Sibylle Wolf und Hartmut Fenchel in der Study Corner der Johannes-Kepler-Realschule. In einer Ecke dürfen die Kinder und Jugendlichen auch entspannen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Der Klimawandel treibt Schüler in aller Welt um. Die Kepler-Realschule in Wendlingen setzt auf Nachhaltigkeit: Obst kommt von der eigenen Streuobstwiese und Strom aus der Solaranlage.

Wendlingen/KöngenNachhaltigkeit ist für Sibylle Wolf, die Rektorin der Johannes-Kepler-Realschule (JKR) in Wendlingen, das prägende Thema der Gegenwart. Deshalb hat die Schule, die fast 700 Kinder und Jugendliche besuchen, ihr Profil in dieser Richtung geschärft. 50 der Schülerinnen und Schüler kommen aus Köngen. „Es geht darum, ein Bewusstsein für Umweltthemen zu schaffen“, findet Wolf, die Mathematik und Physik unterrichtet. In Zeiten des Klimawandels ist ihr das ein großes Anliegen. Mit einer Solaranlage auf dem Dach, Umweltmentoren, fair gehandeltem Pausenobst zum günstigen Preis und vielen anderen Angeboten setzt die JKR da Akzente. „Wir möchten den Schülern aller Klassenstufen Lust machen, sich mit Umweltthemen zu beschäftigen“, sagt Konrektor Hartmut Fenchel. Wie sehr die Frage nach der Zukunft der Erde junge Menschen bewegt, ist derzeit an den Freitagsdemonstrationen und Schulstreiks in aller Welt zu erleben. Um den jungen Menschen zu vermitteln, wie Umweltbewusstsein im eigenen Umfeld gelebt werden kann, hat sich die JKR nach dem Eco-Management and Audit System der Europäischen Union, kurz EMAS, zertifizieren lassen. Dieses europaweite Umweltmanagement und -prüfverfahren hat der Schule nach Fenchels Worten „viele gute Anregungen gebracht, wie wir hier im Gebäude sparsamer mit unseren Ressourcen umgehen können.“ Jede Klasse hat einen ausgebildeten Umweltmentor, der zum Beispiel dafür sorgt, dass das Licht in den Klassenzimmern ausgeschaltet wird. Oder der Mitschülern Tipps gibt, wie man den Müll richtig trennt.

Im Fachunterricht bietet die Solaranlage auf dem Schuldach nach Fenchels Worten die Möglichkeit, sich auch in der Praxis mit umweltfreundlichen Technologien zu beschäftigen. Der Erlös, den die Schule mit dem Sonnenstrom erwirtschaftet, fließt in eine Stiftung. „So sehen die Kinder und Jugendlichen, dass sich solche Umweltprojekte auch wirtschaftlich auszahlen“, sagt Schulleiterin Wolf. Aber auch kleinere Bausteine wie etwa der Obstverkauf in der Pause gehören zum Nachhaltigkeitskonzept der Schule. Das gesunde Obst ist nicht nur fair gehandelt. „So lernen die Schülerinnen und Schüler auch, dass Obst zur gesunden Ernährung gehört.“ Schließlich ist es Sibylle Wolf ein großes Anliegen, dass soziale Kompetenz im Ausbildungsplan einen hohen Stellenwert hat. Deshalb pflegen Schülerinnen und Schüler eine Streuobstwiese – aus dem Obst stellen sie dann zum Beispiel Marmelade her. „Apfel- und Birnbäume gehören zu unserer Kulturlandschaft“, sagt Hartmut Fenchel. Allerdings könnten gerade viele ältere Menschen ihre Stückle nicht mehr bewirtschaften. Dass sie Baumschnitt, Ernte und vieles mehr in der Schule lernen, macht sie aus der Sicht des Konrektors fit dafür, auch in der eigenen Familie solche Aufgaben zu übernehmen. Aus den Äpfeln der Streuobstwiese, die die Jugendlichen bewirtschaften, haben Neuntklässler mehr als 30 Gläser Apfelmarmelade eingekocht. Die fertigen Produkte nahm eine Gruppe dann zum Schüleraustausch in die Partnerstadt St. Leu-la-Forêt in Frankreich mit, um sie auf dem Weihnachtsmarkt zu verkaufen.

Den Europa-Gedanken haben Sibylle Wolf und ihr Team immer im Blick. Über das europäische Erasmus-Programm haben die Pädagogen und Pädagoginnen der Schule auch die Möglichkeit eines Austauschs mit Kollegen in anderen Ländern. Sibylle Wolf selbst war in Finnland, um sich über das Bildungssystem zu informieren und fortzubilden. Im Gegenzug bekommt die Kepler-Realschule immer wieder Besuch von internationalen Kollegen. „Es ist spannend, sich auszutauschen und voneinander zu lernen“, findet Wolf, die diese Kontakte nicht missen möchte.

Sehr glücklich sind die beiden Schulleiter, dass die Realschule bei Eltern und Schülern nach wie vor sehr beliebt ist. Trotz der Konkurrenz der Gemeinschaftsschule sehen die beiden ihren Schultyp nicht in Gefahr. „Wir bereiten die Jugendlichen optimal aufs Berufsleben vor, aber auch auf den Übergang in die beruflichen Gymnasien“, sagt Sibylle Wolf. Deshalb gibt es neben den Schulfächern Englisch und Französisch auch eine Spanisch-AG, die sehr gefragt ist. Die Bildungspartnerschaft der Johannes-Kepler-Realschule mit der Festool Group, die ihren Sitz in Wendlingen hat, mache Einblicke ins Berufsleben möglich. Weil die JKR zu den großen Realschulen gehört, bietet sie auch einen sogenannten G-Zug an. Das bedeutet, dass Schüler auf Wunsch gezielt auf den Abschluss der Werkrealschule vorbereitet werden. Das ist eine Chance für Schülerinnen und Schüler, denen das Realschulniveau zu schwer ist, oder die eher handwerklich begabt sind. „Sie verlassen dann die Schule nach Klasse 9 oder satteln doch noch die zehnte Klasse drauf“, sagt Fenchel.

„Eine Schule zum Wohlfühlen“ möchte die Kepler-Realschule nach den Worten der Rektorin sein. Deshalb gibt es für die Kinder, die zur hausaufgabenbetreuung im Schulhaus bleiben, die liebevoll eingerichtete Study Corner. Die bunten Bilder an den Wänden und die gemütliche Liege- und Leseecke verrät, dass das ein besonderer Raum ist. Wenn die Hausaufgaben unter Aufsicht eines Pädagogen erledigt sind, lädt der Raum zum Entspannen ein. Wolf findet das wichtig: „Ohne Auszeiten geht es im anstrengenden Schulalltag nicht.“