Erwiese III: Hier will die Gemeinde ein Baugebiet erschließen, das bis ans Gebiet Obere Kirchstraße reicht. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Der Gemeinderat Deizisau hat den Startschuss für das Baugebiet „Erwiese III“ gegeben. Es bestehen aber ökologische Bedenken, weil das Gebiet in einer Kaltluftschneise liegt.

DeizisauNeun zu acht: So knapp gehen bei wegweisenden Beschlüssen die Abstimmungen im Deizisauer Gemeinderat selten aus. Mit dieser dünnen Mehrheit macht sich die Gemeinde auf den Weg, ein neues Baugebiet am Dorfrand zu erschließen. 2,5 Hektar groß ist das Gebiet Erwiese III, das an der Kirchstraße liegt. Es beginnt am Feldweg hinter dem katholischen Kindergarten und reicht bis zum Feldweg am Recyclinghof. Insgesamt beschäftigte sich der Gemeinderat am Dienstag mit vier Bauflächen.

Der erste Schritt für das kleine Baugebiet Lochäcker gegenüber den Tennisplätzen wurde ohne Contra beschlossen. 7000 Quadratmeter stehen hier unter dem Namen Wert VI zur Verfügung, die Bürgermeister Ertinger schon vor Jahrzehnten in Gemeindehand gebracht hat.

Eine schwere Geburt war die Änderung des Bebauungsplan Wert I. Hier will der Bauträger M. Bayer drei Mehrfamilienhäuser, zwei Doppelhäuser und ein Einfamilienhaus unterbringen, bislang stand dort nur eine Villa. Die Anlieger protestierten gegen die „massive Bebauung“. Jetzt wurde die letzten Einwendungen zurückgewiesen. Das Ergebnis sei „vertretbar“, sagte Bürgermeister Thomas Matrohs, im Vergleich zur ursprünglichen Planung habe man eine Verbesserung und die Masse reduziert. Fünf Freie Wähler lehnten das Projekt dennoch ab.

Wohnraum schaffen, sei das Topthema, führte Matrohs das Baugebiet Erwiese ein. Vor 21 Jahren habe Deizisau das letzte große Gebiet auf der grünen Wiese erschlossen, die Obere Kirchstraße. Die Erwiese schließt daran an. Sie sei aber nur ein Fünftel so groß, betonte Matrohs, der den Bebauungsplan möglichst im „beschleunigten Verfahren“ aufstellen will. Dieser etwas einfachere Weg soll helfen, schnell Wohnraum zu schaffen, ist aber nur noch 2019 möglich. Hartmut Fischer (FWG) sprach sich für die schnelle Version aus, man könne später immer noch Einfluss nehmen. Grundsätzlich Ja sagte auch CDU-Fraktionsvorsitzender Oliver Krüger. Wenn man aber heute auf der grünen Wiese baue, dann müssten klare Vorgaben zu Ökologie und Hochwasserschutz gemacht werden.

Bauen im Kaltluftgebiet?

LED und FSL wollten dagegen keinen Schnellschuss im Grünen. Der Gemeinderat habe einst das Gebiet Obere Kirchstraße mit der Vorgabe auf den Weg gebracht, dass die Erwiese als Ausgleichsfläche frei bleibe, sagte Manfred Nagel von der Sozialen Liste. Dorf befinde sich eine Kaltluftschneise. Auch Krüger erinnerte sich, dass man deshalb die Erwiese nicht ins Gebiet Obere Kirchstraße aufgenommen hatte. Tobias Arnold, Mitarbeiter im Bauamt, bestätigte, es handle sich um ein „Kaltluft-Sammelgebiet“, mit der Pflanzung von 100 Obst- und 130 Laubbäumen habe man jedoch den Ausgleich geschaffen.

Sie sei nicht grundsätzlich gegen den Bebauungsplan, erklärte Regine Kaufmann (LED), allerdings könne man das beschleunigte Verfahren nicht anwenden. Das setze nämlich die Umweltverträglichkeit voraus. Unterstützt wurde sie von ihrer jungen Fraktionskollegin Maren Kenner, die ihren ersten großen, energischen Auftritt im Gremium hinlegte. Selbst der Deutsche Städtetag empfehle, in Zeiten des Klimawandels keine Frischluftschneisen zuzubauen, sagte sie. Auch Elfi Krakowetz (FWG) wollte das Verfahren „nicht so hastig“ vorantreiben, zudem reiche es vielleicht, eine Reihe zu bebauen.

Statt Wohnbau gegen Klimaschutz auszuspielen, wandte Krüger ein, sollte man auf der Erwiese lieber ein Vorzeige-Bauprojekt mit ökologischen Vorgaben machen. In Deizisau gebe es viele junge Familien, die keinen Wohnraum fänden. Auf der Linie fährt auch der Bürgermeister, der sich ein klimaneutrales Baugebiet vorstellen kann. In Deizisau gebe es keinen offenen Wohnungsmarkt mehr, nur noch Ladenhüter. Es sei Aufgabe der Gemeinde, Angebote zu schaffen. Und es sei möglich, 2020 ins normale Planverfahren zu wechseln. Mit den Stimmen der CDU und drei FWG-Räten reichte es für den Startschuss.

Noch Zukunftsmusik ist ein Baugebiet hinter dem Coca-Cola-Werk. Der Gemeinderat beschloss jetzt, den Flächennutzungsplan 2031 für die Klingenäcker zu ändern. Damit soll ein Gewerbe- und ein Mischgebiet ermöglicht werden.