Bürgermeister Ingo Hacker bei der Kandidatenvorstellung. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Nach der Bürgermeisterwahl in Neuhausen spürt Ingo Hacker Gegenwind. Sein Wahlerfolg ist dadurch getrübt, dass 22,08 Prozent der Wähler andere Kandidaten bevorzugt haben.

NeuhausenDer getrübte Wahlerfolg von Neuhausens Bürgermeister Ingo Hacker war gestern das Gesprächsthema in der Fildergemeinde. Der 57-Jährige war als Alleinkandidat mit 77,92 Prozent der Stimmen gewählt worden. 490 Wählerinnen und Wähler, also 22,08 Prozent, hatten andere Namen auf die Wahlzettel geschrieben. „Ich bin erschüttert, dass es so viel Gegenwind gibt“, sagte Hans Bayer, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Neuhausener Vereine. Dennoch ist er überzeugt, dass viele Hacker-Unterstützer einfach nicht zur Wahl gegangen seien, weil es nur einen Kandidaten gab. Wie erklärt er sich die vielen Stimmen für „Sonstige“? Bayer vermutet, „dass die aufgeschobene Auslagerung der Sportstätten und die erheblichen Engpässe bei den Sportvereinen Hacker „manche Stimme“ gekostet hätten. Die Vereine hätten mit einer Erweiterung der Egelseehalle und dem Bau einer Kalthalle Vorschläge gemacht, die aber so wohl nicht realisierbar seien. „Da hätten wir uns alternative Vorschläge gewünscht.“ Im Oktober werde es ein Gespräch über die Erweiterung der Egelseehalle geben: „Da hoffen wir auf Ergebnisse.“ Andererseits lobt Bayer das unermüdliche Engagement des Bürgermeisters und der Verwaltung für die Vereine. „Wir werden vom Bauhof voll unterstützt.“ Da seien seine Kollegen in anderen Kommunen schlechter dran.

Wer die Kandidaten sind, die auf die Wahlzettel geschrieben wurden, gibt die Gemeinde erst im Lauf der Woche bekannt. „Wir müssen erst die Wählbarkeit prüfen“, sagte Sprecherin Elke Eberle auf Anfrage der EZ. Da sei Ordnungsamtsleiter Uwe Schwartz in Kontakt mit der Rechtsaufsicht des Landratsamts. Vor der Wahl hatte es auf Facebook und per E-Mail Aufrufe gegeben, Freunde, Nachbarn und „Sonstige“, oder sich selbst zu wählen.

Bei den Fraktionen im Gemeinderat von Neuhausen sind die Lager gespalten. „Ich sehe das Ergebnis als einen Wahlerfolg für Bürgermeister Ingo Hacker“, sagt Mariela Herzog. Dass viele Protestwähler andere Namen auf den Wahlzettel geschrieben hätten, ärgert die Fraktionschefin der Freien Wähler. Statt nur zu protestieren, hätten die Gegner des Bürgermeisters einen Gegenkandidaten aufstellen müssen: „Dann wäre eine sachlich-politische Auseinandersetzung möglich gewesen.“ Die Arbeit mit dem Bürgermeister im Gemeinderat erlebt Herzog als positiv und konstruktiv: „Die vielen Großprojekte, die wir erfolgreich schultern, bereitet die Verwaltung gut für uns vor.“ Dass Hacker manchmal „dünnhäutig“ auf Kritik in den Sitzungen reagiere, kann die Rektorin nachvollziehen: „Man hat nicht immer gute Tage.“

Nach der Wahl will Marius Merkle jetzt „zur Sacharbeit“ zurückkehren und in die Zukunft blicken. Der Fraktionschef der CDU geht davon aus, dass Ingo Hacker trotz des Ergebnisses in der Bürgerschaft einen breiten Rückhalt hat: „Selbst mit 51 Prozent wäre er gewählt worden.“ Mit 77,92 Prozent könne man leben. Die verbalen Kämpfe zwischen dem Bürgermeister und der Fraktion der Initiative Grüne Liste (IGL) sieht Merkle kritisch: „Oft schaukeln sie sich in den Diskussionen hoch.“ Da wünsche er sich einen sachlicheren Ton.

Aus ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Bürgermeister macht Gabriele Probst keinen Hehl. „Wir haben einen Gegenkandidaten gesucht, aber es hat sich niemand gefunden“, sagt die Fraktionschefin der IGL. „Vor der Kommunalwahl haben uns viele Bürgerinnen und Bürger gebeten, eine Alternative zu finden.“ Dass niemand zusagte, liegt aus ihrer Sicht auch im ungünstigen Wahltermin, der kurz nach den Sommerferien war. Das mache Wahlkampf praktisch unmöglich. Mit Blick auf das Wahlergebnis habe sie darauf gehofft, dass möglichst viele ihren Unmut kundtun, indem sie andere Namen auf die Zettel schreiben: „Das ist ein legitimes Mittel, bei einem Alleinkandidaten zu zeigen, dass man nicht einverstanden ist.“ Deshalb verstehe sie nicht, dass sich manche ihrer Kollegen da geärgert hätten.

Nachtreten will Kreisrätin Probst nicht. „Jetzt blicken wir nach vorn.“ Das Ziel ihrer IGL-Fraktion sei es immer gewesen, „dass wir unsere grünen Themen durchsetzen.“ Was die Arbeit im Gemeinderat angeht, übt die Kommunalpolitikerin heftige Kritik. Bürgermeister Hacker spalte das Gremium. „Die Eigenschaft, gegensätzliche Standpunkte zusammenzuführen, fehlt dem Verwaltungschef.“

Erschüttert ist Roman Krieger über die geringe Wahlbeteiligung. „Wählen ist doch eine Bürgerpflicht in der Demokratie, da habe ich deutlich mehr erwartet“, macht der Fraktionschef der SPD seinem Ärger Luft. Auch den angehenden Diplom-Verwaltungsfachwirt stören in der Arbeit des Gemeinderats „die persönlichen Reibereien“, die der Bürgermeister und die Fraktion der IGL offenbar miteinander austrügen. Großprojekte wie den Neubau von Schule und Mensa, die Erweiterung der Kläranlage und die neuen Baugebiete „brauchen unsere ganze Kraft“. Die hitzigen Diskussionen im Gremium lähmen aus Roman Kriegers Sicht die Sacharbeit, die immer mehr werde.