Bürgermeister Simon Schmid freut sich, dass im Dialog mit den Bürgern eine attraktive Ortsmitte entstanden ist. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Vor circa einem Jahr wurde in Baltmannsweiler die Arbeit im neuen Rathaus aufgenommen. Bürgermeister Simon Schmid lobt diesen Schritt und blickt auf neue Projekte voraus.

BaltmannsweilerDer Bau des Rathauses und die damit verbundene Neugestaltung des Marktplatzes waren für Baltmannsweiler finanzielle Kraftakte. Mit der Errichtung einer zentralen Feuerwache zwischen den beiden Ortsteilen steht der Gemeinde ein weiteres Millionen-Projekt ins Haus. An den bisherigen Feuerwehr-Standorten sieht Bürgermeister Simon Schmid große Potenziale für die Entwicklung der Ortsteile. Zur Halbzeit seiner Amtsperiode – Schmid wurde im Mai 2015 gewählt – spricht er im EZ-Interview über diese und weitere Vorhaben im Ort.

Was bedeutet für Sie nach vier Jahren im Amt, in Baltmannsweiler angekommen zu sein?
Meine Familie und ich fühlen uns hier sehr wohl. Ich identifiziere mich in hohem Maße mit dem Ort und den Menschen. Die ersten vier Jahre waren spannend, herausfordernd und intensiv. Und vor allem mit sehr viel Freude verbunden.

Wie klappt es nach der Neuvergabe der Konzessionen mit dem öffentlichen Nahverkehr?
Sehr gut. Das war für uns ein entscheidender Schritt nach vorne. Gerade der Halb-Stunden-Takt hat zu einer deutlichen Verbesserung geführt. Vorher ist nur jede Stunde ein Bus nach Esslingen gefahren. Aus der Bevölkerung bekomme ich viele positive Rückmeldungen. Auch dass der Nachtbus nun kontinuierlich durchfährt, hat uns einen Schub gebracht.

Es gibt nun auch eine Schulbus-Verbindung nach Reichenbach.
Ja, das ist eine weitere Verbesserung. Auf Wunsch der Eltern fährt ab dem neuen Schuljahr ein Bus nach Reichenbach, den jeder nutzen kann. Es gibt neun Verbindungen pro Tag hin und zurück. Für uns ist das ein großer Mehrwert, denn der Bus fährt bis Plochingen. Das Projekt ist Ergebnis einer guten Zusammenarbeit zwischen Eltern, Gemeinde und Landkreis.

Wie läuft nach einem Jahr der Betrieb im neuen Rathaus?
Die Arbeitsabläufe müssen sich natürlich erst wieder einstellen. Aber ich habe hervorragende Mitarbeiter, die das alles sehr schnell hinbekommen haben. Auch nach einem Jahr gibt es noch kleinere Dinge zu regeln, aber wir sind auf dem besten Weg, alle Kinderkrankheiten auszumerzen.

Das ganze Rathaus-Umfeld ist neu gestaltet. Wie kommt das bei den Bürgern an?
Das ist ein großes Aha-Erlebnis. Mich freut es vor allem für die unmittelbaren Nachbarn, die während der Bauzeit extreme Einschränkungen hinnehmen musste. Es war eine Operation am offenen Herzen. So eine Ortskernsanierung macht man nicht im Vorbeigehen. Dieser Mehrwert ist absolut sichtbar. Wir haben jetzt eine Ortsmitte, die ihren Namen wirklich verdient. Uns ist der Spagat zwischen mehr Aufenthaltsqualität und genügend Parkplätzen gelungen. Für mich ist das ein Meilenstein, der uns im Dialog mit den Bürgern gelungen ist. Denn über einen Workshop sind in die Neugestaltung des Marktplatzes auch Bürgerideen eingeflossen.

Viele Bürger klagen: In beiden Ortsteilen gibt es keine Apotheke mehr. Wird sich daran bald etwas ändern?
Ein Interessent für die Apotheke in Hohengehren hat die Genehmigungsunterlagen beim Regierungspräsidium eingereicht. Wir sind auf potenzielle Interessenten zugegangen und haben alles versucht. Klar ist: Ein Ort wie Baltmannsweiler braucht eine eigene Apotheke. Wir sind guten Mutes, dass bald ein positiver Bescheid vom Regierungspräsidium kommt.

