Bei der Wanderakademie gab es Gelegenheit, sich auszutauschen. Foto: Peter Dietrich - Peter Dietrich

Im Landkreis Esslingen engagieren sich viele Ehrenamtliche für Geflüchtete. Um die Kommunen zu unterstützen, hat sich der Landkreis mit einer Wanderakademie auf den Weg gemacht.

OstfildernIm Landkreis Esslingen seien mindestens 2200 Ehrenamtliche mit Geflüchteten tätig, sagt Saime Ekin-Atik vom Landratsamt Esslingen. „Wichtig ist, dass Haupt- und Ehrenamtliche sich ergänzen und gemeinsam weiterentwickeln.“ Besonders an kritischen Übergängen wie vom Kindergarten zur Grundschule und von dieser zur weiterführenden Schule sei es wichtig, dass Bürgerschaftlich Engagierte an der Seite der Geflüchteten stehen.

Um die Kommunen zu unterstützen, hat sich der Landkreis mit einer Wanderakademie auf den Weg gemacht. Bei der ersten Station in Ostfildern ging es, mit Haupt- und Ehrenamtlichen bunt gemischt, um das Thema „Schulische Integration“, am 17. Juli folgt im Landratsamt Esslingen das Thema „Berufsbildung und Arbeitswelt“ und am 24. Juli ist in Nürtingen die Sprachförderung an der Reihe.

Treffpunkt der Kulturen

Ein „Gallery Walk“ mit Schautafeln präsentierte in Ostfildern ganz verschiedene Projekte zur schulischen Integration: In Leinfelden-Echterdingen engagiert sich die Bürgerstiftung als Lernpartner, so hat dort Tobias Reimold in vier Jahren drei Kinder auf dem Weg durch die Schule und ins Leben unterstützt. Schule und Volkshochschule sind in Leinfelden-Echterdingen Partner, die VHS hat einen Kurs „Deutsch für den Hauptschulabschluss“ entwickelt. Am Elisabeth-Selbert-Gymnasium (ESG) in Filderstadt gibt es eine AG „Treffpunkt Kulturen“ und in Ostfildern richtet sich das Programm „Rucksack“ an ganze Familien. Einmal in der Woche gibt es dort ein Elterntreffen in Kita oder Schule, die Eltern erhalten ein Wochenprogramm mit Anregungen für täglich wechselnde Aktivitäten mit ihren Kindern in der Herkunftssprache. So werden zugleich die Herkunftssprache bei den Kindern und Deutsch bei den Eltern gefördert. Die Wanderakademie zeigte gelungene Beispiele von Integration, Betroffene kamen aber auch mit ihren Problemen zu Wort. Hatem al Nasri aus Syrien ist 16 Jahre alt. Per Familiennachzug kam er 2012 nach Ostfildern. „In Syrien war ich durch den Krieg zwei Jahre ohne Schule. Das habe ich als Kind gut gefunden. Doch dann war es in Deutschland toll, wieder zur Schule zu gehen.“ Er schaffte es in eineinhalb Jahren von der Vorbereitungsklasse der Gemeinschaftsschule bis aufs Gymnasium, seine Französischlehrerin war ihm eine große Unterstützung. „Es war ganz schwierig, Freunde zu finden. Die Lehrerin verstand mich, wenn ich langsam sprach, aber die Jugendsprache ist schnell.“ Osama Hmedi ist 23 Jahre alt und wurde ebenfalls in Syrien geboren, er ist heute Bufdi bei der Stadt Filderstadt. Er hat keinen Sprachkurs besucht, sondern sich Deutsch selbst beigebracht. An der Schule war es hart: „Jeden Tag neue Wörter.“

Valentina Mozar kommt aus Kroatien, ist Mutter von zwei Kindern im Alter von sieben und neun Jahren. „Alles war für uns neu, nicht nur die Sprache, auch der Lebensstil. Wir haben den ersten Schritt gemacht, Kinder und ihre deutschen Eltern eingeladen.“ Klasse fand Mozar, dass ein Lehrer ihren Sohn bat, im Unterricht das Land Kroatien vorzustellen.

Auf der Suche nach einem Verein

Meltem Biyik hat schon in Afghanistan, Indonesien und Myanmar Physik unterrichtet, nun tut sie das in Deutschland, in die Türkei kann sie nicht zurückkehren. „Meine Tochter hat Freunde aus den USA und aus Russland, aber keine deutschen Freunde. Es gibt so viele deutsche Vereine, aber wie findet man hin?“

„Je älter das Kind ist und je weniger Schulerfahrung es mitbringt, desto schwerer fällt die Teilnahme am Unterricht“, betonten die Schulrätin Gudrun D. Greth und Andreas Schäfer vom Staatlichen Schulamt Nürtingen. Für die Neuaufnahme eines Kindes sei der Eltern wegen oft ein Dolmetscher nötig. Ein Wechsel von der Vorbereitungsklasse in die Regelklasse sei zuerst auch in einzelnen Fächern möglich. Die Vorbereitungsklassen seien aktuell gleich groß wie 2014/2015: „Wir haben eine relativ konstante Zuwanderung.“ Was Greth sehr bedauert, sind die Befristungen bei manchen Lehrkräften, die Beschränkung auf Vertretungen: „Es ist ein Jammer, dass wir Leute, die Deutsch als Lehrfach studiert haben, nicht einstellen können.“ Denn in Deutschland müssten es zwei Fächer sein. In fünf Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmer Fragen zur schulischen Integration. Einige der Erkenntnisse: die ganze Familie einbeziehen, aber Eltern nicht am Elternabend mit zu vielen Informationen überfordern, und bei Problemen alle Akteure an einen Tisch bringen.