Ministerpräsident Winfried Kretschmann informiert sich im Kontrollzentrum der TransnetBW bei Holger Kempernolte. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

(lsw) - Die Stromversorgung in Baden-Württemberg wird seit gestern zentral von der sogenannten Hauptschaltleitung in Wendlingen aus gelenkt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach bei einem Besuch vom „Nervenzentrum“ der Energiewende.

Wann wie viel Strom von wo nach wo muss, wird in der Hauptschaltleitung entschieden und gesteuert. In ihr neues Kontrollzentrum für das Stromübertragungsnetz hat die TransnetBW knapp 50 Millionen Euro investiert. Gestern ist die Leitstelle offiziell in Betrieb genommen worden. Sie sei unerlässlich für das Gelingen der Energiewende, hob Kretschmann hervor. Die EnBW-Tochter habe „zur rechten Zeit viel Geld in die Hand genommen“, um die Hauptschaltleitung zu erneuern und fit für die nächsten großen Wegmarken der Energiewende zu machen. Hier würden die Fundamente dafür gelegt, dass die Versorgungssicherheit garantiert werden könne. Das sei nicht nur für das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger entscheidend, sondern auch für die Industrie.

Warum die Stromversorgung dies neue „Herz“ benötige, verdeutlichte Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium: Strom komme nun mal nicht mehr wie früher aus deutschlandweit 250 Großkraftwerken, sondern aus 1,8 Millionen Quellen - von der kleinen Solaranlage auf einem Dach bis hin zum Atomkraftwerk. Ein Großteil der Stromproduktion sei wetterabhängig, intelligentes Verteilen unerlässlich. Mit dem Abschalten der Atomkraftwerke und dem Ausbau der Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Wasser werde ein reibungslos funktionierendes „Nervensystem“ nochmal wichtiger, sagte Kretschmann. Erst recht, wenn die geplanten Trassen SuedLink und Ultranet Strom aus dem Norden Richtung Süden bringen werden. Baden-Württemberg bleibe Strom-Importland. Die Leitungen enden in Philippsburg nahe Karlsruhe und Leingarten bei Heilbronn. Der Strom wird von dort ins Land verteilt. Baden-Württemberg hat das Ziel, 2050 rund 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu ziehen.

Herzstück der Anlage in Wendlingen ist eine 18 mal sechs Meter große Monitorwand, deren Darstellung für Laien eher nach einem Strickmuster aussieht. Jedes Kraftwerk, jedes Umspannwerk, jede Verteilleitung im Land sind dokumentiert. Die Experten, die etliche weitere Bildschirme kontrollieren, sehen auf einen Blick, welches Kraftwerk gerade Strom ins Netz gibt, wie viel Strom produziert und wie viel tatsächlich benötigt wird.

Ausfälle würden hier in Sekundenschnelle aufgezeigt, bei größeren unterstützt durch einen Gongschlag. Per Telefon können die Mitarbeiter dann rasch nachsteuern, andere Stromquellen zuschalten oder Strom umlenken. An 300 Tagen im Jahr müsse man irgendwo regelnd eingreifen, berichtete Jens Langbecker von TransnetBW. Mit durchschnittlich zwölf Minuten Stromausfall im Jahr liege Baden-Württemberg ganz weit vorn, sagte Baake. In den USA etwa seien bis zu 200 Minuten normal.