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Drückjagd, Elektorzäune oder Vergrämungsgeräte: Der Kampf gegen die Wildschweinplage ist nur mäßig erfolgreich und die Schäden durch die Ttiere sind groß.

Plochingen Trotz vielseitiger Bemühungen seitens der Stadtverwaltung, der Jäger sowie einiger Stücklesbesitzer scheint es kein Allheilmittel gegen die zunehmende Wildschweinplage zu geben. Nach einer etwas ruhigeren Phase im Frühjahr traten ab dem Frühsommer bis zuletzt erneut massive Schäden an Grundstücken auf.

Um die Wildschweine zu vertreiben, wurden vier Vergrämungsgeräte an verschiedenen Grundstücken angebracht, wie Ordnungsamtsleiter Uwe Bürk in der Ausschusssitzung für Bauen, Technik und Umweltschutz berichtete. Diese senden Licht- und Tonsignale mit einer Wirkung bis zu 100 Metern aus. Ende des vergangenen Monats fand zudem eine Drückjagd statt, bei der sechs Schwarzkittel erlegt wurden – im vorigen Jahr waren es drei. Trotzdem ist der Erfolg in Anbetracht der Schäden nur mäßig. Erfolglos war, die Jagd mit Schreckschussmunition auf bestimmten Grundstücken vorzubereiten. Kurz vor der Jagd fand gemeinsam mit Daniel Ulmer, dem Wildtierbeauftragten des Landkreises Esslingen, den Jagdpächtern Siegfried Ulfig und Bernd Koch sowie dem Ordnungsamt eine Ortsbesichtigung statt. Dabei wurde festgestellt, dass einige Grundstücke stark verwildert sind, woraufhin deren Eigentümer erneut zur Grundstückspflege aufgefordert wurden.

Wie Carina Kopper, die Sachgebietsleiterin für öffentliche Ordnung erklärte, würden in diesen Fällen oft auch Meldungen eingehen, dass der Nachbar sein Grundstück nicht mehr pflege. Dann ermittle Jörg Blankenhagen vom Gemeindevollzugsdienst, der zuständig für den Feldschutz ist. Ausgerüstet mit entsprechender Soft- und Hardware kann er Eigentümer vernachlässigter Grundstücke ausfindig machen. Gemeldete Wildschweinschäden wie verwilderte Gärten kartografiert er. Manchmal ist kein Eigentümer ermittelbar, etwa wenn er im Ausland wohnt oder verstorben ist und es keine Erben gibt. Sei nicht klar, wer zuständig ist, werde es mit dem Anschreiben schwer, sagt Kopper. In den Schreiben werde auf die im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG) verankerte Pflegepflicht verwiesen, die unter anderem vorsieht, mindestens einmal jährlich zu mähen.

Eigentümern verwilderter Grundstücke werde eine Frist von vier bis acht Wochen eingeräumt. Etwa 70 Grundstücksbesitzer seien dieses Jahr aufgefordert worden, ihrer Pflegepflicht nachzugehen. Davon haben inzwischen 30 Eigentümer reagiert und ihr Stückle gemäht oder gerodet. In zirka zehn Fällen war es nicht möglich, Angaben über den Eigentümer zu erhalten. Teilweise laufen die Verfahren noch. Das LLG ermächtige auch, ein Bußgeldverfahren einzuleiten und sehe Bußgeldstrafen bis zu 5000 Euro vor, bemerkte Kopper. Die Stadtverwaltung wolle ein Pflegekonzept erarbeiten, um gegen ungepflegte Grundstücke vorzugehen. Zur besseren Ermittlung werde auch „über Drohnenflüge nachgedacht“, sagte Bürk. Ferner prüft die Naturschutzbehörde derzeit, ob vereinzelt Elektrozäune angebracht werden können. Weitere Drückjagden auf dem Schurwald sind geplant. Vergrämungsgeräte flächendeckend aufzustellen sei zu teuer, zudem stelle sich ein Gewöhnungseffekt ein.

„Wir müssen an dem Thema Verwilderung dranbleiben“, meinte Reiner Nußbaum (CDU) und begrüßte es, dass Rodungen angegangen wurden. Er fragte, welche Vergrämungsmöglichkeiten es noch gebe. Matthias Kübler (SPD) verwies auf die Stadt Saarlouis, die mit Schwefel-Linsen die Wildschweine zu vertreiben versucht. Der Schwefelgeruch verscheuche die Tiere. Wolle man Elektrozäune installieren, müsse nach befahrbaren Wegen geschaut werden. Es gebe weder Fachleute, die sagen könnten, was zu tun sei, noch einen eindeutigen Weg, die Ausbreitung der Wildschweine einzuschränken, stellte Stefan Kirchner (OGL) fest. Selbst nach Bejagung steige die Population durch verstärkten Nachwuchs an.

Bei dem ausgesprochen schwierigen Thema „gibt es kein Allheilmittel und auch niemanden, der sagt, was verändert werden soll“, fasste Bürgermeister Frank Buß die Lage zusammen. Alle Maßnahmen hätten auch ihre Kehrseiten. Selbst das Anbringen von Elektrozäunen werde kontrovers diskutiert. Auch Vergrämungsgeräte würden nur wenige Wochen lang funktionieren, da sich die Tiere daran gewöhnen. Aufgrund fehlender Alternativen soll nach Buß der eingeschlagene Weg der Rodung durch die Stücklesbesitzer und der Bejagung weitergegangen werden. Er bedauert: „Es gibt wirklich keinen Plan, wie wir die Kulturlandschaft der Streuobstwiesen weitererhalten können.“ Diejenigen Streuobstwiesenbetreiber, die aufgeben, sehen keinen Sinn mehr darin, weil keiner weiß, wie man das Wildschweinproblem lösen könne.

Für den Gemeinderat und Jagdpächter Bernd Koch (CDU) ist die Rodung der „kleinste gemeinsame Nenner“ der unterschiedlichen Ansätze, um die Wildschweine fernzuhalten, sie in den Wald zurückzudrängen und dort zu bejagen. Schwierig sei jedoch, wie das Roden durchzusetzen sei. Von Vergrämungsmitteln hält er nicht allzu viel. Dadurch würden die Wildschweine nur verdrängt. Seit Anfang April bis jetzt seien im Kirchenwald und im Stadtwald Plochingen insgesamt 29 Wildschweine erlegt worden.