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Gespalten sind die Bürger von Neuhausen, was die Verlängerung der S-Bahn angeht. Die einen sind froh, dass die Fildergemeinde nach Jahrzehnten wieder einen Schienenanschluss bekommt. Die anderen machen sich Sorgen wegen des Flächenverbrauchs, oder sie erwarten mehr Lärm.

Neuhausen Bei der Sommerredaktion zur S-Bahn-Verländerung und zur damit verbundenen städtebaulichen Entwicklung war der Andrang groß. Viele der Besucher der EZ-Stands vor dem Rathaus machten gestern ihrem Ärger über die wachsende Verkehrslast in der Gemeinde Luft. Sie wünschen sich, dass die Kommune und die Region dem Problem mit einem überzeugenden Verkehrskonzept begegnen. Davon ist die Verlängerung der S 2 ein Baustein.
Was den Lärm von den Bahnschienen angeht, haben die Planer der Stuttgarter Straßenbahnen AG bereits ein umfassendes Schutzkonzept für die Menschen entwickelt, die an der Strecke leben. „Der Lärmschutz für die betroffenen Anwohner wird modellhaft“, ist Volker Christiani überzeugt. Der Chefplaner für das Projekt will da Maßstäbe setzen und betroffenen Anwohnern den besten Schutz bieten. Das beruhigt diese nur bedingt. Die Neugestaltung des Bahnhofsareals mit Wohn- und Gewerbeflächen sehen viele Bürgerinnen und Bürger auch als Chance. Hier die Stellungnahmen im Überblick:

Helga Eisele (69), Neuhausen: Die meisten Leute haben zwei oder mehr Autos. Damit fahren sie auch, und deshalb ist unser Straßennetz überlastet. Daran wird die S-Bahn wenig ändern, denn die Leute sind bequem. In der Kirchstraße wird es eng, an der Nepomuk-Brücke kommt es immer wieder zu Engpässen. Da sollte sich die Gemeinde zuerst Gedanken über das Verkehrskonzept machen.

Georg Eisele (71), Neuhausen: Es ist schon in Ordnung, dass die S-Bahn nach Neuhausen kommt. Allerdings finde ich den Bahnhof in Bernhausen schon ausreichend. Man kommt gut mit Bus und Auto hin. Da kostet das Parken auch nur einen Euro. Kommt die S-Bahn zu uns, gibt es noch mehr Autoverkehr, denn die Leute müssen ja zum Bahnhof kommen. Mit den neuen Wohngebieten hält das unser Straßennetz nicht mehr aus.

Ramona Federschmid (57), Neuhausen: Als Anwohnerin der künftigen S-Bahn-Strecke bin ich sehr besorgt. Da werden bei uns die Kaffetassen wackeln, wenn die Züge fahren. Und davor habe ich Angst. Ich ärgere mich über die Vorgehensweise der Planer, denn die betroffenen Bürger wurden zu wenig mitgenommen. Meines Erachtens wurde auch die Kosten-Nutzen-Bilanz des S-Bahn-Projekts geschönt. Was die Trassenführung angeht, bin ich gar nicht einig, denn Neuhausen wird lange Endbahnhof sein. Eine Strecke am Rand unserer Gemeinde nach Denkendorf wäre sinnvoller. Denn sollte der Ringschluss ins Neckartal kommen, ginge es durch die Ortsmitte in Neuhausen nicht weiter.

Andreas Bader (41), Neuhausen: Die Streckenführung für die S-Bahn in den Ort finde ich falsch. Die Verlängerung der S 2 bis zur Firma Fanuc am Ortseingang von Neuhausen hätte ich mir vorstellen können. Dann wären auch für die Zukunft Optionen offen. Man hätte auf der alten Filderbahnlinie Richtung Esslingen einen neuen Schienenanschluss schaffen können. Denn die S-Bahn nach Stuttgart wird deutlich länger brauchen als Bus und U-Bahn ab dem Kreuzbrunnen im Scharnhauser Park. Die vielen neuen Leute, die nach Neuhausen in den Neubaugebiete ziehen, machen mir Sorgen. Aus meiner Sicht muss die Gemeinde nicht auf 13 000 Einwohner wachsen. Wichtig ist, für die Menschen, die hier leben, eine qualitativ gute Infrastruktur zu halten.

Helga Hugo (59), Neuhausen: Als Radfahrerin kann ich mir nicht vorstellen, wie ich künftig die S-Bahn-Schienen überqueren soll. An die Radler wird bei dieser Planung zu wenig gedacht. Dabei ist dieses Verkehrsmittel mit Blick auf umweltfreundliche Mobilität wichtig. Ich frage mich auch, wie ich angesichts des vielen Verkehrs in der Kirchstraße künftig zur S-Bahn kommen soll. Schon jetzt muss ich ewig warten, bis alle Autos vorbei sind.

