Rainer Lechner (links) bleibt Erster Bürgermeister in Ostfildern. OB Christof Bolay gratuliert seinem Stellvertreter zur Wiederwahl. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Wiederwahl für Rainer Lechner (Freie Wähler) in Ostfildern. Mit 60 sei er noch zu jung, um aus dem Berufsleben auszusteigen. Außerdem mache ihm die Arbeit nach wie vor große Freude, sagte er.

OstfildernMit 60 sei er noch zu jung, um aus dem Berufsleben auszusteigen. Außerdem mache ihm die Arbeit an verantwortlicher Stelle im Rathaus nach wie vor große Freude. Ostfilderns Gemeinderat entsprach am Mittwochabend dem Wunsch von Rainer Lechner (Freie Wähler). Mit 26 von 24 Stimmen bestätigte das Gremium den Ersten Bürgermeister in geheimer Wahl in seinem Amt. Lechner wird damit für weitere acht Jahre die Bereiche Finanzen, Personal, Stadtwerke und Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft (SEG) leiten. Der Erfolg des Verwaltungsmanns kommt nicht von Ungefähr. Über alle Parteigrenzen hinweg werden seine Arbeit und seine souveräne Amtsführung geschätzt. Außerdem gab es keinen weiteren Bewerber für den zweithöchsten Posten im Rathaus hinter OB Christof Bolay.

Nach 35 Jahren in der Stadtverwaltung, davon die meisten in verantwortlicher Position und allein 18 Jahre als Bürgermeister, kennt kaum einer die Strukturen der Großen Kreisstadt so gut wie der der gebürtige Ellwangener. Muss er auch, denn als Finanzbürgermeister ist es geradezu seine Pflicht, stets den Blick aufs Ganze zu richten. Wie das viele Finanzchefs so an sich haben, tritt Lechner vor großen Investitionen gerne mal auf die Bremse und mahnt zur Sparsamkeit, um dann später meist festzustellen, dass sich die Dinge doch viel besser entwickelt haben als erwartet. Aber der Erfolg gibt ihm Recht. Die Stadt hat mit ihm als oberstem Kassenwart zwei Finanzkrisen gut überstanden und hat es trotz immenser Investitionen geschafft, die Schulden im Kernhaushalt deutlich zu senken. 156 Millionen Euro seien seit 2001 in den alten Stadtteilen investiert worden, berichtete Lechner in seiner Bewerbungsrede. Weitere 180 Millionen Euro habe man ausgegeben, um die neue Mitte der Stadt, den Scharnhauser Park, zu bauen. Das riesige Siedlungsprojekt habe sich für die Stadt auch finanziell rechnet. So gut, dass man 2017 die Anschubfinanzierung von 4,3 Millionen an den Bund zurückzahlen musste.

Als größte Herausforderungen während seiner Amtszeit als Bürgermeister sieht Lechner rückblickend die Neustrukturierung der Verwaltung im Jahr 2001, die Projektsteuerung beim Bau des Scharnhauser Parks, die Landesgartenschau 2002, die Verlängerung des Stadtbahnnetzes bis nach Nellingen sowie die Konsolidierung der städtischen Finanzen nach den Krisen 2003 und 2010. Keine Stadt im Landkreis Esslingen hat in dieser Zeit eine so rasante Entwicklung genommen wie Ostfildern. Die Zahl der Einwohner stieg von 30 000 auf 40 000. Waren 2001 noch 580 Menschen auf 415 Vollzeitstellen in der Stadtverwaltung beschäftigt, sind es heute 770 Mitarbeiter auf 577 Vollzeitstellen. Das größte Wachstum verzeichnete man im Bereich der Kinderbetreuung. Die Zahl der Erziehungskräfte ist von 73 auf 203 gestiegen. Auch die Infrastruktur für die Kinderbetreuung wurde für die Stadt zu einem Kraftakt. Allein in den vergangenen acht Jahren habe man 17 Kindertagesstätten neu gebaut, saniert, erweitert oder wenigstens mit städtischen Mitteln bezuschusst.

Den Aufbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes und neue Mobilitätskonzepte sieht Rainer Lechner als Schwerpunkte seiner künftigen Arbeit. Außerdem müsse die städtische Infrastruktur weiter modernisiert werden. In den nächsten fünf Jahren werde man sich auf das Schulzentrum in Nellingen konzentrieren müssen. „Weitere Großprojekte sind in dieser Zeit ohne Verschuldung nicht finanzierbar“, so der Bürgermeister. Ein wichtiges Ziel bleibe es, Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen. Zudem müsse die Sanierung der Stadtteile fortgeführt werden. Nach Ruit wird Kemnat an der Reihe sein.

Innerhalb der Verwaltung stehen ebenfalls größere Projekte an. Dazu zählt die Umstellung der städtischen Finanzwirtschaft auf die neue Software SAP. In den nächsten zehn Jahren werden laut Lechner 45 Prozent der Mitarbeiter in der mittleren Führungsebene in den Ruhestand gehen. Da es immer schwieriger werde, alle Stellen mit qualifizierten Bewerbern zu besetzen, werde man alles daran setzen, die heutigen Mitarbeiter so lange wie möglich auf ihren Positionen zu halten.