Der Gartensaal aus Geislingen wird neu aufgebaut. Architekt Carl-Heinz Mosch (Mitte) und Museumsleiterin Steffi Cornelius erläutern zusammen mit Jochen Christ von der Firma Jako die Pläne Foto: Kaier - Kaier

Und wieder zieht ein altes Gebäude um: Der 1893 gebaute Gartensaal in Geislingen an der Steige wurde abgetragen, restauriert und ziert jetzt das Freilichtmuseum in Beuren.

BeurenFast 120 Jahre lang stand der Gartensaal in Geislingen an der Steige auf der Wilhelmshöhe und hat sehr viel erlebt. Hochzeiten und andere Familienfeste wurden dort gefeiert. Es wurde getrunken, gegessen, getanzt und gelacht. Im vergangenen Frühjahr wurde die 1893 in den Baumwiesen erbaute Gartenwirtschaft abgetragen und zwischenzeitlich restauriert. Im Freilichtmuseum in Beuren erwacht das historische Gebäude nun zu neuem Leben. Handwerker der JaKo Baudenkmalpflege GmbH – das Unternehmen aus Rot an der Rot hat sich auf die Versetzung von Häusern spezialisiert – baut den Gartensaal dort weitgehend originalgetreu wieder auf. Im September soll die Eröffnung der Gartenwirtschaft als 25. Museumsgebäude während einer Eröffnungswoche gefeiert werden.

Barrierefreie Genussküche

Obwohl im Depot des Freilichtmuseums schon seit längerer Zeit drei andere Häuser zerlegt schlummern und auf ihren Wiederaufbau warten, haben der Landkreis Esslingen und Museumsleiterin Steffi Cornelius dem Gartensaal aus Geislingen den Vorzug gegeben. Zum einen, weil die Gartenwirtschaft die historischen Gebäude aus dem Neckarland mit denen der Schwäbischen Alb sowohl thematisch als auch räumlich miteinander verbindet. Und zum andern, weil im Gartensaal unter anderem eine barrierefreie Genuss- und Schauküche eingerichtet werden soll. Dort wird es vor allem um die erlebnis- und geschmacksorientierte Verarbeitung und Verkostung alter Obst-, Gemüse- und Getreidesorten gehen. „Die Küche ist auch für Gruppen und Schulklassen groß genug“, sagt Cornelius.

Neben der Schauküche wird es im künftigen „Erlebnis- und Genusszentrum für Alte Sorten“ vor allem auch eine Dauerpräsentation zu diesem Schwerpunktthema geben, mit dem sich seit drei Jahren eine eigene Arbeitsgruppe beschäftigt. „Wir haben seither zwar ein Thema gehabt, aber ohne Gebäude und ohne eine gescheite Küche“, erläuterte die Museumschefin kürzlich die Hintergründe, weshalb der Gartensaal den Vorzug beim Wiederaufbau bekommen hat. Gemeinsam mit dem Architekten Carl-Heinz Mosch hatte sie am vergangenen Mittwoch zu einer öffentlichen Führung über die Baustelle eingeladen, für die sich ungefähr 30 Museumsbesucher interessierten, darunter auch ein alter Geislinger, der vor 63 Jahren im Gartensaal seine Hochzeit gefeiert hatte.

Die im Jahr 1893 von dem Gastwirt Johannes Hafner erbaute Gartenwirtschaft hatte sich seinerzeit nicht zuletzt wegen ihrer tollen Lage inmitten von Streuobstwiesen schnell zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Gartensaal und zum Biergarten bauten die Hafners 1911 das Höhenrestaurant Wilhelmshöhe, von wo aus die Gäste der Gartenwirtschaft fortan im Sommer mit Essen und Getränken versorgt wurden.

Gartensaal vergrößert

1937 baute die Familie den Gartensaal aus und verdoppelte seine Grundfläche von 120 auf 240 Quadratmeter. Zusätzlich wurden modernere Toiletten angebaut. Anfang der 1950er-Jahre kam schließlich noch ein Foyer dazu. „Wir zeigen später einen Schnitt aus dem Jahr 1957“, erläuterte Carl-Heinz Mosch, der als Architekt den Ab- und Wiederaufbau fachlich begleitet, den Teilnehmern der Baustellenführung. 1966 endete schließlich die Ära des Gartensaals, weil niemand aus der Familie Hafner damit weitermachen wollte. Das Gebäude wurde vermietet und als Lager- und Ausstellungsraum genutzt. Vor drei Jahren schließlich verkauften die Hafners den Familienbesitz. Inzwischen renovierten die neuen Besitzer die Wilhelmshöhe und überließen den Gartensaal dem Landkreis Esslingen, damit er im Freilichtmuseum in Beuren neues Leben eingehaucht bekommen kann.