Ursula Jaksch (links) und Cornelia Vonhof (rechts) überreichten Büchereileiterin Tanja Ley das Zertifikat „Ausgezeichnete Bibliothek“. Foto: Krytzner - Krytzner

Die Bibliothek ist deutschlandweit die erste kleine Bücherei mit dem Zertifikat „Ausgezeichnet“. Das Erfolgskonzept: Die Köngener Bücherei ist ein lebendiger Treffpunkt für Jung und Alt.

KöngenQualität steht bei vielen Kaufentscheidungen im Vordergrund. Deshalb schmücken sich viele Unternehmen mit entsprechenden Zertifikaten. Dass Qualitätszertifikate in Deutschland auch an Bibliotheken vergeben werden, ist europaweit einmalig. Die Hochschule der Medien in Stuttgart will damit große und kleine Büchereien ermuntern, sich laufend weiterzuentwickeln. Das Team der Köngener Bücherei hat sich unter der Leitung von Tanja Ley dieser Herausforderung gestellt.

„Wir wollten neue Impulse geben und die Bücherei inhaltlich prüfen. Da kam diese Zertifizierung gerade recht“, berichtet Tanja Ley. Die meisten im Team seien vom Projekt begeistert gewesen, und so habe man sich mit der Leiterin des Instituts für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung in Bibliotheken und Hochschulen, Professorin Cornelia Vonhof, in Verbindung gesetzt. Für die Mitarbeiter der Bücherei hieß das eine Menge Arbeit, wie Cornelia Vonhof bestätigte: „Es wird alles auf den Prüfstand gestellt. Der Bestand, die Organisation der Bücherei und auch die Weiterentwicklung.“ Man wolle jedoch keine Einheitsbibliotheken schaffen: „Was für Köngen vielleicht der richtige Weg ist, kann in Wendlingen schon schief gehen.“ Allerdings wolle man Stillstand vermeiden: „Die Büchereien sollen sich selbst in einen ständigen Verbesserungsprozess begeben und mit der Zeit gehen.“ Dazu gehören auch die Veränderungen der Medien. Längst gibt es nicht mehr nur das gedruckte Buch, sondern auch digitale Versionen. Wer in der Bücherei absolute Stille erwartet, wird sich wundern. Längst ist das Bücher- und Medienparadies zum lebendigen Treffpunkt in der Gemeinde geworden. „Es gibt zwar noch die Ruheecken, aber wir wollen die Begegnung und Selbstbestimmung fördern“, sagt Tanja Ley. Die Leser sollen kritisch mit Informationen umgehen und entscheiden, welche Medien sie nutzen wollen. „Deshalb ist der Treffpunkt zwanglos, oft gibt es nützliche Diskussionen unter den Lesern. Da wird auch öfters mal erklärt, wie ein E-Book funktioniert oder mal ein Laptop in der Bücherei repariert.“

In die Köngener Bücherei kommen Jung und Alt mit ganz verschiedenen Interessen. Und das ist genau das, was man sich wünscht. „Die Menschengruppen mischen sich, das Medienangebot muss nicht mehr alleine von der Bibliothek kommen“, erklärt Tanja Ley. Eine Bibliothek der Zukunft kann sich Projektmitarbeiterin Ursula Jaksch nicht vorstellen: „Wir kennen die digitale Entwicklung nicht.“ Die Büchereien – große, kleine und auch Hochschulbibliotheken – bekommen vom Qualitätsmanagement das Handwerkszeug, um zu überlegen, wie man sich in der Zukunft sieht. Cornelia Vonhof mahnt: „Die Büchereien sollen nicht Selbstzweck bleiben. Immerhin werden sie von den Gemeinden zum Teil mit Steuergeldern unterstützt, und wer Steuern zahlt, will sein Geld sinnvoll eingesetzt wissen.“ Bibliotheken müssten sich genau wie Unternehmen und Institutionen dem Wandel der Zeit anpassen: „Dazu braucht es aktives Gestalten und die Beantwortung der Frage: Wofür und für wen sind wir da?“

Die Auszeichnung für herausragende Bibliotheken gibt es seit rund zehn Jahren – bisher nur in Deutschland. „Wir wollen aber auch über die Grenzen gehen“, hofft Ursula Jaksch. Der Auftrag der Büchereien habe sich verändert, weiß Cornelia Vonhof: „Früher kamen die Kinder nach der Schule in die Bibliothek. Wir wollen die Institutionen wieder in die Bücherei holen.“ Der Auftrag ist klar: Zugang zu Informationen zu ermöglichen, auch wenn diese mittlerweile meist digital abgerufen werden. Tanja Ley erlebte die letzten Jahre in der Bücherei durchaus positiv: „Die Menschen sind sehr offen. In Köngen gibt es viele junge Menschen und Familien.“ Und durch ein neu geplantes Wohngebiet kämen weitere junge Leute. Doch die dörfliche Struktur habe sich nicht verloren: „Man kennt und begrüßt sich. Köngen ist eine junge und lebendige Gemeinde.“