Gemeinsames Kochen und Essen in Plochingen: Ehrenamtliche stecken viel Herzblut in ihre Arbeit, damit sich Geflüchtete willkommen fühlen. Sie selbst fühlen sich von den Behörden aber oft nicht informiert. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Das Thema ist mehr als zwei Jahre alt und gerät deswegen langsam aus dem Interesse der Öffentlichkeit: die Integration der Geflüchteten. Die Menschen sind aber immer noch da und es gibt noch immer Bürger, die sich ihrer annehmen. Doch immer weniger Helfer haben immer nervenzehrendere Aufgaben. Die Liga der freien Wohlfahrtspflege hat sich bei einem Fachtag ihre Probleme angehört, um zu vermitteln. Zentrale Erkenntnis: Die Behörden machen das Engagement teilweise schwer. Im Fokus steht die Ausländerbehörde des Landkreises.

Von Greta Gramberg

„Für mich war sehr eindrücklich das subjektive Gefühl der Ehrenamtlichen, dass sie nah am Ausbrennen sind“, sagt Renate Maier-Scheffler, Leiterin der Diakonischen Bezirksstelle Nürtingen. Gemeinsam mit den Vertretern anderer Wohlfahrtsverbände im Kreis, hat sie den mittlerweile dritten Fachtag für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe organisiert. Bei der Veranstaltung in Plochingen im Evangelischen Gemeindehaus in der Hermannstraße waren Grenzen das titelgebende Thema: Und diesen kommen die Ehrenamtlichen in punkto Legalität, Toleranz und der eigenen Kraft, immer näher, wie sich bei einer Übung mit einer symbolischen Grenze gezeigt hat. „Die, die jetzt noch aktiv sind, brauchen Unterstützung“, sagt Maier-Scheffler. „Alles muss langsam in die Regelstruktur der Ämter übergehen.“

Doch gerade diese sorgen oft für den Frust bei vielen der etwa 70 Teilnehmer an diesem Abend. Die Hausaufgaben, die die Ehrenamtlichen der Liga der freien Wohlfahrtspflege aufgetragen haben - ein Zusammenschluss der Kreisverbände von Awo, Caritas, Diakonie, Rotem Kreuz und Parität - betreffen vor allem die Unterstützung gegenüber den Behörden. Die drohende Abschiebung, obwohl sich der junge Afghane doch so gut integriert hat; der Umzug in andere Kreiskommunen, wo der Integrationsprozess von Neuem beginnen muss; die Nicht-Bearbeitung von Anträgen auf Ausbildungsduldung, bis der Arbeitgeber wieder abspringt - das alles ist den Ehrenamtlichen unbegreiflich.

Gemeinsames Ergebnis der drei Workshops zu den Themen Grenzen des Ehrenamts, Grenzen der Toleranz und Grenzen der Legalität ist die Bitte um das Gespräch auf Augenhöhe zwischen Haupt- und Ehrenamt. Und immer wieder ist Kritik zu hören an der Ausländerbehörde des Landkreises in Nürtingen.

Magdalena Keltsch vom Arbeitskreis Asyl Altbach, die in der Gruppe Grenzen der Legalität war, berichtet wie andere von unzähligen Geflüchteten, die seit Monaten mit zerfledderten Kopien der Ausweispapiere unterwegs sind, weil deren Verlängerung in der Ausländerbehörde des Landkreises nicht abgearbeitet wird. „In Esslingen ist es eine Sache von einer Woche“, sagt sie. Die kreisfreien Städte Esslingen, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen und Kirchheim haben eigene städtische Ausländerämter, die den Erfahrungen der Ehrenamtlichen zufolge schneller agieren. Doch für Menschen im Rest des Landkreises ist die genannte Ausländerbehörde des Landratsamtes in Nürtingen zuständig. Neben der Ausweisverlängerung ist dort die Erteilung von Ausbildungsduldungen ein großes Thema - die werde oft so lange hinausgezögert, bis der Ausbildungsbetrieb abspringe, so Keltsch.

„Das ist nichts Illegales, sondern eine Ermessensentscheidung“, weiß Renate Maier-Scheffler. Es gebe bei der Erteilung einer Ausbildungsduldung behördeninterne Kriterien in Nürtingen - so werden etwa strengere Forderungen an die Sprachfähigkeit gestellt. „Der Eindruck ist, dass dort immer wieder gebremst wird mit der Integration.“ Oft werde berichtet, dass die Beratung nicht auf Augenhöhe stattfinde, die Flüchtlinge dort Angst hätten. „Ärgerlich ist, dass je nachdem, wo die Geflüchteten im Landkreis wohnen, unterschiedlich mit den Anliegen umgegangen wird“, so Maier-Scheffler. Es gehe einfach darum, dass nachvollziehbare und schnelle Entscheidungen fallen und eine Beratung auf Augenhöhe stattfindet.

Auf die Kritik angesprochen, antwortet die Pressestelle des Landratsamtes, das Personal in der Ausländerbehörde sei bereits aufgestockt worden, doch es sei nicht immer einfach, die umfangreichen Aufgaben zu erledigen. „Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Landkreis für eine Vielzahl von Gemeinden zuständig ist und nicht nur für ein Stadtgebiet.“ Was die Auslegung der Gesetze etwa bei der Ausbildungsduldung angehe, gebe es leider keine genauen Vorgaben des Landes, vieles liege im Ermessen der einzelnen Behörden. Der Landkreis fordere von Menschen ohne Bleibeperspektive etwa für eine Ausbildung Sprachniveau B2, damit diese auch die Chance hätten, deren schulischen Teil zu schaffen.

Die Teilnehmer des Fachtages gaben der Liga unter anderem als Wunsch mit auf den Weg, einen Ombudsmann für die Rechte der Flüchtlinge auf Ebene der Kreisbehörden einzusetzen. Die Ergebnisse will die Liga zusammenfassen und sich bei Kreisräten und -verwaltung dafür stark machen.