Ottmar Kröckel (59), Neuhausen: Das Verkehrsproblem, das es jetzt schon gibt, wird durch die S-Bahn nicht gelöst. Ich war bei den Veranstaltungen zum Integrierten Gemeindeentwicklungskonzept (IGEK), aber vermisse noch eine Lösung für die innerörtlichen Engpässe. Die Anregungen der Bürger finden zu wenig Gehör.

Inge Repper (84), Neuhausen: Mir reichen die Busverbindungen, um nach Esslingen oder nach Stuttgart zu kommen. Für junge Leute, die berufstätig sind, ist der Schienenanschluss natürlich attraktiv. Ich lebe relativ weit vom Bahnhof entfernt, und da würde ich ohnehin einen Zubringer zum Bahnhof brauchen. Das muss geklärt werden.

Julitta Törpe (71), SPD-Gemeinderätin, Neuhausen: Die S-Bahn ist eine Chance für unsere Gemeinde. Und ich verspreche mir von der Neugestaltung des Bahnhofsareals städtebaulich viel. Besonders wichtig ist ein Ärztehaus für Neuhausen, und das Areal beim Bahnhof ist da genau der richtige Ort. Dann hätten wir eine reelle Chance, Fachärzte wie einen Urologen oder einen Augenarzt hier anzusiedeln. Es ist sehr schwierig gerade für ältere Menschen, für solche Behandlungen nach Bernhausen zu müssen. Um den Bahnhof gut anzubinden, brauchen wir zwingend einen Bürgerbus, der regelmäßig verkehrt.

Wolfgang Törpe (76), Neuhausen: Wir müssen den Verkehr in Neuhausen neu denken. Eine Seilbahn könnte viele Menschen dazu bewegen, aufs Auto zu verzichten. Da haben andere Städte gute Erfahrungen gemacht. Weshalb soll sich das nicht auch bei uns rechnen? So ließen sich die Wohngebiete in Richtung Wolfschlugen gut mit der Ortsmitte verbinden. Mich ärgert, dass sich viele über den Vorschlag lustig machen. Diese Pläne sollten wir unbedingt verfolgen.

Wolfgang Rentschler (62), CDU-Gemeinderat, Neuhausen: Wir hätten die S-Bahn vor 30 Jahren bauen sollen. Da haben die Regionalpolitiker nicht rechtzeitig reagiert, denn für die Berufspendler ist das eine gute Alternative. Ich wünsche mir von der Region wie vom Land mehr Weitblick und Konzepte, die den Verkehr in der Region im Blick haben. Es ärgert mich, dass Bürgermeister der Neckartal-Kommunen über einen S-Bahn-Ringschluss nachdenken, für den Neuhausen untertunnelt werden müsste. Die Pläne des Büros Baldauf für die Neugestaltung unseren Bahnhofsareals sind hervorragend.

Marlise Rief-Blomert (67) und Reinhard Blomert (66), Berlin: Wir kommen aus Neuhausen, haben dort viele Jahre gelebt und wohnen derzeit in Berlin. Wir finden die S-Bahnverlängerung an sich gut, denn es kann den Verkehr auf den Straßen entlasten. Dafür muss es aber auch richtig umgesetzt werden: Die Bahntickets dürfen nicht zu teuer werden, schließlich muss man auch einen Anreiz fürs Bahnfahren schaffen. Und man muss dafür sorgen, dass es auch eine gute Anbindung mit dem Bus zur S-Bahn gibt. Die Lebensqualität muss erhalten bleiben: Die Gemeinde ist sehr lebendig und aktiv mit viel Vereinsleben.

Anita Preisser (61), Neuhausen: Ich finde es einfach ein Unding, dass ein Bahnticket nach Stuttgart 4,80 Euro kostet, denn das ist einfach viel zu teuer. Schienen nehmen Platz in der Landschaft weg. Man hätte auch eine Seilbahn von Bernhausen nach Neuhausen bauen können: Da steigt man einfach ein und braucht nicht zu warten.

Roland Raff (77), Neuhausen: Ich habe die Befürchtung, dass die Wilhelm-Maybach-Straße, Gottlieb-Daimler-Straße und die Robert-Boschstraße zugeparkt werden – die Straßen sind ohnehin zu eng. Was ich auch noch bemängele ist, dass es bei der Firma Zimmermann keinen direkten Weg zur Bushaltestelle gibt. Da muss man einen großen Umweg gehen.

Helmut Roth (64), Neuhausen: Ich bin für die S-Bahn-Verlängerung. Stuttgart bietet kulturell sehr viel. Doch sie erschließt nicht den Weg nach Esslingen. Weitere Anbindungen, etwa nach Denkendorf, wären sinnvoll und da gäbe es auch Möglichkeiten. Außerdem ist die neue S-Bahn-Strecke nur eingleisig und den Takt von 30 Minuten finde ich zu lang. Auch die Ticketpreise sind astronomisch.

