Der Faulturm der Anlage in Neuhausen wird umfassend saniert, bevor er wieder in Betrieb genommen wird. Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

13,5 Millionen Euro investiert die Gemeinde Neuhausen in die Sanierung der Kläranlage. „Die Technik ist in die Jahre gekommen“, sagt Franz Nowak vom Bauamt der Gemeinde. Nun wird der Faulturm der Anlage reaktiviert. Außerdem wird die bisherige Tropfkörperreinigung durch ein Belebungsbecken ersetzt. „Das ist heute in modernen Kläranlagen Standard“, sagt Simon Schmidt, der technische Leiter der Anlage in Neuhausen.

Der Gemeinderat hat in jüngster Sitzung ein Konzept für die Ertüchtigung der Anlage verabschiedet, deren Technik vorwiegend aus den 60er- und 70er-Jahren stammt. Nach diesem Plan wird die Anlage dann in den kommenden Jahren saniert. „Weil der Betrieb ja weiter laufen muss, erneuern wir in mehreren Phasen“, sagt Simon Schmidt. Das ist für ihn und seinen Kollegen Stefan Bansen eine große technische Herausforderung, auf die sich der Fachmann aber freut.

Das Pforzheimer Ingenieurbüro Weber hat eine Konzeptstudie erstellt. Demnach wird die Kläranlage auf das sogenannte Belebungsverfahren umgestellt (siehe Kasten). Zugleich wird in dieser Variante, für die sich die Gemeinderäte entschieden haben, das Regenüberlaufbecken versetzt. Bislang wird der Klärschlamm aus der Anlage in Neuhausen nach Esslingen-Zell transportiert. Im Zuge der Erneuerung wird auch der Faulturm in der Anlage in Neuhausen reaktiviert. Das spart viele Fahrten mit dem Lastwagen.

Anlage stößt schon jetzt an Grenzen

„Da Neuhausen weiter wachsen wird, kommen wir um die Ertüchtigung nicht herum“, sagt Franz Nowak. Durch die Ausweisung neuer Baugebiete werden bis zu 13 000 Einwohner in der Gemeinde leben. „Wir stoßen jetzt schon in Spitzenzeiten an Kapazitätsgrenzen“, schildert Nowak die Situation in der Kläranlage, in der Abwasser aus den Privathaushalten und Gewerbebetrieben der Gemeinde geklärt wird. Das gereinigte Wasser wird in den Sulzbach geleitet.

Derzeit gibt es noch ein Nachklärbecken, auf dem hellgrüne Wasserlinsen sprießen. „Das ist ein Indikator für die Sauberkeit“, erklärt Simon Schmidt. „Ein sehr gutes Zeichen.“ Auf der begrünten Wasseroberfläche schwimmen sogar zwei Enten. Eine dünne, dunkelgrüne Moosschicht wächst auch auf den vier Tropfkörperbecken. Da sorgen Bakterien für die Reinigung. „Damit wir die geforderten Grenzwerte einhalten können, haben wir die Technologie schon jetzt nachgerüstet“, erklärt Schmidt. Um die Werte zu messen, ist er viel im Labor der Kläranlage. Der technische Leiter und sein Team erledigen die meisten Reparaturen selbst. „Bei komplizierten Problemen mit der Elektrik ziehen wir Spezialisten hinzu.“

Was verspricht sich Schmidt von dem neuen Belebungsbecken, das die vier Tropfkörper ersetzen soll? „Die Technologie ist da weniger reparaturanfällig“ ist er überzeugt. Allerdings werden aus seiner Sicht die Messungen aufwendiger. Der technische Leiter freut sich auf den Umgang mit der neuen Technik. Weil immer mehr Stoffe im Abwasser landen, die da eigentlich nicht hingehören, hat die Anlage viel zu verarbeiten. In den Rechen landen nach den Worten von Franz Nowak immer öfter Fasertücher, die sich schwer abbauen lassen: „Das gehört ebenso wenig in die Kanalisation wie Essensreste.“

Im Gemeinderat waren auch andere Schadstoffe im Abwasser ein Thema. Ulrike Müh (Freie Wähler) wollte wissen, ob es denn möglich wäre, spezielle Filter für Mikroplastik in die Kläranlage einzubauen. Auf Rückstände von Medikamenten wies Dietmar Rothmund (SPD) hin. Die Kommunalpolitiker regten an, da auch in Neuhausen entsprechende Vorkehrungen zu treffen. „Das ist in kleineren Kläranlagen wie unserer nicht üblich“, sagt Nowak. In den Großkläranlagen wie Sindelfingen oder Stuttgart-Mühlhausen seien solche Filter dagegen an der Tagesordnung.

Technologie der neuen Kläranlage

Das Belebungsbecken: Das sogenannte Belebtschlammverfahren ist ein Verfahren zur biologischen Abwasserreinigung in Kläranlagen. Dabei wird das Abwasser durch die Stoffwechsel-Aktivität von Mikroorganismen, dem sogenannten Belebtschlamm, gereinigt. Das Verfahren setzt dann ein, wenn die Grobanteile aus dem Wasser entfernt worden sind. Für kommunale Abwässer gehört dieses Verfahren zu den klassischen intensiven Aufbereitungsverfahren. Das Tropfkörperverfahren basiert ebenfalls auf dem Einsatz von Bakterien. Da bildet sich ein Bakterienrasen, der die Schadstoffe aus dem Wasser entfernt.

Der Faulturm: Ein Baustein der Ertüchtigung ist die Reaktivierung des Faulturms in der Neuhausener Anlage. Dort wird der Schlamm in einem Zeitraum von ein bis zwei Monaten gelagert. Bei 30 bis 33 Grad verwandelt sich der Schlamm in eine fast geruchlose Masse.

Zeitplan für die Sanierung: Nachdem die Konzeptstudie für die neue Technologie in der Kläranlage fertig ist, und sich der Gemeinderat auf eine Variante geeinigt hat, geht das Verfahren weiter. Bis Oktober 2018 muss die Gemeinde einen Förderantrag einreichen. Baubeginn ist im Jahr 2019. Weil die Arbeiten schrittweise bei laufendem Betrieb erfolgen müssen, dauern sie bis 2024. Die Kosten im Überblick: Die Ertüchtigung der mechanischen Stufe kostet 1,6 Millionen Euro, der Bau des Belegungsbeckens schlägt mit 8,6 Millionen Euro zu Buche. Die Reaktivierung des Faulturms kostet 3,2 Millionen Euro.