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Bereits 2017 sollte die Kerosinpipeline für den Stuttgarter Flughafen in Betrieb gehen. Nun steht das Projekt auf der Kippe, weil Überleitungsrechte fehlen.

Leinfelden-EchterdingenDie Kerosinpipeline, die den Flughafen Stuttgart an das zentraleuropäische Netz Central European Pipeline System (CEPS) anbinden soll, ist noch immer nicht fertig. Bereits 2017 hätte die unterirdische Leitung in Betrieb gehen sollen. In Oberboihingen sollte eine Trasse vom Flughafen mit der bestehenden Leitung zwischen Kehl und Tübingen verknüpft werden. Bei der ersten Trassenvariante wäre Unterensingen stark betroffen gewesen. Doch obwohl der Flughafen mit der Kommune, deren Gemeinderat mehrheitlich gegen die vom Flughafen geplante Trasse votiert hatte, einen Kompromiss fand, ist von einem möglichen Baubeginn nichts mehr zu hören. Nach wie vor ist die Trasse noch nicht einmal genehmigt.

„Das Projekt entwickelt sich zunehmend zur Hängepartie“, bestätigt ein Sprecher des Flughafens. Im April wird sich dessen Aufsichtsrat wohl wieder mit dem Thema beschäftigen. Wegen vieler Unwägbarkeiten steht die Pipeline, die den Flughafen einschließlich der Durchleitungsrechte nach ersten Berechnungen zehn Millionen Euro kosten würde, jedoch auf der Kippe. Zwar werden die Pläne weiter verfolgt, bestätigt der Sprecher. Aber eine Perspektive für deren Realisierung ist offenbar weniger denn je in Sicht.

Ein zentrales Problem sind die Überleitungsrechte: Die 19 Kilometer lange Leitung, die in 1,20 bis 1,50 Meter Tiefe verlegt würde, erfordert die Zustimmung von 700 Grundstückseigentümern. Trotz der unterirdischen Leitung könnten die landwirtschaftlichen Flächen weiter in vollem Umfang genutzt werden. „Es fehlen noch etliche Durchleitungsrechte“, zieht der Flughafensprecher Bilanz. Bevor nicht mindestens 90 Prozent dieser Verträge geschlossen seien, mache es keinen Sinn, ins Genehmigungsverfahren zu gehen. Deshalb werde der Aufsichtsrat nun entscheiden, wie es mit dem Projekt weitergeht.

Die Vorteile liegen nach den Worten des Sprechers auf der Hand. Täglich könnten bis zu 1500 Kubikmeter Kerosin über die unterirdische Leitung zum Flughafen gepumpt werden. Das Tanklager mit den drei weißen, jeweils 13 Meter hohen Tanks, fasst insgesamt 4500 Kubikmeter Kerosin. 270 000 Kubikmeter Treibstoff tanken die Maschinen jedes Jahr am Stuttgarter Flughafen, die Tendenz ist weiter steigend. Auch das Sicherheitsargument hat für die Betreiber einen hohen Stellenwert. Im Fall eines schweren Unfalls mit einem Tanklastwagen wäre das Risiko für die Bevölkerung erheblich.

Offensichtlich ist, dass die Pläne für die Kerosinpipeline zurzeit mit weniger Nachdruck verfolgt werden. Das zeigt schon die Homepage, die der Flughafen zur Bürgerinformation eingerichtet hat. Da wurde die letzte Pressemitteilung im Dezember 2015 eingestellt. Welche weiteren Schritte der Flughafen nun ergreift, ist offen. Enteignungen kamen schon für den damaligen Direktor Georg Fundel nicht in Frage, der die Kerosinpipeline im Jahr 2014 mit auf den Weg gebracht hat. Schon damals hatte der Flughafenchef vorausgesehen, dass die Verhandlungen nicht einfach werden würden. Dennoch kämpfte Fundel vehement weiter dafür.

Mit offensiver Bürgerinformation hat der Flughafen damals für das Projekt geworben. Die Grundstückseigentümer nun durch ein Enteignungsgesetz zur Zustimmung zu zwingen, sei auch auch heute keine Option, sagt der Sprecher. 2009 hatte der Landtag von Baden-Württemberg ein solches Gesetz erlassen, um die Ethylen-Rohrleitung von Bayern zur BASF nach Ludwigshafen möglich zu machen.

Nach dem Nein des Gemeinderats hatte der Flughafen mit den Unterensingern weiter verhandelt. „Es ärgert mich, dass wir immer wegen unserer Einwände als gallisches Dorf hingestellt werden“, sagt Dieter Fritz, Hauptamtsleiter in Unterensingen. Gemeinsam mit den Flughafenplanern habe man eine alternative Trasse ins Auge gefasst, die durch das Naturschutzgebiet Am Rank (Röhmsee) und Grienwiesen führt. „Das wäre weiter weg von unserem Gemeindegebiet, was wir uns vorstellen könnten“, sagt Fritz. Allerdings hätten da nach seinem Wissensstand die Naturschutzbehörden Bedenken geäußert. Daher gelte auch noch der Gemeinderatsbeschluss vom 16. März 2015 gegen die vom Flughafen favorisierte Variante, der denkbar knapp mit einer Ablehnung endete. „Wir wollen die Kerosinpipeline nicht blockieren. Deshalb sind wir dem Flughafen mit der Kompromisslösung sehr entgegengekommen.“

Neben Umweltfreundlichkeit und Sicherheit hatten die Verfechter der Pipeline das Argument der Wirtschaftlichkeit ins Feld geführt. Mit den zunächst veranschlagten zehn Millionen Euro sahen die Planer diese gewährleistet. „Je mehr umgeplant werden muss, und je länger die Strecke ist, desto teurer wird das Projekt“, gibt der Flughafensprecher zu bedenken. Möglicherweise rechne sich die Realisierung dann nicht mehr.

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