Josef Kollmitzer (73) aus Neuhausen: Ich halte die geplante S-Bahnverlängerung für eine Fehlentscheidung. Richtig wäre eine Ringverbindung nach Nellingen, Denkendorf ans Neckartal gewesen, denn die Leute wollen eher nach Esslingen. Hier kann man dann die Bahn unterirdisch verlegen. Man muss bei solchen Vorhaben an die Nachbarorte denken.

Helmut Mayer (75) aus Neuhausen: Wenn man die Chance hat, dann muss man sie richtig nutzen. Zum einen sollte die Bahn zweigleisig fahren, zum anderen sollte der Bahnhof so gebaut werden, dass die Möglichkeit entsteht, einen direkten Anschluss nach Esslingen zu machen, zum Beispiel mit einer Stadtbahn (U18) auf der alten Trasse der ehemaligen Stadtbahn nach Esslingen. So könnten wir auf den Fildern mit der S-Bahn sowohl Esslingen als auch Stuttgart erreichen.

Claudia Eisele (61), Neuhausen: Ich wohne seit 21 in Neuhausen und mich beunruhigt die seit Jahren steigende Verkehrsbelastung. Hier fährt ab 6 Uhr morgens bis halb 9 der Berufsverkehr durch das Wohngebiet, Lkw fahren durch schmale Straßen. Das ist so schade für den Ort - und lebensgefährlich. Ich kann nicht mehr ohne Gefahr aus meiner Ausfahrt rausfahren. Mich belastet die Situation sehr. Ich habe auch schon mit der Gemeinde darüber gesprochen, doch sie möchte nichts dagegen machen. Nicht einmal Kontrollen werden durchgeführt.

Christian Maier (26), Neuhausen: Ich finde die S-Bahn-Pläne gut, obwohl ich sie kaum nutzen werde. Ich arbeite hier im Ort. Dass die Gemeinde eine so umfassende Bürgerbeteiligung macht, gefällt mir. Ich war bei den IGEK-Veranstaltungen dabei. Das hat mir sehr gefallen.

Helmut Meixner (74), Neuhausen: Die S-Bahn-Verlängerung kann zum Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr bewegen. So hat man eine gute Verbindung nach Stuttgart.

Gisela Fuchs (62), Neuhausen: Ich finde es schwierig, dass Neuhausen Endstation wird – und zwar für lange Jahre. Der Bahnhof könnte sich zum Brennpunkt entwickeln – so wie wir es jetzt in Bernhausen erleben.

Waltraud Collette (83), Neuhausen: Durch die neue S-Bahn-Strecke werden die Vorgärten meiner Nachbarn und Freunde zerstört. Das finde ich nicht gut. Wir haben genug Busse, die regelmäßig fahren. Ich komme auch jetzt überall hin.

Sabine Mickeler (55), Esslingen: Als Chefin der Löwen-Apotheke in der Bahnhofstraße hoffe ich, dass im Zuge der Umgestaltung auch unser Bereich attraktiver wird. Das kommt dem Einzelhandel zu Gute. Die S-Bahn ist eine große Chance für Neuhausen. Gerade für Berufspendler ist der Schienenanschluss ein Gewinn. Ein Ärztehaus auf dem Bahnhofsareal ist aus meiner Sicht eine gute Idee. Mit mehr Fachärzten vor Ort könnten wir Apotheker noch intensiver zusammenarbeiten.

Volker Krause (52), Neuhausen: Als direkt Betroffener, der an der künftigen S-Bahn-Strecke lebt, bin ich wegen des Lärmschutzes sehr besorgt. Mich ärgert aldie Informationspolitik der Gemeinde. Da dringt zu wenig durch. Wenn man sich dort meldet, hört man erst mal nichts. Die Gemeinderäte sind allerdings eine Wucht. Die habe ich angesprochen, und sofort eine Reaktion erhalten. Die Gemeinde sollte sich dafür engagieren, dass wir Anwohner den bestmöglichen Schutz bekommen. Da sehe ich Defizite. Da kämpft der OB von Leinfelden-Echterdingen ganz anders. Dass die Kosten von 70 auf 130 Millionen Euro geklettert sind, kann ich schwer nachvollziehen.
Die nächste Sommeredaktion gastiert am Dienstag, 28. August, zwischen 11 und 13 Uhr auf dem Marktplatz Esslingen. Es geht um die Auswirkungen der Sanierung und der 15-monatigen Sperrung der Geiselbachstraße, der Hauptverkehrsader in die nördlichen Stadtteile.