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Ende 2017 hat der Gemeinderat Hochdorf auf Druck von Bürgerinitiativen seinen Beschluss zur Ganztagsschule aufgehoben. Die Bürger sollten 2021 entscheiden. Die Mehrheit des Gemeinderats wollte nicht so lange warten. Nun spricht der Bürgermeister von einem Affront.

HochdorfIm Herbst 2017 ließ das Thema Ganztagsschule die Wogen in Hochdorf hochschlagen. Nun kommt wenige Tage vor der Kommunalwahl wieder Unruhe auf. Eine von einer „Mitte“-Gemeinderätin gewünschte Korrektur zum EZ-Bericht vom 14. Mai über die Kommunalwahl hat die Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler und Vertreter der Bürgerinitiative auf die Palme gebracht. Die Eßlinger Zeitung produziere Fake-News und befördere mit ihrer Art des Journalismus den Populismus. Auch Bürgermeister Gerhard Kuttler kritisiert die Berichterstattung kurz vor der Wahl aufs Heftigste.

Die Vorgeschichte und die verschiedenen Beschlüsse sind nicht ganz einfach nachzuzeichnen, zumal sie nicht einheitlich interpretiert werden. Die Mehrheit des Gemeinderats wollte 2017 „die verbindliche Ganztagsschule einführen“, die Elterninitiative habe darauf in einem Bürgerbegehren den Gemeinderat aufgefordert, „seinen Beschluss für eine rhythmisierte Ganztagsschule aufzuheben.“ So fasste die EZ am 14. Mai zusammen. Das stimme nicht, meldete sich daraufhin Gemeinderätin Birgit Wiesenhütter (Die Mitte), es habe nie eine Mehrheit für eine verbindliche Ganztagsschule gegeben. Man habe lediglich beschlossen, dass Verwaltung und Schulleitung ein Konzept entwickeln, um zum Schuljahr 2020/2021 einen Antrag für eine rhythmisierte Ganztagsschule mit ganztägigem, verbindlichem Angebot zu stellen. Der Wortlaut in der Korrekturmeldung lautete geringfügig anders: „um rechtzeitig beim Schulamt einen Antrag stellen zu können.“

Das Wort „können“ macht nach Ansicht von Andrea Osthues (FW) und zwei Vertretern der Bürgerinitiative einen „entscheidenden Unterschied“ aus. Der Gemeinderat habe sehr wohl mit großer Mehrheit die „Einführung der verbindlichen Ganztagsschule bzw. die erforderliche Beantragung“ beim Schulamt beschlossen.

Nach dieser Sitzung im Juli 2017 haben sich Bürgerinitiativen formiert, was im Dezember 2017 zu einem Kompromiss mit dem Gemeinderat führte: Es werden zwei Konzepte erstellt, eines für die verbindliche Ganztagsschule und eines für die von den Eltern gewünschte flexible Schulkindbetreuung. Entscheiden sollen dann die Bürger im Frühjahr 2021.

Aus der Mail von Osthues sowie den Initiativenvertretern Ingmar Jenz und Christine Pesch geht hervor, dass der Gemeinderat am 29. Januar 2019 – nichtöffentlich – einen weiteren Beschluss gefasst hat. Dieser hebt den Kompromiss offenbar auf. Die Fragestellung lautete: Wer ist dafür, entgegen dem Beschluss vom 23. Januar 2018 nun seitens der Gemeinde den Weg in Richtung einer Wahl-Ganztagsschule zu gehen? Für die offene Schulform – nicht mehr die verpflichtende GTS – stimmten CDU, SPD, Die Mitte, Grüne und Gemeinderat Markus Steinhauser (FW). Dagegen votierten Bürgermeister Kuttler, Willi Heber und Andrea Osthues, beide Freie Wähler.

Nach Ansicht von Bürgermeister Kuttler hat sich der Gemeinderat damit „den nächsten Affront geleistet“. Vonseiten der Bürgerinitiativen gebe es keinerlei Interesse, den Kompromiss anzutasten. Kuttler: „Sollte der Gemeinderat seine neue Zielsetzung vorantreiben, dürften die Bürgerinitiativen in den Startlöchern stehen.“

Man habe in dieser Sitzung keinen Affront verursachen wollen, hält der CDU-Fraktionsvorsitzende Siegfried Albrecht dagegen. Hintergrund sei ein Gespräch Anfang Dezember 2018 in der Grundschule mit allen Fraktionsvorsitzenden gewesen. Die Lehrerinnen hätten sich sehr deutlich für eine Ganztagsschule ausgesprochen, eine Entscheidung erst 2021 sei ihnen zu spät. Deshalb habe man im Gemeinderat das Thema wieder aufgegriffen. Ziel sei es gewesen, mit der Bürgerinitiative und der Schulleitung ins Gespräch zu kommen, ob man früher ein Konzept erarbeiten könne. Bürgermeister Kuttler sollte nach diesem nicht-formellen Beschluss auf Schule und BI zugehen. In der Maisitzung des Gemeinderats fragte Wiesenhütter den Bürgermeister, ob er mit der die Schulleitung gesprochen habe. Laut Kuttler hatten „sowohl die Schule als auch die Bürgerinitiativen aktuell keinen Gesprächsbedarf“. Die Behauptung, er habe die Schule gar nicht informiert sei „selbstverständlich falsch“. Um es mit dem geflügelten Wort des Bürgermeisters auszudrücken: Es steht Aussage gegen Aussage.