Ludwig Thome hat Hämmer aus Foto: Bail - Bail

Leinfelden-EchterdingenLudwig Thomes Sammlung ist im wahrsten Sinne des Wortes der Hammer. 900 dieser Werkzeuge hat der 84-jährige Ingenieur aus Stetten in knapp 50 Jahren zusammengetragen. Die Vielfalt dieses Kulturguts ist beeindruckend, die Bandbreite ist enorm. Es gibt Exemplare für die unterschiedlichsten Berufe, aus verschiedenen Materialien und sogar die einzelnen Länder haben eigene Formen entwickelt. Thomes schwerster Hammer wiegt zwölf Kilo. Der Vorschlaghammer steht im augenfälligen Kontrast zum „kleinesten Hammer der Welt“, ein vier Gramm leichter Winzling, den er zum 80. Geburtstag geschenkt bekommen hat.

Hämmer sind ein Muss für jeden Bastler, und so entstand Thomes Sammlung wie von selbst. Anfangs passte noch alles in eine Werkzeugkiste. Im Lauf der Zeit füllten die Exponate Keller und Garage. Seine unkonventionelle Leidenschaft sprach sich herum: Freunde und Bekannte überließen ihm Hämmer oder brachten welche von Reisen mit. Vor einem Jahr war das „große Abräumen“, wie Thome die Übergabe des Großteils seiner Sammlung an das Deutsche Technikmuseum in Berlin nennt. Immerhin erfährt seine Sammlung, in dem sie öffentlich gezeigt wird, eine Wertschätzung und erleidet nicht das Schicksal vieler Sammlungen, dass sie keiner übernehmen möchte.

Ältestes Exemplar ist 7000 Jahre alt

Mit der Systematik des Ingenieurs erfasste Ludwig Thome seine Exponate, nummerierte und verzeichnete sie der Reihenfolge nach. Den Beginn der Sammlung markiert Nummer eins, ein schwerer Schlosserhammer von 1965. „Ein Kilo Stahl von Opa Stade“ steht in der Liste. Das älteste Exemplar aus Diorit stammt aus der Jungsteinzeit, um 5000 vor Christi. 600 Mark hat er seinerzeit einem Archäologen dafür bezahlt. Heute dürfte das Stück ein Vielfaches wert sein. Der Hammer zählt zu den ältesten Werkzeugen der Menschheitsgeschichte. „Vor zwei Millionen Jahren wurde die erste Benutzung von Schlagsteinen in Afrika belegt“, erklärt Thome, der sich auch beruflich mit Hämmern auseinandersetzte. In seiner Promotion befasste er sich mit der Lebensdauer von Bohrstangen. Für die Firma Bosch entwickelte er bis zur Pensionierung moderne Hämmer, davon spricht der Akku-Bohrhammer.

Der Toffee-Hammer ist bis heute in Gebrauch, um die Tafeln der englischen Karamellbonbons zu zerschlagen. Er hat sogar Geschichte geschrieben im Rahmen der Suffragettenbewegung in Großbritannien. Anfang des 20. Jahrhunderts zertrümmerten die Frauenrechtlerinnen bei ihren Demonstrationen für das Frauenwahlrecht damit Fensterscheiben. Bis 1900 gab es in jedem Haushalt einen Zuckerhammer, um Stückchen von den Zuckerhüten abschlagen zu können. Kristallzucker war noch nicht erfunden. Thome besitzt ein schönes Exemplar aus glänzendem Holz und einem Stil zum Aufschrauben, in dem sich ein Messer mit einem breiten Rücken befindet. Dieses wurde auf den Zuckerhut aufgesetzt, durch den Schlag mit dem Hammer sprang ein Stückchen ab. Mühevoll, aber effektiv.

Skurriler Musketierhammer

Von einer Reise in den Iran stammt der Zuckerhammer aus dem Jahr 2000, in dessen breite Finne fein ziselierte Ornamente eingearbeitet sind. Mit blumenverziertem Plastikgriff ist er ein Schmuckstück in jeder zeitgenössischen Küche. Zwischen 1880 und 1919 entstand der Zigarrenhammer. Mit dem zwölf Zentimeter langen und 85 Gramm leichten Hämmerchen wurden Zigarrenkisten mit Nägeln verschlossen. Skurril ist der französische Musketierhammer aus dem 17. Jahrhundert, ein zierliches Mehrwerkzeug mit spitzem Dorn für den militärischen Bereich. Die meisten Werkzeuge sind aus Stahl, wie die für den Hufschmied, den Polsterer, und den Schlosser.

Sogar ein silberner Zeremonialhammer, vermutlich aus einer schwedischen Bruderschaft, ist in Thomes Besitz. Der Richterhammer von 1840 ist aus zweifarbigem Mahagoni und beim Chirurgenhammer kann er sogar sagen, welcher Arzt im Klinikum Ruit damit künstliche Gelenke eingesetzt hat.

In der Ausstellung „Lieblingsstück“ sind Hämmer aus der Jungsteinzeit bis zum 21. Jahrhundert in zwei Vitrinen im Stadtmuseum Leinfelden-Echterdingen noch bis 29. Juli zu sehen. Für die Präsentation hat Ludwig Thome eigens einen Fallhammer gebaut, mit dem Nüsse geknackt, Nägel eingeschlagen, Holz gespalten und Metall umgeformt werden kann.