Fast 60 Berufsjahre als Drogist hat Dieter Speckmann hinter sich. Er ist jetzt 80 Jahre alt und will weitermachen, solange es ihm Spaß macht. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Roland Kurz

„Ein bisschen Gesundheit und ein bisschen Schönheit“, sagt Dieter Speckmann und deutet auf das Sortiment in den wenigen Vitrinen und Regalen. Sein Hauptgeschäft ist aber das Glück. Seit 47 Jahren betreibt er die Toto-Lotto-Annahmestelle in Hochdorf. Am Mittwoch hat der Drogist seinen 80. Geburtstag gefeiert. Der winzige Laden in der Bachstraße blieb deshalb geschlossen. Ans Aufhören denkt Dieter Speckmann aber nicht. „Ich mach’ weiter, solange es gesundheitlich geht und Spaß macht.“

Auch nach mehr als 50 Jahren im Schwabenland kann und will Dieter Speckmann den hessischen Sprachduktus nicht verbergen. Gerne zeigt der „waschechte Frankfurter“ die Postkarte mit dem Spruch „Es is kaa Stadt uff der weite Welt, die so merr wie mei Frankfurt gefällt“. Die Fahne der Eintracht Frankfurt hängt über einem Schränkchen, aber im Hessen-Herz ist auch ein Platz für den VfB Stuttgart reserviert. Speckmann freut sich darauf, dass er am Samstag beim Aufstiegspiel des VfB Stuttgart dabei sein kann. Die Karte hat er zum Geburtstag erhalten. Dass der Fußball ein beliebtes Thema in der Toto-Stelle ist, verwundert nicht weiter. Die Gespräche mit den Kunden sind wiederum für den Ladeninhaber ein Grund, warum er weitermacht.

Zu Wochenbeginn geht es im Laden ruhig zu. „Da ist nichts mehr los“, sagt der 80-Jährige und zeigt auf die Bachstraße raus, eigentlich die Einkaufsstraße Hochdorfs. Bis vor zweieinhalb Jahren hatte Speckmann das größere Geschäft zwei Häuser weiter, inklusive Postfiliale. Der Wechsel in das kleine Geschäft, kaum so groß wie ein Wohnzimmer, hatte aber auch private Gründe. Von Donnerstag bis Samstag läuft der Laden: Speckmanns Kundschaft setzt auf das samstägliche Lotto-Glück und wettet auf den Ausgang von Fußballspielen.

Mit einem kleinen Gesundheitssortiment hält der Drogist etliche Stammkunden. Manche kaufen seit Jahrzehnten ihren Rabenhorst-Saft bei ihm, größere Menge werden frei Haus geliefert. Auf dem Ladentisch wirbt Speckmann für Heilerde, um den Körper zu entschlacken. Selbstverständlich nehme er das selbst, versichert der Drogist. „Ich kann’s nicht nur predigen . . .“ Und schon hat der Journalist zwei Probeportionen und ein Info-Heft dazu in der Hand.

Zwei marmoriert furnierte Schränke mit Glastüren sind mindestens so alt wie der Ladeninhaber. Sie stammen aus seinem Elternhaus und schützen die Kosmetika. Wohl klingende Marken mit Naturprodukten, nicht die billigsten. Er habe sich auf Hautprobleme spezialisiert, erzählt Speckmann. Das Mädchen mit Akne komme zu ihm und eben die Kundschaft mit der „anspruchsvolleren, reifen Haut.“ Auch die Herren finden altbekannten Markenprodukte für die Körperpflege. Als Werbeträger eignet sich der Ladeninhaber selbst am besten: Die 80 Lenze sieht man ihm nicht an. Das wichtigste Rezept zum fit bleiben sei jedoch, positiv zu denken.

Abgerundet wird das Sortiment durch einen Ständer mit Karten für alle Anlässe und ein halbhohes Regal mit Schreibheften, Stiften und Radiergummis. Bei Schreibwaren ist Speckmann zudem der Hoflieferant der Hochdorfer Grundschule. 1958 hat der Frankfurter seine Drogistenlehre begonnen, hat zwei Jahre ins Innsbruck Erfahrungen gesammelt, bevor er ins Schwabenland kam. Sein Verkaufsgeschick hat er sich bewahrt, vielleicht sogar optimiert. Unaufdringlich informiert und wirbt er. Der Journalist verabschiedet sich von dem freundlich-verbindlichen Jubilar mit einem Lottoschein für 4,75 Euro in der Hand - in freudiger Erwartung der nächsten Ziehung.