Wie steht es um die hausärztliche Versorgung in der Gemeinde?
Ich finde, sehr gut. Wir haben in beiden Ortsteilen einen Hausarzt und es gibt eine Zahnarztpraxis. In Baltmannsweiler hat der Hausarzt vor kurzem begonnen, eine barrierefreie Praxis zu bauen. Die Gemeinde schafft die Infrastruktur dafür. Das heißt, wir ziehen an einem Strang.

Der Bau des Rathauses hatte zur Folge, dass die Ersparnisse weitgehend aufgebraucht sind. Wie ist die finanzielle Lage?
Anfang des Jahres hatten wir eine Rücklage von sieben Millionen Euro. Natürlich spielt da die gute konjunkturelle Lage mit rein. Aber vor allem zeigt das, dass wir trotz des Riesenprojekts Rathaus gut gewirtschaftet haben. Deshalb können wir nun weitere große Vorhaben angehen.

Was sind die nächsten großen Vorhaben?
Da ist in erster Linie der Neubau für Feuerwehr und DRK zwischen den Ortsteilen zu nennen. Der Gemeinderat hat sich im April einmütig für dieses Großprojekt ausgesprochen. Wir legen dort beide Feuerwehr-Abteilungen zusammen. Nach einer Machbarkeitsstudie entstehen Kosten von 5,3 Millionen Euro. Aber wir wissen um unsere Verpflichtungen für den Brandschutz. Beide Feuerwehr-Gebäude genügen nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen. Deshalb müssen wir dieses Thema angehen. Auch wenn wir Schulden aufnehmen müssen, bauen wir auf der anderen Seite Vermögen auf. Wir investieren nachhaltig in unsere Infrastruktur.

Wann soll die neue zentrale Feuerwache in Betrieb gehen?
Wenn alles gut läuft, Anfang 2022.

Und was bedeutet das für die alten Feuerwehr-Standorte?
Da sehen wir große städtebauliche Potenziale. Beispielsweise für verschiedenste Wohnformen. Viele gute Gedanken sind da, aber noch nichts Konkretes. Erst wenn der Feuerwehr-Neubau realisiert ist, können wir in die Nachnutzung einsteigen.

Ein Zug unserer Zeit: Bürger vertreten, wenn sie sich in die politische Diskussion einmischen, immer mehr Einzelinteressen. Beobachten sie das auch?
Ja, die zunehmend subjektive Sicht der Dinge spüren wir schon auch. Wichtig ist, dass Gemeinderat und Verwaltung das im Sinne des öffentlichen Interesses austarieren. Ich glaube, das gelingt uns. Vor allem auch deshalb, weil der Gemeinderat großartige Arbeit abliefert.

Ist auch beim Feuerwehr-Neubau an Bürgerbeteiligung angedacht?
Wir haben die Beteiligten, sprich, die Feuerwehrleute und die Rotkreuz-Mitarbeiter von Anfang an eingebunden. Daher rührt auch die Einstimmigkeit im Gemeinderat. Das war der Schlüssel zum Erfolg. Natürlich werden wir die Bürger wieder mit einbinden, wenn es um die Erarbeitung von Konzepten für die Nachnutzung der frei gewordenen Areale geht.

In Baltmannsweiler treten bei der Kommunalwahl sieben Parteien und Wählervereinigungen an, mehr denn je. Wie bewerten Sie diese Zersplitterung?
Das sehe ich nicht als Zersplitterung, sondern eher als Zeichen, dass wir eine lebendige Kommune haben. Das Thema Demokratie und Teilhabe beschäftigt die Menschen. Ich sehe das eher als Kompliment für unsere Arbeit im Gemeinderat. Überall klagt man, dass man keine Listen mehr zusammenbekommt. Wir haben sieben.

Wie erklären Sie einem Schurwälder vor der Wahl am 26. Mai, dass auch für ihn Europa wichtig ist?
Weil Europa und sein Freiheitsgedanke bis auf die untereste Ebene durchschlägt. Ich selbst bin mit Jahrgang 1979 ein Kind der Freiheit. Alles Liebgewonnene, auch die kommunale Selbstbestimmung, funktioniert nur in einem gut organisierten und vereinten Europa. Wenn wir diesen Standard erhalten wollen, müssen wir Europa stärken.

Das Interview führte Harald Flößer.