Großen Wert auf Brauchtum und Tradition legen Heinrich Zahn (links) und Kommandant Michael Mayer. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

In der katholisch geprägten Gemeinde Neuhausen auf den Fildern sind die Männer in Uniformen von dem kirchlichen Hochfest ebenso wenig wegzudenken wie ihr Musikzug.

NeuhausenGerade Kinder und Jugendliche möchte Michael Mayer für die Traditionen der Bürgergarde begeistern. Das fängt für den Kommandanten schon im Kindergarten an. Engagierte Mitglieder sind da immer wieder im Einsatz, um für die Kleinen Spielhäuser zu bauen oder um ganze Spielplätze aufzufrischen. Fronleichnam ist für den Verein im katholisch geprägten Neuhausen ein bedeutender Tag. Welche Rolle hat die Bürgergarde bei diesem Hochfest im Kirchenjahr inne? Schon in den frühen Morgenstunden legen die Männer ihren eigenen Blumenteppich. Hauptaufgabe der Mannschaft aber ist es, die Prozession durch den Ort zu begleiten. Am 20. Juni feiern die Katholiken die Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie.

Nach dem feierlichen Vespergottesdienst um 14.30 Uhr beginnt das Salutschießen auf dem Schlossplatz. „Wir schießen nur mit Platzpatronen“, erklärt Michael Mayer. Außerdem führen die Mitglieder der Garde den Schaulustigen ihre Marschordnung vor. Musikalisch begleitet der Spielmannszug den Aufmarsch der uniformierten Bürger, die sich nach Mayers Worten heute vorwiegend „der Brauchtumspflege und sozialen Projekten“ verschrieben haben.

Auf den ersten Blick wirken die Männer aller Generationen etwas altmodisch. „Die Uniform verweist auf die Geschichte unserer Gründung im Jahr 1805“, erzählt Heinrich Zahn. Das damalige Bürgermilitär formierte sich, als die bisherigen Herren aus Kurbaden Neuhausen und den heutigen Wernauer Stadtteil Pfauhausen an das Württembergische Königshaus übergaben. „Wir sind ein historischer Verein in der Uniform der württembergischen Kavallerie aus der Zeit um 1864“, erklärt der Experte. Der engagierte Rentner ist Oberehrenfeldwebel der Bürgergarde. Leidenschaftlich gerne stöbert er in historischen Bänden und spürt der Geschichte der ehemaligen Bürgerwehr in Neuhausen nach. Zum 100-jährigen Bestehen des Bürgermilitärs kamen 12 000 Männer und Frauen nach Neuhausen. „Das Interesse der Menschen war damals riesengroß“, erinnert Zahn daran, wie tief die heutige Garde damals noch im Leben in der ganzen Region verwurzelt war. Zum Salutschießen an Fronleichnam rechnet die Bürgergarde mit bis zu 400 Gästen.

Schreckt der militärische Rahmen denn nicht gerade Kinder und Jugendliche ab? Da widerspricht Mayer energisch. Der Kommandant ist glücklich, dass es eine sehr engagierte Jugendgarde unter Gewehr gibt. Dabei gehe es aber vorwiegend um Brauchtumspflege. „Waffenkunde vermitteln wir sehr sensibel.“ Vor allem stärke die Bürgergarde die soziale Kompetenz der jungen Leute: „Unser Gebot ist Nächstenliebe.“ Spaß und Geselligkeit kommen auch nicht zu kurz. Die Jungs haben gemeinsam einen Ausflug zur Hall of Soccer in Bonlanden gemacht, um sich für die Auftritte fit zu halten. Auch beim Dreikönigsschießen des Schützenvereins ist der Nachwuchs der Bürgergarde begeistert dabei. Im Spielmanns- und Musikzug sind auch Mädchen und Frauen dabei. Eng verbunden ist die Bürgergarde mit dem Musikverein Neuhausen, der sich auch um die Ausbildung der jungen Musikerinnen und Musiker kümmert. Naturfanfare, Piccoloflöte und und Schlagwerk stehen als Instrumente zur Wahl.

Nachwuchssorgen hat Kommandant Mayer vor allem, was die Spitze der Bürgergarde angeht. Weil sich kein Mitstreiter fand, ist der 62-Jährige in Personalunion Vorsitzender des Vereins. „So ein aufwändiges Amt wollen viele nicht anpacken.“ Um die Jugendgarde kümmert sich Christian Pelkofer. Jörg Zimmermann führt den Spielmanns- und Fanfarenzug. Aus dem Gemeindeleben in Neuhausen ist die ehemalige Bürgerwehr nicht wegzudenken. Bei der Eröffnung der Bierwecketse, dem großen Fest der Arbeitsgemeinschaft der Neuhausener Vereine (ANV), ist die Garde ebenso dabei wie bei vielen anderen wichtigen Anlässen. „Als Alt-Bürgermeister Werner Präg 2014 zum Ehrenbürger ernannt wurde, haben wir auf seinen Wunsch einen Großen Zapfenstreich abgehalten.“

Soziales Engagement ist Kommandant Michael Mayer und seinem Team ein Herzensanliegen. Seit 1968 zählt der Seniorennachmittag für ältere Menschen zu den Höhepunkten im Jahr. „Da schwelgen wir alle in Erinnerungen, es macht richtig Freude.“ Besonders gefallen ihm die Einsätze in den Kindergärten. Die Jungen und Mädchen von der Kindertagesstätte Don Bosco haben dem Vereinschef und seiner Mannschaft sogar ein Gedicht gewidmet, um sich damit für ihr neues Spielhäusle zu bedanken. Eine Erzieherin hat den Text auf gelbes Briefpapier geschrieben. Dieses bezaubernde Dankeschön hängt jetzt liebevoll gerahmt an einer Wand im Vereinsheim in der Esslinger Straße 2. „Wir haben viele richtig fitte Handwerker im Team“, schwärmt der Kommandant. Die halfen auch tatkräftig dabei, das Domizil des Vereins aufwändig zu sanieren.

Besonders stolz ist der Neuhäuser, dass die Bürgergarde viel zum Erhalt der Kapellen in der katholisch geprägten Gemeinde beigetragen hat. Die umfassendSanierung der Liebfrauen-, der Josefs- und der Lindenkapelle ist der unermüdlichen Initiative und dem handwerklichen Geschick des gemeinnützigen Vereins zu verdanken.