Bürgermeister Steffen Weigel begrüßt beim Neujahrsempfang alle Gäste mit Handschlag. Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Von Peter Dietrich

„Hallo, wie geht’s?“ Die wichtigste Frage beim Neujahrsempfang der Stadt Wendlingen im Treffpunkt Stadtmitte hat der Chor4you des Sängerbunds den Besuchern gesanglich gestellt. Dann schlug Bürgermeister Steffen Weigel den Bogen von der großen Politik zur eigenen Stadt. Er wandte sich gegen pauschale Politikerschelte: „Politiker aller Parteien, zumindest soweit ich sie kenne, arbeiten sehr hart.“ Dass Landrat Heinz Eininger da sei, trotz des Esslinger Neujahrsempfangs am selben Tag, wisse er sehr zu schätzen. Die Bundestagswahl habe ihn sehr beschäftigt, bekannte Weigel: „1260 Menschen in unserer Stadt haben einer Scheinalternative die Stimme gegeben. Nicht, weil sie latent fremdenfeindlich sind, sondern weil sie sich, aus meiner Sicht zu Unrecht, hier Antworten auf ihre Fragen erhoffen.“ Alle in politischer Verantwortung seien aufgerufen, „diesen 1260 Menschen Antworten zu geben, denn dazu sind wir gewählt“.

Weigel ging auf die Attacken auf Rettungshelfer und Polizisten ein: „Es gibt kaum etwas Verwerflicheres, als Menschen, die sich zum Wohle Anderer einsetzen, zu beschimpfen oder gar anzugreifen.“ Gefährlich seien „testosterongesteuerte Machos in der Regierung, ob sie nun Erdogan, Orban oder Trump heißen“. Er hofft auf ein Ende „einer jahrelangen Politik der Alternativlosigkeit und Einförmigkeit“. Es müsse wieder über unterschiedliche Denkansätze diskutiert werden. Wenn der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei allen Menschen ankomme, stimme etwas nicht. „Die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse steigt. Wir wissen seit Jahren um die Probleme in Pflege und Gesundheit.“ 16 Prozent der Bevölkerung sei armutsgefährdet.

Wohnen werde immer teurer. Deshalb habe der Gemeinderat beschlossen, zwei Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen zu bauen. Die Reserven bei den Gewerbeflächen seien in Wendlingen aufgebraucht, doch die Entwicklung des HOS-Areals werde noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Für das Baugebiet Steinriegel I könnten hoffentlich 2018 die Arbeiten an der Lauterbrücke beginnen. Bis 2035 seien auch drei Bauabschnitte des Baugebiets Schillingäcker-Gassenäcker geplant.

Sollte die Neubaustrecke nach Ulm vor Stuttgart 21 in Betrieb gehen, wünscht sich Weigel, dass weiterer Lärmschutz und ein Fernverkehrshalt in Wendlingen geprüft werden. S-Bahn und Nahverkehr dürften nicht eingeschränkt werden, im Gegenteil: Der 15-Minuten-Takt der S-Bahn sei bis Wendlingen zwingend notwendig, auch der Ringschluss der S-Bahn und weniger Lärms auf der Strecke nach Kirchheim. Dazu gebe es eine Veranstaltung mit der Bahn. Auch ein Jugendforum sei geplant. Die Bebauung des Häfner-Areals solle 2018 näher rücken. Derzeit würden zudem Erweiterungsmöglichkeiten des Rathauses untersucht, die Verwaltung brauche mehr Platz.

Den Landtagsabgeordneten Andreas Schwarz (Grüne), Karl Zimmermann (CDU) und Andreas Kenner (SPD) sagte Weigel, was er vom Land erwartet: Die Betreuung im Kindergarten müsse für die Eltern kostenlos sein. Das Land solle dafür Vorschläge erarbeiten. Vom Bund will Weigel, dass „Kapitalerträge endlich so versteuert werden wie Erträge durch Arbeit“. Auch zum Vorfall im Wendlinger Bahnhof am 29. Dezember nahm er Stellung: Wer sich straffällig verhalte, dürfe keine Schutzrechte mehr in Anspruch nehmen. Sonst schade es in erster Linie anderen Flüchtlingen.

Moritz Herbst zählt für Weigel zu den „stillen Stars der Stadt“. Mit acht Jahren begann das Mitglied des Radsportvereins Wendlingen mit dem Kunstradfahren, übt mittlerweile 20 bis 25 Stunden pro Woche und wurde bei seiner ersten Weltmeisterschaft in Dornbirn Vize-Weltmeister.