An der Entwicklung des Scharnhauser Parks war Erster Bürgermeister Rainer Lechner maßgeblich beteiligt. Foto: bul - bul

So kompliziert eine Frage im Gemeinderat Ostfildern auch sein mag: Rainer Lechner ist nie um eine Antwort verlegen. Der 60-Jährigen vehält wohl für weitere acht Jahre das Amt des Finanzbürgermeisters.

OstfildernOstfilderns Strukturen kennt kaum einer so gut wie er. Und wenn eine noch so komplizierte Frage im Gemeinderat gestellt wird – Rainer Lechner (Freie Wähler) ist nie um eine Antwort verlegen. Selbst aus dem hochkomplexen Haushalt hat er wenigstens die wichtigsten Zahlen stets parat. Seit 2001 amtiert der 60-Jährige als Finanzbürgermeister der knapp 40 000 Einwohner zählenden Großen Kreisstadt. Diese Aufgabe wird ihm der Gemeinderat am 16. Mai wohl für weitere acht Jahre übertragen. Denn Lechners Arbeit und seine verbindliche Art wird über alle Fraktionsgrenzen hinweg geschätzt. Zudem ist der zweifache Familienvater ohne Gegenkandidat. Im Rathaus war zwar eine weitere Bewerbung eingegangen, doch erfüllte diese nicht die formalen Kriterien.

Top informiert über alle aktuellen Geschehnisse in der Stadt und auch in der Region gut vernetzt – so kennt man Rainer Lechner. Seit 35 Jahren ist er in der Stadtverwaltung tätig, zuerst in der Abteilung Organisation des Hauptamtes, aber schon nach gut drei Jahren in herausgehobener Position. Der damalige OB Gerhard Koch machte ihn 1987 zu seinem persönlichen Referenten. Es folgte eine kurze Zwischenperiode als stellvertretender Leiter der Finanzverwaltung. Doch dann betraute ihn Koch 1991 mit der Leitung der Zentralstelle. Übergreifende Themen wie die Entwicklung des nahen Flughafens und die Zukunft der US-Kaserne „Nellingen Barracks“ bestimmten von da an seine Arbeit. Lechner war dabei, als der spätere Rathauschef Herbert Rösch erste Gespräche mit dem Bund über die künftige Nutzung des Kasernengeländes führte. Und als Geschäftsführer der Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft war er maßgeblich an der Entwicklung des Scharnhauser Parks beteiligt. Dass der neue Stadtteil, in dem heute 9000 Menschen leben, zu einer Erfolgsgeschichte wurde, kann Lechner auch als persönlichen Erfolg verbuchen.

2001 stieg Lechner in der Verwaltungshierarchie zum Bürgermeister auf. Vier Jahre später, als sein Mentor Herbert Rösch abtrat und ein neuer OB gesucht wurde, sah der damals 47-Jährige seine Chance gekommen, selbst an die erste Position in der Stadt zu kommen. Die Unterstützung von Freien Wählern und CDU ließ ihn hoffen. Dass mit Christof Bolay dann ein Unbekannter von außen gleich im ersten Wahlgang das Rennen machte, schmerzte ihn. Doch er fand sich schnell in der Rolle als dritter Mann an der Rathausspitze zurecht. Denn mit seinem neuen Chef fand er eine gute Ebene für eine verlässliche Zusammenarbeit. Als sich dann Baubürgermeister Jürgen Fahrlaender aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedete, rückte Lechner als Erster Bürgermeister an die 2. Stelle hinter OB Bolay.

„Wir haben eine längere Durststrecke vor uns“, prognostizierte er bei seiner Wahl 2010. Die Stadt habe finanziell „das schwierigste Jahr“ vor sich. Der Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote mit neuen Kindertagesstätten, dem Kubino und der Grundschule Ruit brachte Ostfildern an seine finanziellen Grenzen. 93 Millionen Euro seien in seiner zweiten Amtsperiode investiert worden, berichtet Lechner. Nach Jahren des Schuldenabbaus (Tiefststand: sieben Millionen Euro) hat die Stadt gegenwärtig im Kernhaushalt Verbindlichkeiten von 12,5 Millionen Euro. Ziel sei, diese Marke zu halten, sagt der 60-Jährige. In den städtischen Betrieben sieht die Situation nicht so rosig aus. Dort haben sich wegen der 16 Millionen Euro teuren Modernisierung der Kläranlage Nellingen 41 Millionen Euro Schulden angehäuft.

Das Jahrhundertprojekt Scharnhauser Park ist zwar abgeschlossen, doch die Herausforderungen für die Stadt werden nicht kleiner. Als wichtige Aufgabe sieht Lechner die Digitalisierung von Stadt und Schulen. Zudem müsse man sich verstärkt dem Thema Mobilität widmen. Millionen-Investitionen erfordere alleine der Erhalt der öffentlichen Infrastruktur. Und die Stadt müsse dafür sorgen, dass auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel eine bezahlbare Wohnung finden. Um ein attraktiver Wirtschaftsstandort zu bleiben, weist die Stadt gerade ein 13 Hektar großes Gewerbegebiet in Scharnhausen aus. Lechner hofft, dass in fünf Jahren die ersten Flächen baureif sind.