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Häusliche Gewalt soll nicht länger ein Tabuthema sein. Mit einer Plakataktion wollen Landkreis und Frauenvereine auf Hilfsangebote aufmerksam machen.

Kreis EsslingenÜber häusliche Gewalt wird nicht gerne geredet, oft genug wird weggeschaut. Die Betroffenen bleiben meistens allein. Mit einer Plakataktion will nun der Runde Tisch „Hilfen bei häuslicher Gewalt“ die Betroffenen auf Hilfsangebote aufmerksam machen. Und die Umgebung wird zudem aufgefordert, genauer hinzuschauen und zu handeln. Im Landratsamt Esslingen wurden am Donnerstag die besten Plakatentwürfe gekürt. Sie werden zunächst im Landratsamt gezeigt, später als Wanderausstellung unter dem Motto „Zu Hause sind wir sicher – oder trügt der Schein?“ durch den Landkreis reisen.

Fast 400 Mal pro Jahr wird die Polizei im Landkreis zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Paaren gerufen. Etwa jede vierte Frau in Deutschland hat irgendwann Gewalt in einer Partnerschaft erlebt. Im Kreis Esslingen gibt es eine Reihe von Hilfen und einen Runden Tisch, an dem Polizei, Ordnungsämter, Frauen- und Männerberatungsstellen, die Sozialen Dienste der Kreisstädte und des Landkreises sitzen. Auch Amtsgerichte, Suchtberatungsstellen und OEG-Trauma-Ambulanz (Opferentschädigung) sind in das Netzwerk eingebunden. An diesem Tisch entstand die Idee für den Plakatwettbewerb.

22 Entwürfe sind bei Projektkoordinatorin Astrid Spurk eingegangen. Profis haben sich ebenso beteiligt wie betroffene Frauen. Arbeitsweise und Botschaft unterscheiden sich deshalb zum Teil stark. Aber gerade die Arbeiten der Laien „machen betroffen und regen zum Nachdenken an“, sagte Sozialamtsleiterin Regina Lutz bei der Preisverleihung: „Sie bereichern die Ausstellung.“

Gewonnen hat jedoch ein männlicher Profi. Der Kirchheimer Grafiker Hans-Jörg Fauth lässt die Doppel-Botschaft „Ich liebe unser Zuhause ist die Hölle“ vom roten auf den schwarzen Untergrund fließen, und bringt so Harmoniebedürfnis sowie traurige Realität zum Ausdruck. Das Plakat weist zudem auf die Hilfen hin, die im Kreis Esslingen vorhanden sind. „Der Entwurf bietet keine Bilder an, die hat jeder im Kopf“, begründete Ali Schüler von der Kunstschule Filderstadt die Wertung der Jury, in der außerdem Renate Dopatka von „Frauen helfen Frauen Kirchheim“, Amtsleiterin Regina Lutz und Dominique Jend von der Sozialberatung Stuttgart saßen.

Das Preisgeld von 500 Euro war für Grafiker Fauth nicht ausschlaggebend dafür, dass er sich am Wettbewerb beteiligte. Er findet es super, dass es so viele Hilfsangebote gibt, auf die das Plakat aufmerksam machen soll. Und ein persönlicher Grund steckt auch hinter dem Werk: „Meine Kindheit, das waren nicht die besten Jahre“, sagte der Gewinner. Der zweite Platz und 300 Euro gingen an Grafikdesignerin Claudia Reisert. Sie spielt mit den Begriffen „Gewalt – frei – leben“, die sie neben einer Hand in Abwehrhaltung platziert. Ein Plakat, das Männer und Frauen, Täter und Opfer anspricht und die Hilfen thematisiert, findet Regina Lutz. Platz drei erhielt Lioba Schneikart. In das nächtliche Foto eines anonym wirkenden Hochhauses hat sie eine Szene gezeichnet, die einen Mann zeigt, der eine kniende Frau schlägt. Darunter steht die Aufforderung: „Lassen wir die Opfer nicht allein!“

Wie man helfen kann und wer hilft, das erfährt der Ausstellungsbesucher auf den Infoblättern der Beratungsstellen und der drei Frauenhäuser im Kreis Esslingen. Deren 43 Plätze sind immer zu mehr als 90 Prozent ausgelastet. Das sagt Vieles.

Hilfe bei Gewalt

Frauen helfen Frauen Esslingen: 0711/35 72 12

Frauen helfen Frauen Filder: 0711/79 49 414

Frauen helfen Frauen Kirchheim: 07021/46 55 3

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 0800/011 60 16 (kostenlos)

Fachberatung Gewaltprävention für gewaltausübende Männer und Frauen: 0711/21 840 966

www.landkreis-esslingen/hauslichegewalt.de