Jugendhausleiter Holger Kaufhold steht auf der neuen Treppe des Jugendhauses. Das Geländer fehlt noch. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Das Jugendhaus Kiwi ist vom Schlosshof in die Realschule umgezogen. Das Gebäude wird von der Stadt für 56.000 Euro renoviert. Die Party zur Wiedereröffnung ist am 13. September angesetzt.

WernauKiwis, die neuseeländische Vogelart, haben Stummelflügel und können deshalb nicht fliegen. Das Wernauer Kiwi ist jedoch vor einigen Tagen ausgeflogen – notgedrungen ist das Jugendhaus in die Realschule auf dem Katzenstein ausgewichen, weil das aus dem Jahr 1824 stammende Gebäude im Schlosshof umgebaut wird.

Die Treppe an der Vorderseite war nicht mehr verkehrssicher, die oberste Stufe wackelte, das Geländer war verrostet. Ein örtliches Unternehmen hat die Treppenstufen bereits ausgetauscht, das neue Geländer fehlt noch. Die größte Veränderung ist im Mehrzweckraum geplant. Dort sollen zwei Mädchenklos eingebaut werden. Bislang gibt es nur eines im Obergeschoss, mit Dachschräge. Für die nötige Hygiene zu sorgen, sei dort schwer gewesen, berichtet Jugendhausleiter Holger Kaufhold. Außerdem habe eine einzige Toilette bei gut besuchten Veranstaltungen nicht gereicht. In der Pause des Kinderkinos beispielsweise sei schon auch mal ein Malheur passiert.

Für die neue Toilette im Erdgeschoss muss ein Durchbruch vom Flur in den Mehrzweckraum geschlagen werden. Um Platz zu schaffen, wurde das DJ-Pult herausgerissen, die Elektrokabel hängen jetzt lose an der Wand. Auch die Bühne ist abgebaut worden. Dass der Mehrzweckraum kleiner wird, bereite keine Probleme, sagt Holger Kaufhold. Für große Veranstaltungen wie Konzerte oder Kindertheater weiche man bereits in den Schlosskeller aus. Im Obergeschoss des Kiwi sind kleinere Veränderungen geplant. Das Büro wird vergrößert, um freien Zugang zu einem Fenster zu erhalten, über das im Notfall die Feuerwehr einsteigen kann. Für besseren Brandschutz werden außerdem zwei Rauchschutztüren eingebaut.

Etwa 47 000 Euro waren für die Umbauten veranschlagt. Jetzt kommen noch einige Tausender oben drauf, weil auch die Gastherme ausgetauscht und in einen feuerfesten Kasten gesetzt werden muss. Anastasia Mitrou, Sachgebietsleiterin Hochbau der Stadt Wernau, rechnet nun mit Ausgaben von 56 000 Euro. Bis zu den Sommerferien müssten die Bauarbeiten beendet sein. Die Eröffnungsdisco ist auf den 13. September, also kurz nach den Ferien angesetzt.

Mit der Zwischenlösung in der Realschule ist Holger Kaufhold nicht so unzufrieden. Langfristig würde er das Jugendhaus sowieso gerne auf dem Katzenstein oben ansiedeln. Seit etwa zehn Tagen ist der Mehrzweckraum der Realschule zum Jugendhaus geworden. Außerdem steht ein Bauwagen auf dem Schulhof, der jetzt bei gutem Wetter zum Anlaufpunkt werden kann. Sein Büro hat Kaufhold, von ehrenamtlichen Helfern unterstützt, in einem Ruheraum der Schule eingerichtet. Dass die Schüler den Raum vermissen, weiß der Jugendhausleiter, aber in wenigen Wochen wird er ja wieder hinunter ins Tal ziehen.

Historie

Vogtei: 1823 sind drei von vier Flügeln des Pfauhauser Schlosses abgebrochen worden. Auf dem freien Platz wurden das Pfarrhaus und 1832 die Pfarrscheuer errichtet. Freiherr von Geisberg-Schöckingen kaufte 1824 das Rittergut und ließ zwischen dem abgebrochenen Schloss und der Schlossscheuer ein Verwaltungsgebäude (Vogtei), heute Kiwi, für das Rittergut Pfauhausen erstellen. Nach etwa zehn Jahren, so weiß Ferdinand Schaller von der Wernauer Geschichtsstube, ging dieses Vogteigebäude an die Gemeinde Pfauhausen über. Bis 1877 war hier eine „Meierei“, ein Betrieb für Milchwirtschaft.

Kleinschule: Danach richtete die Kirchengemeinde St. Erasmus eine sogenannte Kleinschule ein, also eine Art Kindergarten und Nähschule. Bis etwa 1960 wurde das Haus als Kindergarten genutzt. Mit Unterbrechungen: Während des Dritten Reiches konfiszierten die Nationalsozialisten das Haus und nutzen es für ihre Zwecke. Nach dem Krieg zog wieder der Kindergarten ein. Betreut wurden die Kleinen von den Untermarchtaler Schwestern, die auch im Obergeschoss wohnten.

Jugendtreff: 1965 übernahm die Stadt Wernau das Gebäude und richtete dort fünf Jahre später Jugendräume ein. Im Obergeschoss waren die Pfadfinder untergebracht. Wie lange das Haus noch als Jugendhaus Kiwi dienen wird, ist offen. Die Schulsozialarbeit ist zu einer wichtigen Aufgabe der Sozialpädagogen geworden, weshalb sie sich lieber am Schulzentrum auf dem Katzenstein ansiedeln würden.