Weiterhin braucht es Hilfsbereitschaft, um Geflüchteten eine Brücke in die Gesellschaft zu bauen: Caritas-Ehrenamtskoordinatorin Brunhilde Clauß (Dritte von links) und die Sprecher des Freundeskreises Asyl Manfred Hoppe, Inge Sahm, Ulrike Kalafatidis, Frauke Hinkelbein-Stöckel, Gaby Hornstein-Speck, Franz Nadolny (von links) Foto: Peter Stotz - Peter Stotz

Kein anonymes Umfeld sondern eine Dorfgemeinschaft, die sich hilft: In Lichtenwald ist es dem Freundeskreis Asyl und Bürgern gelungen, dass sich Geflüchtete wohl und willkommen fühlen.

LichtenwaldEs ist ein Gebot der Humanität, Menschen aufzunehmen, die vor Terror und Krieg aus ihrer Heimat fliehen, von Verfolgung und Folter bedroht oder um des nackten Überlebens willen alles zurücklassen mussten. Doch wie geht es für sie weiter? Die Gemeinde Lichtenwald hat vorbildhaft gezeigt, dass die Integration der Menschen dank kleinräumiger Strukturen und ehrenamtlichem Engagement gelingen kann.

„Integration ist kein Selbstläufer. Auch weiterhin braucht es Menschen in der Bürgerschaft, die offen sind für andere, als Brückenbauer und als Wegbegleiter“, sagt Brunhilde Clauß, für Lichtenwald zuständige Ehrenamtskoordinatorin für die Arbeit mit Geflüchteten beim Caritas-Verband Neckar-Fils-Alb.

54 Geflüchtete leben derzeit in Lichtenwald, die meisten von ihnen in Familien mit eigener Wohnung, viele von ihnen haben eine Arbeit gefunden und stehen auf eigenen Beinen. Ihre Wegbegleiter im Alltag stehen ihnen nach wie vor zur Seite. Als ab dem Jahr 2014 auch in Lichtenwald eine große Anzahl von Geflüchteten untergebracht werden musste, war die spontane Hilfsbereitschaft bemerkenswert. Etliche Bürger waren als Brückenbauer in die neue Heimat am Start, boten Unterkünfte an, im Freundeskreis Asyl kamen etwa 30 Lichtenwalder zusammen, um den Geflüchteten bei den verschiedenen Aspekten des Lebens zur Seite zu stehen.

Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit der Alltagsbegleitung, dem Spracherwerb und der Mobilität, bauten eine Kleiderkammer auf, kümmerten sich um die Freizeitgestaltung und den kulturellen Zugang zur Gesellschaft. Mit der Installierung einer hauptamtlichen Koordinationsstelle für das Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe im Jahr 2017 wurde zudem eine wichtige Brücke zu den staatlichen Institutionen geschlagen.

Wie die Sprecher der Arbeitskreise, Inge Sahm, Manfred Hoppe, Ulrike Kalafatidis, Gaby Hornstein-Speck, Franz Nadolny und Frauke Hinkelbein-Stöckel, erzählen, war von Beginn an große Hilfsbereitschaft im Ort spürbar. Die Kleiderkammer wurde gut bestückt, alle Geflüchteten erhielten gespendete Fahrräder, die Abteilungen Fußball und Tischtennis des TSV Lichtenwald waren aktiv und integrierten Geflüchtete in den Sportbetrieb. „Darüber sind sehr viele Beziehungen entstanden und wir haben gesehen, dass Wertevermittlung und kulturelles Zusammenkommen nur über nachbarschaftliche Verhältnisse wirklich klappen“, berichtet Gaby Hornstein-Speck.

Auch Manfred Hoppe hat diese Erfahrung gemacht. „Ohne das große Engagement und die Hilfsbereitschaft der Bürger im Ort hätte es nicht funktioniert. Und dadurch, dass es Wohnangebote im Kleinen und selbstverständliche nachbarschaftliche Hilfen gab, hat die Integration gut geklappt.“

Zudem hätten die Schule und die Kindergärten „hervorragende Arbeit“ bei der Unterstützung der geflüchteten Familien in Sachen Erziehung, Spracherwerb und kulturelle Verständigung geleistet, ergänzt Ulrike Kalafatidis. „Die Sprache ist eben ein zentraler Faktor für die Integration, und die Kinder sind nun gut angekommen“, sagt sie. Zudem läuft die Unterstützung weiter, Ehrenamtliche bieten Hausaufgabenbetreuung für Kinder und privaten Sprachunterricht für Frauen an.

Der Schlüssel zur erfolgreichen Integration sei neben der Bereitschaft der Bürger zum Engagement auch in der kleinteiligen Struktur zu finden, sind die Sprecher überzeugt. „Das Umfeld ist nicht anonym und die soziale Kontrolle im Dorf ist hoch. Das heißt auch, man schaut nach den Nachbarn und hilft sich gegenseitig. Das hat dazu geführt, dass sich die Menschen wohlfühlen und im Ort bleiben möchten“, sagen Nadolny und Sahm. Allerdings sei das Problem des fehlenden bezahlbaren Wohnraums gravierend. „Da muss dringend etwas passieren, auch für Alteingesessene.“ Zudem müssten bürokratische Hürden bei der Arbeitssuche abgebaut und nicht zuletzt die unlängst verschärften Anforderungen bei der Sprachprüfung zurückgenommen werden. „Derzeit ist es einfach wirklichkeitsfern und weltfremd. Das Selbstwertgefühl der Menschen hängt auch mit Arbeit und der Möglichkeit zusammen, die Familie zu ernähren wie ihre Nachbarn auch. Man muss den Leuten auch Chancen geben“, stellt Hoppe klar. Die Wegbegleiter und Brückenbauer werden wohl noch eine Weile gebraucht.