Ob aus Holz geschnitzt, aus Ton gebrannt oder aus Papier gefaltet: Weihnachtskrippen sind die Leidenschaft von Sammlerin Sylvia Schmon. Foto: Bail - Bail

Das Filderstadtmuseum zeigt Weihnachtskrippen aus zwei Jahrhunderten. Ob aus Holz geschnitzt, aus Papier gefaltet oder aus Ton gebrannt: Was hübsch anzusehen ist, verrät viel über die Kultur seiner Epoche.

FilderstadtSie gehört zu Weihnachten wie die Gans oder der Tannenbaum: die Krippe. Sie macht nicht nur die Bedeutung des Festes, die Geburt Jesu, anschaulich. Die Weihnachtskrippe vermittelt auch ein Stück familiärer Geborgenheit und hat in vielen Haushalten Tradition. In diese wohlige Weihnachtsatmosphäre können Besucher des Filderstadtmuseums in Bonlanden eintauchen. Im historischen Ambiente des ehemaligen Rathauses zeigt die Sammlerin Sylvia Schmon aus Grafenberg einen Großteil ihrer Krippenkollektion, die sie in 30 Jahren zusammengetragen hat.

„Zu Bethlehem geboren“ lautet der Titel der Ausstellung. Er bezieht sich auf den weihnachtlichen Liedtext von Friedrich von Spee aus dem Jahr 1637 und macht deutlich, worum des Filderstadts Stadtarchivar Nikolaus Back geht: Die Krippen samt Figuren sind zwar wunderschön anzusehen, doch sie sind mehr als Dekoration. Durch die verschiedenen Darstellungen der Geburt Christi geben sie einen kulturhistorischen Abriss von zwei Jahrhunderten.

Egal ob das Personal aus Holz geschnitzt, aus Papier gefaltet, aus Ton gebrannt wurde, barock-opulent oder stilisiert wie in den 20er-Jahren: Im Zentrum der Szenerie steht immer die Heilige Familie, Maria und Josef mit dem Jesuskind in der Futterkrippe. Seit Ende des 16. Jahrhunderts gibt es diese ursprünglich katholische Tradition der Krippendarstellung in Deutschland. Besonders faszinierend sind die Papierkrippen, die, weil erschwinglich, auch Arme-Leute-Krippen genannt wurden oder Faulenzerkrippen, da sie mit wenigen Handgriffen aufgestellt sind, wie die Sammlerin erklärt. Sie kamen im 18. Jahrhundert auf, wurden erst handbemalt, später maschinell bedruckt.

Obwohl es um winterliche Symbolik geht, ist gerade in den Papierkrippen oft Exotisches zu finden. So zieren häufig Palmen den Stall, manche Figuren wirken orientalisch. Aber auch in der Barockkrippe aus dem 18. Jahrhundert, die Schmon aus einem Augsburger Bauernhof hat, besteht der Hofstaat neben Hirten und Königen aus Kamelen. Verblüffend, die Darstellung: Das Tier ähnelt einem Pferd und erinnert stark an Urmel aus dem Eis. Einfach geschnitzt und doch ausdrucksstark und wie in Bewegung wirken die Figuren. Ein Schaf etwa kratzt sich mit dem Hinterhuf an der Brust, vorne flackern Flammen und unter dem Giebel liegt ein Gegenstand, der stark an eine goldene Keule mit Stacheln erinnert. Um was es sich tatsächlich handelt, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben. „Keiner weiß, was es bedeutet“, sagt die Sammlerin.

Die Hochzeit der Krippen war zwischen 1880 und der Jahrhundertwende. Aus dieser Zeit stammen viele Exponate der Sammlerin, die damit auch ein altes Kunsthandwerk bewahren und an Weihnachten als großes Familienfest erinnern möchte. Die Krippenfiguren aus Ton, sogenannte Bachene, also Gebackene, kamen um 1750 in Mode. Im Oberschwäbischen gab es viele Tongruben. Wenn die Arbeiter im Winter nichts zu tun hatten, stellten sie Krippenensembles her. Auch Adam und Eva aus dem „Paradiesgärtle“ sind dort zu finden, wie Gott sie schuf.

Außergewöhnlich, schon allein wegen der Größe, ist die Kirchenkrippe mit Gipsfiguren im Nazarenerstil um 1900 aus Bamberg. Hier gilt wie bei den übrigen empfindlichen Exponaten auch: Berühren verboten! Obwohl die heute alles andere als politisch korrekte dunkelhäutige Figur mit dem Nickköpfchen auf der Spendenkasse schon sehr zum Einwerfen einer Münze verlockt. „Vergelt’s Gott“ steht vorne drauf.

Aufwendig bemalt sind die Kleider der Wachsfiguren aus den 40er-Jahren. Der günstige Werkstoff war in kargen Zeiten sehr beliebt. Vermutlich aus der Zeit um 1900 stammt das Ensemble mit dem ausgeprägt schwungvollen Faltenwurf der mit Leim getränkten Kleider. Die Bemalung mit Längsstreifen lässt die Szenerie im Barockstil lebendig wirken. Erst dieses Jahr erhielt Sylvia Schmon diese Krippe, stark beschädigt und verdreckt. Ein befreundeter Restaurator schuf daraus ein Glanzstück der Sammlung.

Die große Grulicher Krippe ist ein Paradebeispiel der nordböhmischen Schnitzkunst vor 1900. Einfach gefertigt und mit Papier ausmodelliert, präsentieren sich die farbenfrohen und liebevoll gestalteten Figuren, die prächtigen Schlösser, fürstliche Burgen und prächtige Kirchen mit goldenen Kuppeln, Türmchen und verspielten Fassaden. Neben zahlreichen Darstellungen des Jesuskinds in der Krippe gibt es prunkvolle Lithografien wie das Prager Jesulein aus Krepppapier und Oblate zu bewundern, handgeschriebene und -gemalte Weihnachtsbücher und sogar eine blecherne Keksdose mit Krippenszenerie, die – viel benutzt – offenbar über Generationen vererbt wurde.

Die Ausstellung ist während der Feiertage am 26. und 30. Dezember sowie am 9. Januar 2019 zu sehen. Sie dauert bis 3. Februar und ist immer sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet.