Die Bargeldabhebung an Automaten der eigenen Bank darf nichts kosten, sagt die Verbraucherzentrale. Foto: dpa - dpa

Bei den Banken läuft es nicht rund: Niedrigzinspolitik, europäische Regulatorik und Digitalisierung nehmen einige zum Anlass, ihre Dienstleistungen anzupassen. Die Eßlinger Zeitung hat sich umgehört.

Kreis EsslingenKürzere Öffnungszeiten, höhere Gebühren, digitale Anwendungen – Niedrigzinspolitik, Regulatorik und verändertes Kundenverhalten bringen die Banken in Zugzwang. Die Eßlinger Zeitung hat sich im Landkreis umgehört.

Heinz Fohrer, Vorstandsmitglied der Volksbank Esslingen, betont: „Wir stehen zur Filiale.“ Die 17 Filialen und sieben SB-Standorte in Esslingen, Ostfildern, Aichwald und Baltmannsweiler sollen erhalten bleiben. Aber die Öffnungszeiten sind eingeschränkt: Außer der Hauptstelle in Esslingen sind die übrigen sieben großen Filialen mittwochnachmittags geschlossen, die neun kleinen sogar an drei Nachmittagen pro Woche. Die Ursache sieht Fohrer im veränderten Kundenverhalten. „Der klassische Kunde, der ausschließlich persönlich in die Filiale geht, nimmt ab“, erklärt er. „55 Prozent der Kunden nutzen unsere Angebote sowohl vor Ort als auch online.“ Dass diese Zahl in Zukunft deutlich steigen wird, davon geht Fohrer aus.

Kunden erledigten einfache Dienstleistungen überwiegend online. Bei komplexeren Themen wie Baufinanzierungen oder Wertpapieranlagen sei jedoch nach wie vor die Beratung durch Finanzexperten gefragt. Darum bietet die Volksbank Esslingen jenseits der regulären Öffnungszeiten werktags von 8 bis 20 Uhr Beratungen an. Wenn die Kunden ihre Geschäfte selbst erledigen, fällt natürlich Arbeit für die Bankangestellten weg. Um zehn Beschäftigte hat die Volksbank Esslingen vergangenes Jahr ihren Mitarbeiterstamm auf 250 Angestellte reduziert. Dabei habe die Bank laut Fohrer „die natürliche Fluktuation ausgenutzt“. Gleichzeitig plant sie, 2018 die Anzahl der Azubis von sieben auf zehn zu erhöhen. Zudem bietet sie für Privatkunden drei Girokonten-Modelle an: klassisch, Online und Vielnutzer. Bei allen ist die Kontoführung kostenpflichtig; je nach Modell fallen für Serviceleistungen zusätzliche Gebühren an.

Hohe Verwaltungsgebühren

Auch bei der Volksbank Plochingen gibt es seit 2016 das Girokonto nicht mehr umsonst. „Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt die Erträge sinken“, erklärt die Vorstandsvorsitzende Sandra Achilles. „Gleichzeitig bindet die Regulatorik Personal und erhöht die Arbeitskosten.“ Zurzeit treibt sie der AnaCredit um: Laut EZB-Verordnung müssen Firmenkredite über 25 000 Euro der Bundesbank gemeldet werden. Außerdem sollen seit Beginn des Jahres telefonische Kundenberatungen aufgezeichnet werden. Zusätzlich fordere die Bankenaufsicht Beauftragte für Geldwäsche, IT-Sicherheit, Daten- und Arbeitsschutz. „Wir verdienen unser Geld aber im Kundenkontakt, nicht in der Verwaltung“, klagt Achilles. Doch dort entstehe ein Großteil der Ausgaben.

Um die Kosten zu reduzieren, setzt die Volksbank Plochingen Achilles zufolge weder auf Gebührenerhöhungen noch auf Servicekürzungen. Stattdessen wolle sie Prozesse verschlanken und die dadurch freigesetzte Arbeitskapazität anderweitig nutzen. „Stellen werden dabei nicht aktiv abgebaut“, versichert sie. Es würden aber auch nicht alle freien Stellen wieder besetzt.

Dass sie in jüngster Zeit weder an der Gebührenschraube gedreht noch Leistungen zurückgefahren hätten, geben auch die Volksbank Filder und die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen (KSK) an. Stattdessen setzt die KSK wie viele andere Banken auf Digitalisierung. Zum Angebot zählen Terminvereinbarungen online, eine Internetfiliale, auf die täglich 33 000 Menschen zugreifen, Privatgirokonten, die zu 58 Prozent online geführt werden, sowie die Sparkassen-App. Doch die Banken digitalisieren nicht bloß das Kundengeschäft, sondern auch Backoffice-Prozesse. Durch die damit erzielte Effizienzsteigerung könne seine Bank „mit stabilen Mitarbeiterzahlen mehr Geschäfte machen“, sagt Andreas Küchle, Pressesprecher der Sparda-Bank. „Dadurch bleiben die Preise stabil.“ Daher gebe es bei der Sparda-Bank keine Kontoführungsgebühr, ebenso wenig wie Buchungsentgelte und Gebühren für Papier-Überweisungen. Nur die Bankcard koste bei weniger als 100 bargeldlosen Bezahlungen pro Jahr zehn Euro.

Auch für die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gilt: „Gebührenerhöhungen stehen nicht im Fokus.“ Weil sich mit Sparkonten kein Geld mehr verdienen lässt, will die LBBW laut Pressereferent Alexander Braun Marktanteile in der Baufinanzierung gewinnen und verstärkt junge Kunden ansprechen.

Entgegen den Angaben der Banken beobachtet Niels Nauhauser sehr wohl ein verändertes Geschäftsgebahren. „Viele Banken nutzen die Niedrigzinsphase als Vorwand für Preiserhöhungen oder die Einführung neuer Preise“, kritisiert der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Da kommt es gelegen, wenn man die EZB zum Sündenbock machen kann.“ Beschwerden zeigten ihm, dass Institute immer kreativer darin würden, Entgelte einzuführen. Diese seien aber nicht immer rechtens. „Wenn keine Leistung für den Kunden erkennbar ist, kann auch kein Entgelt verlangt werden“, warnt Nauhauser. Falls die Bank für die Geldabhebung am eigenen Automaten eine Gebühr verlangt, sollten sich Kunden an die Verbraucherzentrale wenden.

Informationen, welche Bankentgelte unzulässig sind, gibt es unter www.vz-bw.de/node/5185.