Wegen vieler Missverständnisse werden Philipp und Mustafa gefesselt. Foto: Korell - Korell

Eine Krankenschwester erfährt, dass ihr Sohn für den Dischad kämpfen will und forscht nach. Davon handelt das neueste Stück „Stirb, bevor du stirbst“ der Jugendbühne. Es ist bereits das 25. Stück der Truppe.

OstfildernEgal ob Schüler, Studenten, Auszubildende, Praktikanten oder junge Arbeitnehmer, sie alle haben eines gemeinsam: ihre Begeisterung fürs Theater. „Vor 16 Jahren waren es ein paar Schülerinnen, die Lust auf Theater hatten und deshalb den Verein gründeten“, erzählt Nils Haumesser, der Vorsitzende der Jugendbühne Ostfildern (Jubo). „Was sich heute daraus entwickelt hat, ist Wahnsinn.“ Das neue Stück „Stirb, bevor du stirbst“ von Ibrahim Amir ist bereits die 25. Inszenierung.

Zu den Aufführungen der Jugendbühne – es gibt zwei Produktionen im Jahr – kommen immer viele Stammgäste ins Zentrum Zinsholz nach Ruit, auch bei der Premiere am Freitag waren alle 120 Plätze belegt. Gespannt warten die Besucher auf die rund 110-minütige Vorstellung.

Das Stück, das sie zu sehen bekommen, handelt von der alleinerziehenden Krankenschwester Sabine, gespielt von Marlene Kleih. Eines Tages erfährt sie von einem Kommissar (Fabian Ruck), dass ihr Sohn Philipp (Julian Basset) nach Syrien gereist sein soll, um in den Dschihad zu ziehen. Sabine, die von ihrer Arbeit, dem Streit mit der aufgedrehten Nachbarin Magda (Alina Steinmaier) sowie der Vergesslichkeit ihrer Mutter Gertrud (Swana Serwais) sehr gestresst ist, kann dies nicht glauben. Alle drei Frauen werden stark gespielt.

Zwei junge Syrer spielen mit

Die Frauen raufen sich schließlich zusammen, um gemeinsam Nachforschungen zu Philipps Verbleib anzustellen. Dabei stellt sich heraus, dass Philipp nicht der einzige Verschwundene ist. Durch viele Missverständnisse und das generelle Misstrauen zwischen den Figuren, die von der jungen Truppe allesamt überzeugend dargestellt werden, spitzt sich die Handlung zu, bis es am Ende des zweiten Aktes heftig knallt. „An dieser Stelle könnte auch Ende sein“, sagt Gerhard Bauer – genannt Gerry – der von der Jubo angestellte Theaterpädagoge und Spielleiter, in seiner kurzen Einleitungsrede, „aber der Autor hat noch einen dritten Akt geschrieben“. Dieser sei mit 90 Sekunden zwar deutlich kürzer als die beiden vorangegangenen mit jeweils 55 Minuten aber dennoch wichtig. „Der dritte Akt sendet noch mal ein positives Signal aus“, findet Fotios Sakellariou, ein begeisterter Zuschauer. Sein Begleiter Jakob Steidel fügt noch hinzu: „Wenn man sich ein bisschen mit anderen Kulturen auskennt und tolerant ist, können die meisten Missverständnisse vermieden werden.“

In dieser Spielzeit zum ersten Mal dabei sind Mohamad Jaarour und Omar Skirek, zwei junge Flüchtlinge aus Syrien. „Gerade bei diesem Stück konnten uns die beiden auch mit der Aussprache einiger Wörter oder den Abläufen bestimmter Rituale helfen“, sagt Gerhard Bauer. Er sah die beiden bei einer Schulaufführung, danach sprach sie an, weil ihn ihre Leistung beeindruckt hatte, und fragte sie, ob sie nicht Lust hätten, mehr Theater zu spielen. Seitdem kamen sie zu den wöchentlichen Proben. Zusätzlich habe er „mit den Jungs zwei Stunden vor den Proben Sprechübungen gemacht, damit ihre Aussprache auch verständlich ist für das Publikum, berichtet Bauer.

Insgesamt sind zwölf junge Schauspielerinnen und Schauspieler im Alter zwischen 14 und 26 Jahren an der Produktion beteiligt, nur drei der Rollen sind nicht doppelt besetzt. Durch eine Rotation bei den fünf Vorstellungen soll aber jeder genügend Zeit auf der Bühnen bekommen. Bevor das Stück auf die Bühne kommt, steht aber einiges an Arbeit an. „Zur Auswahl des Stückes kommen zunächst alle Interessierten zusammen und jeder kann Stücke vorschlagen, egal ob er schon einmal dabei war, oder nicht“, erklärt Fabian Ruck, der im Stück den schreckhaften Kommissar gibt. „Nach einer kurzen Präsentation der Werke wird demokratisch eine Wahl getroffen und geschaut, wie die Rollen vergeben werden können“, ergänzt Giray Agirgöl, einer der beiden Schauspieler, die den Imam mimen. Dann beginnen die Proben und verdichten sich zur Premiere hin, in den Ferien und in der Woche zuvor wird fast täglich geübt.

Jeder ist im Ensemble willkommen

„Natürlich betreiben wir einen hohen Aufwand, gerade auch mit der Integrationsarbeit, aber in unserer kleinen Familie ist nun mal jeder willkommen“, sagt Max Weitz. Seine Rolle des betrunkenen Polizisten ist in Ibrahim Amirs Stück eigentlich nicht enthalten, wurde aber zur Auflockerung extra hinzugeschrieben. Er selbst sei eher still und schüchtern, sagt er, daher sei das Theater eine schöne Möglichkeit auch mal in andere Rollen schlüpfen zu können. „Generell haben wir recht hohe Ansprüche“, erklärt Gerhard Bauer und betont, dass die Jubo kein Laientheater sei, sondern Amateurtheater mache, denn „Laien sind die Jungs und Mädels bestimmt nicht“.

Weitere Vorstellungen zu „Stirb, bevor du stirbst“ finden am Freitag, 31. Mai, und Samstag, 1. Juni, jeweils um 19.30 Uhr sowie am Mittwoch, 29. Mai um 19 Uhr jeweils im Zentrum Zinsholz in Ruit statt. Karten kosten im Vorverkauf 9 Euro.

Weitere Informationen gibt es unter www.jubo.info