bundesamt sorgt für eine Flut an Daten, die online eingegeben werden müssen – vorausgesetzt man hat sie griffbereit. Am Ende bleibt dann immer noch der Postweg, auf dem die Plakette zum Antragsteller gelangt. In der Regel dauert das drei Tage. Bayers Fazit: „Wer es eilig hat, der geht ganz sicher auch weiterhin zur Zulassungsstelle.“

Dass das Internet Behördengänge in Zukunft weitgehend ersetzen wird, daran zweifelt zwar kaum jemand. Bei der Kfz-Zulassung wird es jedoch kaum so schnell und einfach gehen, wie vom Verkehrsminister propagiert. Im Esslinger Landratsamt jedenfalls rechnet man für 2019 mit keinen wesentlichen Veränderungen in den Arbeitsprozessen. „Unsere Software wird vom Rechenzentrum auf das neue Angebot angepasst“, sagt Bayer. „Weniger Arbeit werden wir dadurch aber sicher nicht haben.“ Nicht weit genug geht das Ganze denjenigen, für die die Zulassung von Fahrzeugen Alltag ist. „Grundsätzlich sind wir dankbar für alles, was die Abwicklung von behördlichen Pflichten erleichtert“, sagt Hansjörg Russ, Sprecher der Kfz-Innung Nürtingen-Kirchheim. Für ihn ist das Thema aber nicht zu Ende gedacht.

Schilder bremsen Digitalisierung

„Solange wir uns Schilder besorgen und Plaketten anbringen müssen“, sagt Russ, Geschäftsführer von vier Mercedes-Autohäusern im Landkreis Esslingen, sei das mit der Digitalisierung zu kurz gesprungen. Er könnte sich vorstellen, dass Fahrzeuge künftig bereits ab Werk mit einem elektronischen Display ausgestattet werden, das als Kennzeichenersatz nicht nur alle Daten bündelt, sondern bei Verkehrsverstößen auch Informationen zum Fahrer liefert. Anders als Private nutzen die Autohäuser den Online-Service der Zulassungsstellen schon jetzt regelmäßig, allerdings überwiegend für Abmeldungen. Aus einem schlichten Grund: Sie gehen relativ einfach. Bei Neuzulassungen ist die Sache komplizierter. Tausende Neufahrzeuge haben die Mitgliedsbetriebe der Kfz-Innungen im Kreis Esslingen im vergangenen Jahr für den Straßenverkehr zugelassen. Dazu kommt eine ähnliche Zahl an Gebrauchtwagen. Größere Betriebe vertrauen dabei externen Dienstleistern, die auch den Gang zur Zulassungsstelle übernehmen. „Ob wir künftig alles online selbst erledigen, bleibt abzuwarten“, sagt Russ. „Das hängt davon ab, ob sich der Mehraufwand wirtschaftlich rechnet.“

E-Perso und Kartenlesegerät: Wer sein Fahrzeug künftig online zulassen will, braucht einen elektronischen Personalausweis und ein Kartenlesegerät.

2010 eingeführt: Den „E-Perso“ gibt es zwar bereits seit dem 1. November 2010. Kommunalverwaltungen gehen jedoch davon aus, dass nur rund die Hälfte der Bürger, die dafür in Frage kommen, einen solchen Ausweis besitzen.

Elektronische Identität: Wie viele davon die sogenannte eID-Funktion (Elektronische Identität) freigeschaltet haben und regelmäßig nutzen, ist nicht bekannt. Erst seit 2017 ist die eID-Funktion dauerhaft aktiviert.