Zurück am Jugendzentrum speichern die Jugendlichen noch einige Anmerkungen ab. Projektleiterin Kerstin Meißner und Jugendhausleiter Michael Burbach freuen sich über das Engagement der Jungen und Mädchen. Foto: Ait Atmane Quelle: Unbekannt

Es gibt Plätze, die Jugendliche aufsuchen, andere meiden sie. Woran liegt das? Was könnte man verbessern? Mit dem Projekt „Stadtdetektive“ machen sich Plochinger Schülerinnen und Schüler daran, die Stadt aus ihrer Perspektive zu erkunden. Als Werkzeug dient eine App fürs Handy, die auch gleich die Ergebnisse dokumentiert - um sie dann der Stadt zu präsentieren.

Von Karin Ait Atmane

Wie soll man zur Hauptverkehrszeit da rüber kommen? Eine Gruppe Jugendlicher, begleitet von zwei erwachsenen Betreuern, steht am Straßenrand und schaut auf die andere Seite zum Bike-Park. Ein Auto nach dem anderen rauscht vorbei, ein Lastwagen lässt die Hupe ertönen. Selbst für die 13- und 14-Jährigen ist diese Straße ein Hürde, von Jüngeren ganz zu schweigen. „Dann macht mal ein Foto und vielleicht eine Tonaufnahme“, sagt Michael Burbach, der Leiter des Plochinger Jugendzentrums. Emma zückt ihr Handy. Sie hat wie die anderen die kostenlose App „Stadtsache“ heruntergeladen. Diese regt mit Fragen dazu an, die Umwelt genau zu studieren und zu dokumentieren. Fotos, Videos, Tonclips und Notizen werden automatisch mit Geodaten versehen und können so Orten zugeordnet werden. Auch komplette Wege lassen sich aufzeichnen. Und mit einem Zähler könnte die Gruppe beispielsweise festhalten, wie viele Autos an dieser Stelle in einer bestimmten Zeitspanne vorbeifahren.

Das Jugendzentrum bietet das Projekt an, der Landkreis unterstützt es mit Fördermitteln aus dem ESF-Modellprogramm „Jugend stärken im Quartier“ (Justiq). Beim ersten Durchgang sind drei Gruppen in verschiedenen Teilen der Stadt unterwegs, aus der Werkrealschule und aus einer Vorbereitungsklasse für Flüchtlinge ebenso wie Realschüler und Gymnasiasten.

Den Umgang mit der Technik meistern die Jugendlichen spielerisch, das ist für sie digitaler Alltag. Sie werden zudem von Anke M. Leitzgen begleitet, die „Stadtsache“ mitentwickelt hat und den Einsatz in der Praxis miterleben möchte. Denn erst seit März ist die App frei zugänglich. Üben müssen einige der Jugendlichen noch den analytischen Blick: Woran liegt es, dass ich mich hier wohlfühle oder nicht? Das klar zu benennen, ist gar nicht so einfach.

Can kann seine Meinung zum Bike-Park formulieren, dort war er schon öfter. Die Bahn sei nicht schlecht, es mache Spaß, darauf zu fahren, sagt er, „aber da sind halt auch viele Glasscherben“. Auch eine Sitzgelegenheit im Schatten fehlt, und das Umfeld sieht aus wie eine Baustelle, überlegen die Jugendlichen mit den Betreuern zusammen weiter. Die Gruppe hat mit der „Stadtsache“-App den Weg zum Skateplatz dokumentiert. Sie mussten vier Straßen überqueren und mindestens die dreifache Strecke der Luftlinie zurücklegen.

Einige sind noch nie hier gewesen. Mal die ganze Stadt abzulaufen und unter die Lupe zu nehmen, ist der erste Schritt im Projekt, analysieren und in Worte fassen der zweite. Lilli, Panagiota und Marlene waren mit ihrer Gruppe auf dem Stumpenhof unterwegs und haben dort auch vieles gefunden, was ihnen gefällt, wie der Kletterwald oder der Minigolfplatz.

„Das war heute das erste Herantasten“, sagt Kerstin Meißner, die Projektleiterin der Stadtdetektive Plochingen, als alle zur Schlussrunde wieder im Jugendzentrum ankommen. „Morgen wird dann vertieft.“ Und in zwei Wochen sollen die Ergebnisse bei den Entscheidungsträgern landen: Sie werden den Vertretern der Stadt und der Bevölkerung im Alten Rathaus präsentiert. Diesen dritten Teil hält Burbach für besonders wichtig. Es gehe darum, den Jugendlichen zu zeigen, dass sie gehört werden, dass es einen Sinn hat, seine Meinung zu sagen, betont er. Damit das auch wirklich eintritt, will man in einigen Monaten nochmal mit den städtischen Vertretern zusammenkommen - dann sollen diese Rechenschaft ablegen, was aus den Anregungen wurde.