Die Redner des Abends: IHK-Geschäftsführer Nold, Festrednerin Jutta Rump und IHK-Präsident Baumann (von links). Foto: Bulgrin - Bulgrin

„Veränderung ist in unserer Arbeitswelt Normalzustand.“ Wie sich Unternehmer darauf einstellen müssen, darüber sprach Professorin Jutta Rump vor der IHK-Bezirkskammer.

FilderstadtNie nur dem Alten verhaftet, stets bereit, sich auf Neues einzulassen. So stellt man sich einen modernen Arbeitnehmer vor. Dieses Bereitschaft zu ständigem Lernen und Umorientieren wird in Zukunft gefragter sein denn je. „Veränderung ist in unserer Arbeitswelt heute schon Normalzustand.“ Davon ist Jutta Rump überzeugt. Transformation sei der viel treffendere Begriff. Wie diese Dynamik in den nächsten Jahren aussehen wird und wie sich die Unternehmer darauf einstellen müssen, darüber sprach die Professorin und Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE der Hochschule Ludwigshafen am Donnerstagabend bei Neujahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen in Filderstadt. Rund 500 Unternehmer und Vertreter aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens waren in die Filharmonie gekommen, um sich von der renommierten Wissenschaftlerin mitnehmen zu lassen in die Arbeitswelt 4.0.

Sie könne nicht in eine Glaskugel schauen, sagte Rump. Aber eines sei sicher: Noch nie hätten so viele demografische, technisch-ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen gleichzeitig auf das Arbeitsleben eingewirkt. Und das alles sei noch durchzogen von einem eklatanten Mangel an Fachkräften. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei heute längst nicht mehr nur Thema von Frauen, die Work-Life-Balance werde für immer mehr Menschen zum Lebensentwurf. Deswegen müsse man unter anderem über neue Arbeitszeitmodelle und Beschäftigungsverhältnisse nachdenken. Eine weitere Erkenntnis: Nicht nur junge, sondern auch ältere Menschen suchten zunehmend nach Stabilisierungsfaktoren. Für die Firmenchefs werde es wichtiger, ihre Mitarbeiter nach ihren Stärken und Talenten einzusetzen. Denn dann wachse bei ihnen auch die Bereitschaft, sich noch stärker einzusetzen.

„Europa ist unsere Zukunft“

Den Unternehmern gab Rumpf mit auf den Weg, stets die Trends im Blick zu haben. Eine wichtige Erkenntnis für alle sei, dass Personal wegen der knappen Ressourcen der Erfolgsfaktor der Zukunft sei. Zunehmende Vielfalt und Individualisierung verlangten, dass man sich viel stärker der Personalführung widmet. Rump: „Personalpolitik ist Investitionspolitik.“

Heinrich Baumann, der Präsident der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, hatte zuvor in seiner Begrüßung ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa gehalten. Auch als Unternehmer sage er aus voller Überzeugung: „Europa ist unsere Zukunft. Nur gemeinsam sind wir im globalen Maßstab stark genug.“ Europa ist für Baumann Wertegemeinschaft, Friedensgarant, Wirtschaftsmotor und internationales Schwergewicht. Ganz besonders für die Unternehmen im Landkreis Esslingen bedeute Europa Wachstum und stabile Arbeitsplätze. Für die Firmenchefs sei es daher sogar Pflicht, zum weiteren Gelingen des europäischen Projekts beizutragen. Das Motto „Gemeinsam sind wir stark“ müsse auch für die Region Stuttgart gelten. Baumann: „Das berühmt berüchtigte Kirchturmdenken muss endgültig der Vergangenheit angehören.“ Als positives Beispiel gemeinsamen Agierens nannte der IHK-Präsident das Projekt des regionalen Breitbandausbaus. Sorge bereiten ihm das Thema Feinstaub und die Fahrverbote in Stuttgart für ältere Dieselfahrzeuge. Nach einer Umfrage der IHK sind 70 Prozent der teilnehmenden Unternehmen vom Fahrverbot betroffen. Kleinere und mittlere Firmen denken danach ernsthaft über Standortverlagerungen nach. Das werfe viele Fragen auf. Unter andere die: „Ist die Politik nicht dabei, Probleme mit Fahrverboten zu bekämpfen, die sie durch die Einführung fragwürdiger Grenzwerte oder Kontrollstandorte selbst geschaffen hat?

„Eigenen Nachwuchs qualifizieren“

Christoph Nold, den Leitenden Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer, treibt das Thema Fachkräftemangel um. Eine ultimative Patentlösung könne er nicht bieten, sagte er in seinem Schlusswort. „Eine Investition, die sich ganz besonders lohnt, ist die Qualifizierung des eigenen Nachwuchses.“ Deswegen sei die duale Aus- und Weiterbildung auch in diesem Jahr eines der Kernthemen der IHK. Mit einer Vielzahl von Unterstützungsangeboten für die Firmen habe man im vergangenen Jahr die Zahl der Ausbildungsplätze leicht steigern können, so Nold. Viel wichtiger sei, dass auch die Zahl der eingetragenen Ausbildungsverträge leicht gewachsen sei.