Trotz kleiner Halle herrschte viel Trubel in der Radfahrer-Halle Foto: Dietrich - Dietrich

Der Andrang war groß, über 70 Fahrräder haben einen neuen Besitzer gefunden. Die jetzige Radfahrerhalle ist laut Fahrrad-Club ADFC aber zu klein.

OstfildernAm Ende stand es 73 zu 68: Von 141 Fahrrädern, die Verkaufswillige zum Radbasar des Fahrrad-Clubs ADFC in die Halle des Radfahrervereins Kemnat gebracht hatten, hatten 73 einen neuen Besitzer gefunden. Doch gewonnen hatten alle: Mancher Verkäufer endlich Platz, Käufer ein günstiges Rad, die Umwelt durch die Wiederverwendung und der ADFC einen Erlös für seine Vereinsarbeit.

Wenn diese Fahrräder erzählen könnten, sie hätten viel zu sagen. Etwa der blaue Edelrenner, den ein 70-Jähriger gebracht hatte, ein Leichtgewicht, bei dem die reduzierten Speichen auch noch windschnittig waren. Ein Paar begutachtete das Rad: „Andy, willst du das zum Geburtstag?“, fragte die Frau aufmunternd. Er zögerte. „Ich brauche nicht immer das Neueste.“ Die Traumpartnerin legte nach: „Ich putze es dir auch.“ Schließlich hinterließ er seine Telefonnummer, falls das Rad übrig bleiben sollte. Doch für 400 Euro hatte sich bald ein anderer Käufer einen Fahrradtraum erfüllt. Nicht verkauft wurde aber ein anderer Edelrenner, der 999 Euro kosten sollte, doch auch bei ihm kam es zum Austausch von Telefonnummern. Der derzeitige Besitzer hat bemerkt, dass er doch lieber mit einem anderen Rad über Waldwege fährt als mit dem Rennrad auf der Straße.

Lange Schlangen

Eines der wenigen Pedelecs stammte vom Kreisvorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, Thomas Rumpf. Er hatte auf einem Beiblatt seine Preiskalkulation offengelegt: 20 Prozent vom einstigen Neupreis von 1999 Euro und die Hälfte der Kosten der jüngst erneuerten Teile, inklusive Akku. Heraus kamen faire 780 Euro, das Rad ging weg. Und Rumpf, mit was fährt er nun? Er will sich übers Geschäft ein neues Rad mit einem verschleißarmen Keilriemen leasen.

Eröffnet wurde der Radbasar mit einer alten Schulglocke aus Berlin, die Schlange stand auf dem Gehweg mehrere Häuser entlang. In Schüben ließen die ADFC-Aktiven die Interessenten ein, Klaus Reichert zählte immer zehn Leute ab. Wenn welche als Familie zusammengehörten, war er großzügig. Zu viele Kunden hätten aber in der eigentlich für den Radbasar zu kleinen Halle keinen Platz gehabt. Zum Probefahren ging es, nach Hinterlegen eines Pfandes, nach draußen. Gerne würde der ADFC künftig in eine größere Halle wechseln. Dort müsste er aber einen Teppichboden auslegen, was rund 1000 Euro kosten würde. Er hofft auf Unterstützung durch die Stadt Ostfildern. „Schließlich war der Radbasar eine Idee der städtischen Klimamanagerin Julia Gürth“, sagte Rumpf.

Bei manchen Käufern ging es auch in der engen Halle ganz schnell. Schon nach ein paar Minuten war der zehnjährige Jannes mit seinem nagelneu aussehenden Rad von Bulls für 80 Euro draußen. „Das haben wir schon gesehen, als es gebracht wurde, das mussten wir haben“, sagte der Papa, Jochen Stüting aus Nellingen. Bei der Auswahl kam es den Kunden nicht nur auf die Technik an. „Rosa geht immer gut“, meinte Mathias Rady, Geschäftsführer des ADFC-Kreisverbands, beim Anblick der Kinderräder. Garantie gab es aber keine, das Prinzessin-Lillifee-Fahrrad blieb übrig.

Wie am Schluss auch ein paar nicht verkaufte Räder, die vom Besitzer nicht mehr abgeholt wurden. Es gibt den offiziellen Weg, sein noch taugliches Rad im Falle des Nichtverkaufs dem ADFC zu spenden, so kamen vier oder fünf Räder vom Radbasar in Esslingen eine Woche zuvor nach Kemnat. Manche Anbieter versuchen es aber durch die Hintertür. Ein etwas ramponiertes Exemplar hatte selbst für fünf Euro niemand mehr haben wollen, nun muss sich der ADFC darum kümmern. Bei den 68 nichtverkauften Rädern lag es nicht immer am Preis. Ja, ein Käufer für ein voll gefedertes Rad für 1300 Euro muss erst noch gefunden werden. Aber ein Käufer für Rad Nummer 1 für schlappe zehn Euro auch, der minimalen Ausstattung wegen: Es war ein Einrad.