Im Jahr 1610 herrschen Hungersnot sowie Pestilenz und der selbsternannte Apotheker Dr. Mirakel (Johannes Ehret) mischt teuflische Wundermittelchen. Foto: Eberle - Eberle

Auf eine bewegte Geschichte blickt das Obere Schloss zurück. Der Theaterverein hat sich damit beschäftigt und die Menschen in den Mittelpunkt seiner Inszenierung gerückt.

NeuhausenEng verknüpft mit der Ortshistorie ist die Geschichte des Oberen Schlosses im Zentrum von Neuhausen. Gebaut hat es Ritter Hans VIII. von Neuhausen, die Bauerlaubnis dazu erhielt er am 12. Mai 1518 vom Bischof von Konstanz. Exakt 500 Jahre später blickte der Theaterverein nun in seiner neuen Produktion zurück auf ein halbes Jahrtausend Leben und Lieben, Trauer und Leid, Wirken und Ränkeschmieden im Schloss und ums Schloss herum: mit dem eigens für die Aufführungen von Jeffrey Döring geschriebenen Stück „Wenn die Toten wachen“. Wunderbare Kulisse war natürlich das Obere Schloss selbst. Und am Ende gab es sogar ein Happy End in Weiß.

Ein wenig bearbeitet hat Irene Batzill die Vorlage, sie führte auch gewohnt gekonnt Regie. Und die Laienschauspieler sowie all die vielen Helfer und Kreativen hinter den Kulissen schenkten ihrem Publikum wieder zwei wunderbare Abende. Das Stück war unterhaltsam und lehrreich, teilweise sehr witzig, mit vielen Details ausgeschmückt und wurde mit herrlichen Kostümen aufgeführt. Es gab Trinkgelage in verschiedenen Jahrhunderten, einen Fasnetsball und eine Nacktbadeszene, zwei Hochzeiten und eine Vogelscheuche, die nur auf den weltfremden Schulmeister wie eine echte Kinderleiche wirkte. Aber auch schlechte Zeiten blieben nicht ausgespart: 1610 herrschten Hungersnot sowie Pestilenz, und 1938 wurde der Schlossplatz umbenannt in Adolf-Hitler-Platz.

Gegründet hat sich der Theaterverein im Jahr 2003, Anlass war damals die 850-Jahr-Feier der Gemeinde. Seitdem haben die Laienschauspieler an unterschiedlichen Orten verschiedene Stücke auf die Bühne gebracht. Immer lag der Fokus der Inszenierungen auf einem besonderen Stück Geschichte eines besonderen, katholischen Ortes. So auch dieses Mal. Meist stammten die Stücke aus der Feder von Neuhausenern, dieses Mal hat der Theaterverein unter dem Vorsitz von Dietmar Rothmund einen Profi ins Boot geholt. Jeffrey Döring nahm tatsächliche historische Ereignisse als Grundlage und verknüpfte sie geschickt mit fiktiven Geschehnissen und erfundenen Figuren. Der Geschichte vorangestellt war ein Prolog von Dietmar Rothmund. Denn eigentlich war der Bau des Schlosses so dicht bei der Kirche mit ihrem Friedhof mit Auflagen verknüpft, aber darum scherte sich der Bauherr damals wenig.

Durch die Jahrhunderte in insgesamt neun Szenen führten Gevatterin Mathilde (Gerda Weyhreter) und Gevatter Heinrich (Dietmar Rothmund). Sie haben als ganz in Weiß gekleidete, wohlgesonnene Geister besonders den Nachfahren Heinrichs immer wieder aus der Patsche geholfen und manch arrogantem „Oberen“ nachhaltig einen Denkzettel verpasst. Heinrich war bei einem Unfall 1522 gestorben und er hatte von Anfang an große Sehnsucht danach, seine Frau und seinen damals neugeborenen Sohn in die Arme zu schließen. Und genau dieser Wunsch wurde ihm am Ende erfüllt.

Etwa 60 Schauspieler wirkten mit, einige hatten gleich mehrere tragende Rollen. Sie spielten alle hervorragend und mit viel Leidenschaft. Erfrischend waren die Auftritte der Kinder und erquicklich die Nacktbadeszene des arroganten Amtsvogts Walter, dessen richtige Kleider nach dem Bade natürlich fehlten.

Heute kaum noch vorstellbar ist, dass aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen ganze Ortschaften verkauft werden. Zwischen 1769 und 1806 wechselte Neuhausen allein vier Mal den Besitzer. Der Ort gehörte ab 1754 den Herren zu Rotenhan, dann dem Bistum Speyer, später Baden und 1806 schließlich Württemberg. Und so war das Schloss mal Amtssitz der Vögte, später wurde es Schulhaus und Polizeirevier, jetzt ist es Bildungszentrum. Und meisterhaft gelang es, diese schwierige und komplexe Geschichte mit Irrungen und Wirrungen so darzustellen, dass das Stück nicht überladen wirkte und am Ende doch alles zusammenpasste und lebendig wurde. Denn im Mittelpunkt standen die Menschen. Ihre Sorgen und Nöte, ihre Wünsche und Hoffnungen, ihr Leben und Lieben.