Wenn der Kindergarten im Erdgeschoss im Sommer 2019 seinen Betrieb einstellt, ist das Eugen-Schumacher-Gemeindehaus in Nellingen komplett frei für kirchliche Gruppen und Kreise. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Im Sommer 2019 wird die evangelische Kirchengemeinde Nellingen ihren Kindergarten im Eugen-Schumacher-Gemeindehaus schließen. Das hat der Kirchengemeinderat mit 10:1 Stimmen entschieden. Unter den Eltern hat das wütende Reaktionen hervorgerufen. Alternativen habe man viel zu wenig geprüft, meint Michael Ebinger. Pfarrer Hans-Ulrich Winkler widerspricht: Diesen Schritt habe man sorgsam abgewogen. Auch den Vorwurf, die Gemeindemitglieder habe man viel zu spät informiert, will er nicht gelten lassen.

Von Harald Flößer

Ausgangspunkt ist ein vom Oberkirchenrat angestoßenes Immobilienkonzept, das darauf abzielt, wegen des zunehmenden Kostendrucks Strukturen zu verschlanken. Allein für die beiden evangelischen Gemeindehäuser in Nellingen wurde 2009 ein Sanierungsbedarf von 570 000 Euro errechnet. In dem 2010 bis 2013 erstellten Papier kommt der Kirchengemeinderat zu dem Schluss, das Martin-Luther-Haus in der Riegelstraße in Nellingen zum 31. Dezember 2019 aufzugeben, ohne genau zu definieren, was danach mit dem Gebäude passiert. Für die kirchlichen Gruppen und Kreise, die sich bisher im Martin-Luther-Haus treffen, sollen ab 2020 Räume im Eugen-Schumacher-Haus, dem zweiten Gemeindehaus, zur Verfügung gestellt werden. Das aber hätte zur Folge, dass der Kindergarten, der bislang das gesamte Erdgeschoss im Eugen-Schumacher-Haus nutzt, schließen muss.

Bereits im Frühjahr 2015 habe es erste Gespräche im Kirchengemeinderat und mit der Stadtverwaltung gegeben, berichtet Pfarrer Winkler. Im Oktober habe man die Erzieherinnen darüber informiert, dass mit einer Schließung zu rechnen sei. Auch der Elternbeirat sei involviert gewesen. Und es habe im Oktober 2015 eine öffentliche Gemeindeversammlung gegeben. Der Willen nach größtmöglicher Transparenz zeige sich auch darin, dass der Kirchengemeinderat für die jüngste Sitzung, in der der endgültige Beschluss gefasst wurde, die Öffentlichkeit zugelassen habe. Obwohl dies die Gemeindeordnung gar nicht vorsehe.

„Müssen Mittel sinnvoll einsetzen“

Natürlich seien die Finanzen ein wichtiges Argument, sagt Manfred Bretschneider, den zweiten Vorsitzenden des Kirchengemeinderats. Für den Betrieb ihrer beiden Kindergärten, in der Olgastraße und in der Eugen-Schumacher-Straße, müsse die Gemeinde pro Jahr 25 000 bis 35 000 Euro aus eigenen Mitteln aufbringen. Und es stünden hohe Investitionen an. Ein Beispiel: Weil immer mehr Kinder ein Mittagessen bekommen sollen, muss die Küche im Olga-Kindergarten für etwa 40 000 Euro aufgerüstet werden. „Wir müssen die Mittel, die wir haben, sinnvoll einsetzen“, betont Kirchenpflegerin Annegret Kaiser. „Der Schritt, den Kindergarten zu schließen, fiel uns allen schwer.“

Dass man viele Überlegungen angestellt habe, wie die Kirchenpflegerin betont, bezweifelt Michael Ebinger. „Sehr viele Punkte wurden nicht sauber geprüft und erarbeitet“, kritisiert er. „Auf solch einer Basis kann und darf keine so weittragende Entscheidung getroffen werden.“ Die Schließung sei der einfachste Weg. Dass der kleine Kindergarten, in dem derzeit 25 Mädchen und Jungen betreut werden, zugunsten von kirchlichen Gruppen und Kreisen geschlossen werde, sei ein Skandal, so Ebinger.

Er habe sehr viel Verständnis für die Trauer und die Wut bei Erzieherinnen und Eltern, sagt Pfarrer Winkler. Doch er und das gewählte Gremium müssten den Blick auf die gesamte Kirchengemeinde richten. Der auf eine Gruppe zusammengeschmolzene Eugen-Schumacher-Kindergarten habe nach Einschätzung von Fachleuten auch pädagogisch keine Zukunftsperspektive. Denn dort könne man dem Wunsch der Eltern nach immer mehr Betreuung und Dienstleistungen nicht gerecht werden.

Er könne die Emotionen der Eltern verstehen, sagt Ostfilderns Oberbürgermeister Christof Bolay. Doch er versucht, die Gemüter zu beruhigen. Einen Versorgungsengpass werde es aus heutiger Sicht nicht geben. Denn in der Mutzenreisstraße in Nellingen werde 2018 eine Kindertagesstätte mit drei Kindergarten- und einer Krippengruppe gebaut. Mit dieser Größe schaffe man auch genügend Ersatz für die wegfallenden Plätze im Schumacher-Haus.