Stefan Österle präsentierte das Leben des Schriftstellers Hermann Hesse. Foto: Dietrich - Dietrich

Die Hospizgruppe Altbach besteht seit 25 Jahren. Zum Geburtstag schenkte sie ihren Mitarbeitern und anderen Gästen eine Aufführung von „Dein Theater“.

AltbachIm Februar 1994 begann die Hospizgruppe Deizisau, 2009 wurde sie auf Altbach erweitert. So gab es gleich einen doppelten Geburtstag zu feiern: 25 Jahre Hospizgruppe, zehn Jahre in Altbach. 2016 kam dann das Johanniterstift Plochingen dazu. Seit im Oktober 2016 in Deizisau der Palmsche Garten eröffnet wurde, ist die Hospizgruppe auch dort tätig. Seit Februar 2017 gibt es dort als Akutzimmer das Cicely-Saunders-Zimmer, das sich als sehr notwendig erwiesen hat. „Wir sind auch für das künftige Pflegeheim in Altbach offen“, versicherte Vorstand Klaus Hillius. Er dankte den rund 40 Ehrenamtlichen und den Einsatzleiterinnen Gerda Schmid und Sigrid Pils.

Den Geburtstag feierte die Hospizgruppe an allen drei Orten, jedes Mal ganz anders. In Altbach schenkte sie ihren Mitarbeitern und anderen Gästen eine hervorragende Aufführung von „Dein Theater“: Im 50-Minuten-Stück „Reiselust“ verkörperte Stefan Österle den Dichter Hermann Hesse. Sein Lebenslauf passte bestens zur Hospizgruppe: Gegen Ende seines Lebens sah Hesse einen alten Mann im Bett liegen und befand, dass könne doch wohl nicht er selbst sein.

Den großen Saal des Altbacher Rathauses für eine Veranstaltung umzuräumen, ist aufwendig, doch Bürgermeister Martin Funk hieß die Hospizgruppe sehr gerne in der „guten Stube“ der Gemeinde willkommen. Die Hospizgruppe biete Unterstützung in den schwersten Stunden des Lebens. In einer Gesellschaft, die sich immer mehr individualisiere und in der die Familie oft nicht mehr trage, werde die Hospizarbeit immer wichtiger. „Sie ist ein Akt der Nächstenliebe.“

Beeindruckende Vorstellung

Wie individuell das Leben von Hermann Hesse war, zeigte Stefan Österles Darstellung ganz schnell. Rund 90 Prozent der Texte waren Originaltexte von Hesse, der Rest dramaturgische Verbindungen. Wie reibungslos Österle das alles auswendig präsentierte – ganz ohne Spickzettel, Souffleuse oder Teleprompter – erstaunte umso mehr, da dies nur eines von zwölf Programmen des Künstlers ist. Was erschwerend hinzukam: Die Vorstellung war die Kurzfassung eines Programms, das in Langfassung 90 Minuten geht. In so einem Fall ist es für einen Künstler nicht leicht, an einer textlichen Weggabelung die richtige Richtung zu nehmen. Still im Hintergrund sorgte Dijana Antunović unter anderem für die vielen Musikeinspielungen.

Denn ohne Musik konnte Hermann Hesse nicht leben: „Ich mache keine Musik, aber ich brauche stets Musik.“ Zur Kunst des Pfeifens hatte er es jedoch gebracht: „Ich will auf alle Welt pfeifen.“ Das Pfeifen beherrschte auch Österle ganz wunderbar. Mit 15 Jahren begann Hesse, zuvor ein schlechter Schüler, mit seiner Selbstausbildung, in der Bibliothek des Großvaters. Echte Bildung, betonte er, sei nie die Bildung zu irgendeinem Zweck, sie habe ihren Wert an sich. Um auf eigenen Beinen zu stehen, wurde er Buchhändler.

Humor als Stärke

Dreimal hat er geheiratet, seine Frauen waren nicht zu beneiden. Er sei unpassend für einen Familienvater, schrieb Hesse über sich selbst, er wolle zwar zuhause bleiben, doch er habe eine unheilbare Reiselust. Fünf, sechs Monate im Jahr auf Reisen, und dann Vater von drei Söhnen? Was wäre, wenn seine Frau den gleichen Abschied von Konventionen, dieselbe „Flucht aus Normalien“ beansprucht hätte wie er? Da wären wohl die Fetzen geflogen, doch die Zeiten waren damals andere. Hesse beanspruchte für sich das Recht, sich zu verändern. „Die anderen wollen, dass man bleibt, was man war.“ Er liebte den Neubeginn: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“

Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges fehlte Hesse die allgemeine Begeisterung. Er sei gerne Patriot, schrieb er, aber vorher Mensch, und letzteres gehe vor. Ein Merksatz für alle Zeiten. Zu allen Berufen gebe es einen Weg, nur für den Dichter gebe es das nicht, hatte er in jungen Jahren geschrieben. In älteren Jahren wurde er mit Preisen überhäuft, bekam 1946 den Nobelpreis für Literatur. Er bekam zudem 100 bis 500 Briefseiten pro Tag und hat bis zu seinem Tod fleißig 35 000 Briefe beantwortet. Neben seinem Fleiß war der Humor eine Stärke von Hermann Hesse. Mit diesem Humor konnte er selbst das Sterben „so verflucht langsam und stückchenweise“ betrachten.