Bei schönem Herbstwetter tanzen die Teilnehmer gemeinsam. Foto: Osswald - Osswald

Zum Gemeinde-Jubiläum gab es in Deizisau für jeden das passende Programm: Die einen tanzten bei bestem Herbstwetter Folklore-Tänze. Andere erkundeten den Ort auf einer Wanderung.

DeizisauEin Schritt nach links, einer nach rechts, dann ein Achtelschritt nach… Halt, wie ging das nochmal? Ein kurzer Blick auf den Spickzettel gibt Aufschluss. Ein Schmunzeln geht durch die Runde. Der holprige Start brachte die Tanzwütigen jedoch nicht aus dem Konzept. Seit 24 Jahren wird hier im Kelterhof in Deizisau um den Lindenbaum getanzt. Auch am Samstag gab es eine offene Runde für Jung und Alt. Die Veranstaltung reiht sich in zahlreiche Events zur Feier des Gemeinde-Geburtstags ein: 750 Jahre Deizisau.

Das wird von den Bewohnerinnen und Bewohnern getanzt, gefeiert, gelebt. Die knapp 60 Besucherinnen und Besucher fanden sich bei schönem Herbstwetter inner- und außerhalb der Zehntscheuer ein. Einige von ihnen führten ein Potpourri an Folklore-Stilen vor. Ob rumänisch, kroatisch, US-amerikanisch oder aus dem Ländle – für jeden war etwas dabei. Der Mann hinter dem Ganzen ist Anton Lukatsch. Er leitet das offene Tanzen zusammen mit seiner Frau Brigitte seit der Grün-dung im Jahre 1994. Davor kümmerte er sich 40 Jahre um die Deizisauer Volkstanzgruppen. Pausen gab es für ihn nie.

Ein Angebot für die Älteren

Einmal im Monat trifft sich die offene Gruppe. Entstanden ist sie aus der Volkstanzgruppe der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins. Den Nachwuchs begeistern die Folklore-Tänze allerdings wenig. „Das ist eher Sache der Älteren. Die Jünge-ren zieht es zu modernen Formen wie dem Jazzdance“, weiß Wolfgang Kraaz, Vorsitzender der Ortsgruppe Deizisau des Schwäbischen Albvereins. Anton Lukatsch, ebenfalls langjähriges Vereinsmitglied, gibt der Formation den Takt vor, erklärt die Schritte der internationalen Tänze. „Jetzt erstmal eine Trockenübung.“ Nach und nach steigert sich der Beifall. Dann heißt es: Musik an, Kopf aus und die Beine rhythmisch aufs Herbstparkett geschwungen. Kurz nach Beginn der Vorführung trudeln die letzten Gäste ein.

Ein paar Stunden zuvor, Treffpunkt Zehntscheuer: Eine Gruppe von circa 20 wackeren Wanderern macht sich auf den Weg, die eigenen Gefilde neu zu entdecken. Der ortskundige Gruppenführer Alfred Schmid leitet die alteingesessenen und neu zugezogenen Bürgerinnen und Bürger durch die Gemeinde. Durch die Markstraße ging es vorbei am Palm’schen Gut zur evangelischen Kirche. Wanderführer Schmid erklärte, dass das Gotteshaus zwar 1495/96 eingeweiht wurde, die Historie allerdings noch weiter zurück-geht. Aus dem Jahre 1353 nämlich stammt der Kirchturm aus dem Vorgängerbau. Vorbei an der katholischen Kirche ging es zur Kaiserlinde. Laut Schmid nennt man sie auch „Drei-Kaiser-Linde“. 1882 gepflanzt spendet sie neben Schatten auch Erinnerungen an bedeutsame Ereignisse im Zusammenhang mit dem deutschen Kaiserreich. Nächster Halt: die Egertlinden, danach die „Hungerlinde“. Die Baumanlage wurde damals angelegt, um an die guten Zeiten nach den vielen Missernten und langen Hungerperioden zu erinnern.

Doch Deizisau hat nicht nur Lindenbäume zu bieten. Ortsexperte Schmid erzählt gerne vom Entstehungsmythos der Gemeinde. „Deizisau war der Ort der sieben Höfe“, so der 82-Jährige. Seitdem ist alles etwas größer dimensioniert. Jedoch habe man den siebten und letzten Hof bis heute nicht gefunden. Lediglich ein Blechrohr an der vermuteten Stelle – was aber nichts beweise.

Abseits von ungelösten Mysterien wurde eines sicher erreicht, und zwar „seinen Mitbürgern die Liebe zur Schwäbischen Alb und zum Schwabenland zu erhalten und bei fröhlichen Wanderungen sich an der Schönheit des Landes zu erfreuen“. So steht es im allerersten Eintrag im Schriftführerbuch der Ortsgruppe des Albvereins aus dem Jahre 1912.