Seit Montag harren Flüchtlinge auf dem Schlossplatz aus, weil sie nicht ins Gewerbegebiet ziehen wollen, in eine Unterkunft mit bis zu zwölf Betten. Foto: Kurz

13 Flüchtlinge, die der Landkreis am Montag und Dienstag der Gemeinde Neuhausen zugewiesen hat, lehnen die Unterkunft im Gewerbegebiet ab. Zwölf Betten in einem Zimmer seien zu viel. Die Flüchtlinge campieren deshalb seit Montagnachmittag vorm Rathaus. Sieben haben in der Nacht auf Dienstag dort unterm Baum geschlafen. Auf einen Koffer haben sie ein Schild geklebt: „Ich brauche Hilfe.“

Von Roland Kurz
Ganz überraschend hat sich die Lage in Neuhausen nicht zugespitzt. Zum einen hat Landrat Heinz Eininger klar gemacht, dass er notfalls Flüchtlinge vors Rathaus setzt, wenn eine Gemeinde ihrer Verpflichtung zur Anschlussunterbringung nicht nachkommt. Zum anderen war klar, dass die Gemeinde Neuhausen beim Umbau des ehemaligen Hertie-Lagers in Zeitnot kommen wird. Das werde kaum zu schaffen sein, warnte ein Gemeinderat, der Architekt ist, vor vier Wochen, als Bürgermeister Ingo Hacker das Vorhaben erläuterte. Und die Initiative „Willkommen in Neuhausen“ (WIN) hat letzte Woche beschlossen, nichts mehr zu machen, wenn die Gemeinde keine kleinere Räume bereitstellt. Die Ehrenamtlichen fühlen sich von der Gemeinde seit langem im Stich gelassen.
„Jetzt haben wir die Sch . .“, sagte Gemeinderat Erich Bolich, der am Dienstag kurz im Rathaus Neuhausen vorbeischaute. Seiner Meinung hätte man versuchen müssen, die Flüchtlinge noch 14 Tage in ihrer Unterkunft in Kirchheim zu halten, bis die Räume in der Mörikestraße 55 fertig sind. Am Dienstag waren dort noch Handwerker, um in der Küche einen Wasseranschluss zu legen und den Boiler für die Dusche zu reparieren. Einige Zimmer sind bereits eingerichtet: acht bis zwölf Stockbetten, auf denen Rollmatratzen liegen, für jeden Bewohner ein Spind, Tisch und Stühle. In weiteren Zimmern wird noch gebaut.
Die 13 Flüchtlinge aus Pakistan stören sich insbesondere an der Zimmergröße. Mit so viele Personen in einem Raum könne man nicht schlafen, sagen sie. Sie müssten tagsüber ja arbeiten. Drei oder vier von ihnen haben eine Stelle in Stuttgart gefunden. Manche haben in den vergangenen Monaten in Kirchheim schon besser gewohnt, zu zehnt in einem Haus mit vier Zimmern. Andere wohnten in der einfachen Unterkunft neben dem Krankenhaus. Und davor waren die Pakistani mehr als ein Jahr lang in der Sporthalle untergebracht.
Am Montag setzen sich die Flüchtlinge zunächst auf den Kreisverkehr an der Pfäffle-Kreuzung, dann vors Rathaus. Abends brachten ihnen Bürger Zelte vorbei. Die ließ Bürgermeister Hacker vom Ordnungsamt mit Unterstützung der Polizei wieder abbauen. Für Hacker gibt es an der Unterkunft in der Mörikestraße nichts auszusetzen. „Die Wohnräume und die Küche sind Ordnung“, sagt er. Die Gemeinde bemühe sich ja, den Flüchtlingen in der Anschlussunterbringung Wohnungen zu verschaffen, die eine Integration erleichtern, sagt Hacker und verweist auf das Projekt auf dem alten Sparkassen-Areal. Weil das noch einige Jahre dauere, habe man versucht, in der Albstraße eine Unterkunft zu schaffen. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch erst vor einigen Tagen zugelassen, dass dort wenigstens ein Haus gebaut werde. In die Mörikestraße sei man ausgewichen, um die Obdachlosigkeit der Flüchtlinge zu vermeiden.
Der Kreis weist Neuhausen diese Woche weitere Flüchtlinge zu, insgesamt 51. Die Quote fürs ganze Jahr liegt bei 108. „Was in den letzten Wochen in Neuhausen geschehen ist, können wir nicht nachvollziehen“, sagte Peter Keck, Sprecher des Landrats. Man habe am 11. Mai mit der Gemeinde über die Zuweisung und über Unterstützungsmöglichkeiten von Seiten des Kreises gesprochen. Der Kreis habe Containerstandorte baurechtlich priorisiert, doch Neuhausen habe diese Standorte „zur Seite gelegt“. Der Kreis habe „keine Handlungsoption“, weil die Stadt Kirchheim das Gebäude ab 1. August für ihre Anschlussunterbringung eingeplant habe. Es sei Aufgabe der Gemeinde Neuhausen, „geeignete Wege zu finden, damit Ruhe einkehrt“.