Die Brücke über den Esslinger Hammerkanal ist einsturzgefährdet. Seit Donnerstag ist die Tonnage auf der Zufahrt zum Landratsamt begrenzt. Nun soll eine Behelfsbrücke gelegt werden.
EsslingenSie ist keine der großen Brücken in Esslingen, vom Autofahrer wird sie kaum als solche wahrgenommen. Doch angesichts der bereits anstehenden Sanierungsliste in Esslingen hat der Stadt ein weiterer Notfall gerade noch gefehlt. Die Brücke über den Hammerkanal, einzige Zufahrt zum Landratsamt, ist einsturzgefährdet.
Am Donnerstagnachmittag ließ die Stadtverwaltung Schilder aufstellen, um die Tonnage auf 3,5 Tonnen zu beschränken. Am Freitagmorgen wurde die Zufahrt außerdem so verengt, dass die Brücke nicht von zwei Fahrzeugen gleichzeitig passiert werden kann. Bereits an diesem Samstag ist außerdem geplant, dass das Technische Hilfswerk eine Behelfsbrücke über den Kanal legt. Diese sofortige Reaktion kann man als Indiz dafür werten, dass die Lage an den Esslingen Pulverwiesen brisant ist.
Vor wenigen Tagen sei bei der Stadt ein Gutachten eingegangen, das empfohlen habe, die Belastung der Brücke „umgehend zu begrenzen“, teilte Rathaussprecher Roland Karpentier am Freitag auf Anfrage der EZ mit. Solche Brückengutachten lasse man routinemäßig anfertigen. Darauf habe die Verwaltung zwei Sofortmaßnahmen beschlossen. Erstens die Tonnage auf 3,5 Tonnen zu begrenzen, also maximal für Kleintransporter befahrbar. Zweitens wurde die Zufahrt mit Warnbaken verengt.
Auf die Frage ob die Brücke akut einsturzgefährdet sei, erklärte der Sprecher: „Die Standsicherheit ist nicht mehr im notwendigen Umfang gegeben.“ Das Tiefbauamt prüfe den Zustand der Brücke und die technischen Möglichkeiten, wie man die Bauwerk absichern oder stützen könne. Außerdem bemühe sich die Stadt darum, eine Behelfsbrücke aus Stahl anzumieten.
Die Stadtverwaltung informierte auch umgehend alle Anlieger der Pulverwiesen über die Zufahrtsbeschränkung. Sie wurden gebeten, ihre logistische Anbindung entsprechend der Tonnagenvorgabe zu verändern. Außer dem Landratsamt mit seinen etwa 1000 Beschäftigten sind dies der Kanuverein Esslingen, die Galerie Villa Merkel und der städtische Kindergarten am Färbertörlesweg.
Auch der Baustellenverkehr zur Pliensaubrücke, die derzeit saniert wird, nutzt die Zufahrt über die Pulverwiesen und ist nun von dieser Beschränkung betroffen. Wegen der Arbeiten an der Pliensaubrücke verfügen Kindertagesstätte, Kanu-Verein und Villa Merkel derzeit keine Ausweichzufahrt. Die Sanierung der alten Bogenbrücke dauert laut Roland Karpentier noch bis November.
Die Kreisverwaltung sei am Donnerstag in der Sitzung des Finanzausschusses von der Nachricht überrascht worden, berichtete Pressesprecher Peter Keck. Am Freitagmorgen zerbrachen sich einige Leute im Landratsamt den Kopf. Wie kann man die Kantine für 1000 Leute versorgen? Wie kriegen wir nächste Woche Getränke und Bierbänke für das Sommerfest aufs Gelände? Das Müllfahrzeug kommt ebenfalls nicht über die schwächelnde Brücke. Und wenn’s brennen würde, könnte nicht mal die Feuerwehr, die auf der anderen Seite des Kanal stationiert ist, mit ihren schweren Fahrzeugen anrücken.
Am Freitagnachmittag kam jedoch von der Stadtverwaltung eine neue Meldung, die viele Probleme lösen wird. Das Technische Hilfswerk werde voraussichtlich schon diesen Samstag eine Behelfsbrücke über den Hammerkanal legen, teilte Karpentier mit. Damit könne man die aktuellen Einschränkungen schnell wieder aufheben. „Das wird Schwerstarbeit“, sagt Thomas Pazurek, Ortsbeauftragter des THW Ostfildern, das die Federführung der Aktion hat. Zwölf bis 14 Stunden Arbeit rechnet er, bis die Stahlbrücke über der baufällige Brücke liegt. Die wichtigsten Akteure kommen morgen von der THW-Fachgruppe Brückenbau aus Pfedelbach. Die Truppe aus dem Hohenlohischen hat laut Pazurek genügend Stahl auf Lager, um eine Brücke zusammenzubauen. Sie verfügt auch über das Wissen, um die Tragkraft des Bauwerks auszurechnen. Auf der alten Brücke wird dann kein Gewicht mehr lasten. Letztlich ist es aber nur eine Übergangslösung.
Esslinger Brückendrama
1. Vogelsangbrücke: Aufgrund der rund 19,4 Millionen Euro teuren Sanierungs ist sie derzeit nur zweispurig befahrbar, der Verkehr stark eingeschränkt. Die Auffahrt vom Esslinger Bahnhof kommend, ist komplett gesperrt, sowie die Abfahrt auf die B 10 in Richtung Stuttgart. Geplante Bauzeit ist bis Dezember 2020.
2. Adenauerbrücke: Die größte Brücke in Esslingen mit Anschluss zur Autobahn wurde auf zwei Spuren gekürzt und muss nun in regelmäßigen Abständen geprüft werden. Denn: Durch andere Baustellen wird diese Brücke nun verstärkt befahren und damit mehr belastet. Langfristig ist auch hier ein Neubau notwendig.
3. Hanns-Martin-Schleyer-Brücke: Bereits 2017 erfolgten auch an diesem Verkehrsbauwerk Notinstandsetzungsmaßnahmen und eine Übergangskonstruktion wurde eingefügt. Da die Brücke stark baufällig ist, soll sie in den kommenden Jahren komplett abgerissen und neu gebaut werden. Bis dahin führen weiterhin zwei Fahrspuren Richtung B 10 und eine Spur Richtung Mettingen.
4. Pliensaubrücke: Bis November 2019 wird die Brücke über der B10 saniert. Einige Abschnitte stammen noch aus dem 13. Jahrhundert – sie gehört zu den ältesten Bogenbrücken aus Stein. Für Radfahrer und Fußgänger ist der Durchgang offen, für Autofahrer komplett gesperrt.