Was sich als grüne Wiese zwischen den beiden Gebäuden links präsentiert, ist laut gültigem Bebauungsplan eine Baulücke. Foto: oh - oh

Das Grundstück, auf dem ein Investor ein Punkthaus auf dem Bruckenwasen bauen will, ist eine Baulücke und kein Teil des Landschaftsparks. Darauf legt die Stadt im Streit um das Bauvorhaben wert.

PlochingenIm Streit um den Neubau eines 21 Meter hohen Punkthauses im Bruckenwasen plädieren die Plochinger Stadtverwaltung und die Gemeinderatsfraktionen für mehr Sachlichkeit. „Es ist legitim, dass sich die Bürger politisch äußern“, bewertet Bürgermeister Frank Buß die Unterschriftenaktion und Online-Petition, die Bewohner und Besucher des Bruckenwasen initiiert haben und die die Bedenken der Gartenschau-Väter Eugen Beck, Hartmut Strobel und Andreas Sättele wiedergeben. Allerdings müsse man auch bei den Tatsachen bleiben. Die betroffene Fläche sei eben kein „Parkgrundstück“, wie die Gegner des Neubaus schreiben, sondern seit Mitte der 1990er-Jahre per Bebauungsplan als Bauland definiert, betont Buß. Dieses Grundstück habe der damalige Kämmerer Strobel 1996 an einen Investor verkauft. Und für dieses Grundstück habe der damalige Verbandsbauamtsleiter Sättele 1996 und 2011 Baugenehmigungen erteilt – die beide das Baufenster in Richtung Landschaftspark überschritten hätten. Wie das im Übrigen auch bei den beiden viergeschossigen Nachbarhäusern des geplanten Wohnblocks der Fall sei. Der Investor des Eckgrundstücks habe dann wohl irgendwann von seinem Rücktrittrecht Gebrauch gemacht.

Deshalb hat Buß wenig Verständnis für die Gartenschau-Väter, Abweichungen vom damaligen Bebauungsplan nunmehr als Verrat am Landschaftspark und den Ideen der Landesgartenschau 1998 zu geißeln. Buß: „Manchmal sind in der Politik einfach Kompromisse notwendig.“ Er findet es auch „befremdlich“, dass sich die Gegner des geplanten Punkthauses, für das der Investor sechs Geschosse plus ein Staffelgeschoss bauen will, an den beiden vierstöckigen Häusern direkt daneben orientieren – und nicht an den höheren Gebäuden neben der Alten Spinnerei. Da werde mit zweierlei Maß gemessen.

Laut dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Reiner Nußbaum ist man bei den beiden Nachbarhäusern auch nicht aus freien Stücken bei vier Stockwerken geblieben. „Die Bebauung mit den aufeinander aufgesetzten Reihenhäusern an dieser Stelle war seinerzeit eine Notlösung. Trotz intensiver Suche hatte sich für dieses Gebiet kein Investor für den im Bebauungsplan vorgesehenen fünfgeschossigen Wohnungsbau gefunden.“ Auch in seiner Fraktion sei das Punkthaus, das ein Geschoss über den laut Bebauungsplan zulässigen Stockwerken liege, unterschiedlich diskutiert worden. Man habe aber mehrheitlich der Idee zugestimmt, das aktuelle Bauvorhaben jetzt erst einmal in die öffentliche Diskussion zu bringen. Am Ende des Anhörungsprozesses müsse man abwägen. Aber „wir dürfen nicht bei allen Gelegenheiten den massiven Wohnungsmangel beklagen und dann nicht handeln“. Zudem überrasche seine Fraktion, „dass die Gartenschauväter die nicht vollendete Bebauung als gelungen ansehen“. Nußbaum stattdessen: „Uns fehlt in der Diskussion völlig die Kreativität, wie dieses Wohngebiet städtebaulich interessant abgerundet werden kann.“

„Wir haben dem Bebauungsplan-Entwurf zugestimmt, wissend, dass der so in die Bürgerbeteiligung geht und anschließend noch einmal beraten wird“, sagt auch Stefan Kirchner (OGL). Dabei habe man sich auch von dem Gedanken leiten lassen, angesichts des Wohnungsmangels verdichtet bauen zu müssen – nicht zuletzt, um Neubauten auf der grünen Wiese (Bühl-Nord) zu verhindern. Die unschöne Lücke im Bruckenwasen habe sich da angeboten. Der Neubau müsse sich von den viergeschossigen Nachbarhäusern abheben. Allerdings habe die OGL von vorneherein darauf gedrängt, das Staffelgeschoss – also der siebte Stock, der baurechtlich nicht als Stockwerk zählt – hinter die Hauskante zurückzunehmen. Aber der Architekt bevorzuge die kubische Bauform, die das Dachgeschoss stattdessen noch betone.

„Wir waren von Anfang an skeptisch“. sagt hingegen Thomas Euchenhofer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Der Architekt hat sich auch namentlich an der Online-Petition gegen das Punkthaus beteiligt. Als Fraktion habe man dem Einstieg in das Bebauungsplanverfahren zugestimmt – allerdings in der Erwartung, dass der Prozess ergebnisoffen geführt werde. Aber im Laufe des Verfahrens seien die Parameter sehr eng mit dem Investor abgeklärt worden. Sodass die Freien Wähler am Ende nicht hätten zustimmen können. Ihr Nein habe dabei ebenso dem zu massiven Baukörper an dieser Stelle gegolten wie vor allem dem Verfahren. Zur Kritik vieler Plochinger, dass dort 20 Eigentumswohnungen entstehen sollen, meint Euchenhofer: „ Hätte man dort günstige Wohnungen schaffen wollen, funktioniert das nur, wenn wir als Stadt die Finger darauf haben.“

Mit der Tatsache, dass die Verwaltung stattdessen neue günstige Mietwohnungen im Bereich Stumpenhof-Ost geplant hatte, konnte die SPD mitgehen, so Peter Raviol. Allerdings habe der Gemeinderat – „von der CDU-Fraktion initiiert“ – diese Entwicklung wieder auf Eis gelegt. Die SPD stehe aber hinter dem Punkthaus im Bruckenwasen – in seiner geplanten Höhe. Die sei durch die Schaffung von mehr Wohnraum zu rechtfertigen. Der Landschaftspark Bruckenwasen werde damit nicht angetastet und werde auch unversehrt bleiben. Man nehme die Kritik aus der Bevölkerung ernst, wenn sie eine bebauungsrechtliche Grundlage habe. Allerdings könne es die SPD weder verstehen noch unterstützen, „längst gefallene und mit breiter Mehrheit entschiedene Beschlüsse letztlich in Frage zu stellen.“